"Magdalene! hilf mir heute mähen, ich gebe dir für jeden Maden einen Laubthaler. Wenn du sehen würdest, wie schön meine Thaler sind, du würdest mir gewiß mähen hel- fen! Kennst du mich denn nicht? ich bin ja des Wirths Sohn. Wenn ich wieder in den Bierkeller gehe, so gebe ich dir noch Bier dazu, wenn du mir mähen hilfst" Immer lachte der Schwarze höhnisch zu solchen Worten. Er blieb eine Viertelstunde und sprach im Weggehen: "Du bist auch eine solche Schachtelgret wie jene (die weiße Geistin) die als zu dir kommt!"
Fünf Uhr kam er wieder als ein schwarzer Mann, trug eine Sense und sagte: "Dieses Stück will ich dir auch heruntermähen helfen, damit ihr eher fertig werdet, und sind wir fertig, dann gehest du mit mir, dann wollen wir zu der Schachtelgret, da gibt's recht zu fressen und zu sau- fen, aber freundlich mußt du mir seyn und eine Antwort mußt du mir geben. Gib mir jetzt nur deine Sense her, auf daß ich sie dir wetze! So! jetzt muß sie recht schnei- den! Das Moos muß sie aus der Erde hauen und dazu viele schöne blanke Thaler, wenn du mir antwortest." Er blieb bis sieben Uhr um sie. Sie hatte diesen ganzen Tag nicht nöthig, ihre Sense zu wetzen, sie blieb unverwüstlich scharf.
Mittags zwölf Uhr war der Schwarze wieder auf der Wiese mit einem Rechen in der Hand und sagte: "Ein rechter Taglöhner stellt sich Mittags gleich ein." Er wen- dete das Heu hinter der Magdalena nach und sagte immer unter die Arbeit hinein: "gib mir doch Antwort, du Dumme! dann hast du Geld genug; jede Antwort bezahle ich dir mit Schätzen, ich bin reich. Eine Messe, Magda- lene! mußt du lesen lassen, damit es schön Wetter bleibt, es nützt dich alles nichts, eine Messe mußt du lesen las- sen!" Dann lachte er wieder höhnisch und verschwand.
Das Mädchen ist, wie schon angeführt, lutherischer, nicht katholischer Confession, es befinden sich auch keine Katholiken zu Orlach.
„Magdalene! hilf mir heute mähen, ich gebe dir für jeden Maden einen Laubthaler. Wenn du ſehen würdeſt, wie ſchön meine Thaler ſind, du würdeſt mir gewiß mähen hel- fen! Kennſt du mich denn nicht? ich bin ja des Wirths Sohn. Wenn ich wieder in den Bierkeller gehe, ſo gebe ich dir noch Bier dazu, wenn du mir mähen hilfſt“ Immer lachte der Schwarze höhniſch zu ſolchen Worten. Er blieb eine Viertelſtunde und ſprach im Weggehen: „Du biſt auch eine ſolche Schachtelgret wie jene (die weiße Geiſtin) die als zu dir kommt!“
Fünf Uhr kam er wieder als ein ſchwarzer Mann, trug eine Senſe und ſagte: „Dieſes Stück will ich dir auch heruntermähen helfen, damit ihr eher fertig werdet, und ſind wir fertig, dann geheſt du mit mir, dann wollen wir zu der Schachtelgret, da gibt’s recht zu freſſen und zu ſau- fen, aber freundlich mußt du mir ſeyn und eine Antwort mußt du mir geben. Gib mir jetzt nur deine Senſe her, auf daß ich ſie dir wetze! So! jetzt muß ſie recht ſchnei- den! Das Moos muß ſie aus der Erde hauen und dazu viele ſchöne blanke Thaler, wenn du mir antworteſt.“ Er blieb bis ſieben Uhr um ſie. Sie hatte dieſen ganzen Tag nicht nöthig, ihre Senſe zu wetzen, ſie blieb unverwüſtlich ſcharf.
Mittags zwölf Uhr war der Schwarze wieder auf der Wieſe mit einem Rechen in der Hand und ſagte: „Ein rechter Taglöhner ſtellt ſich Mittags gleich ein.“ Er wen- dete das Heu hinter der Magdalena nach und ſagte immer unter die Arbeit hinein: „gib mir doch Antwort, du Dumme! dann haſt du Geld genug; jede Antwort bezahle ich dir mit Schätzen, ich bin reich. Eine Meſſe, Magda- lene! mußt du leſen laſſen, damit es ſchön Wetter bleibt, es nützt dich alles nichts, eine Meſſe mußt du leſen laſ- ſen!“ Dann lachte er wieder höhniſch und verſchwand.
Das Mädchen iſt, wie ſchon angeführt, lutheriſcher, nicht katholiſcher Confeſſion, es befinden ſich auch keine Katholiken zu Orlach.
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„Magdalene! hilf mir heute mähen, ich gebe dir für jeden
Maden einen Laubthaler. Wenn du ſehen würdeſt, wie
ſchön meine Thaler ſind, du würdeſt mir gewiß mähen hel-
fen! Kennſt du mich denn nicht? ich bin ja des Wirths
Sohn. Wenn ich wieder in den Bierkeller gehe, ſo gebe ich
dir noch Bier dazu, wenn du mir mähen hilfſt“ Immer
lachte der Schwarze höhniſch zu ſolchen Worten. Er blieb
eine Viertelſtunde und ſprach im Weggehen: „Du biſt auch
eine ſolche Schachtelgret wie jene (die weiße Geiſtin) die
als zu dir kommt!“
Fünf Uhr kam er wieder als ein ſchwarzer Mann, trug
eine Senſe und ſagte: „Dieſes Stück will ich dir auch
heruntermähen helfen, damit ihr eher fertig werdet, und
ſind wir fertig, dann geheſt du mit mir, dann wollen wir
zu der Schachtelgret, da gibt’s recht zu freſſen und zu ſau-
fen, aber freundlich mußt du mir ſeyn und eine Antwort
mußt du mir geben. Gib mir jetzt nur deine Senſe her,
auf daß ich ſie dir wetze! So! jetzt muß ſie recht ſchnei-
den! Das Moos muß ſie aus der Erde hauen und dazu
viele ſchöne blanke Thaler, wenn du mir antworteſt.“ Er
blieb bis ſieben Uhr um ſie. Sie hatte dieſen ganzen Tag
nicht nöthig, ihre Senſe zu wetzen, ſie blieb unverwüſtlich
ſcharf.
Mittags zwölf Uhr war der Schwarze wieder auf der
Wieſe mit einem Rechen in der Hand und ſagte: „Ein
rechter Taglöhner ſtellt ſich Mittags gleich ein.“ Er wen-
dete das Heu hinter der Magdalena nach und ſagte immer
unter die Arbeit hinein: „gib mir doch Antwort, du
Dumme! dann haſt du Geld genug; jede Antwort bezahle
ich dir mit Schätzen, ich bin reich. Eine Meſſe, Magda-
lene! mußt du leſen laſſen, damit es ſchön Wetter bleibt,
es nützt dich alles nichts, eine Meſſe mußt du leſen laſ-
ſen!“ Dann lachte er wieder höhniſch und verſchwand.
Das Mädchen iſt, wie ſchon angeführt, lutheriſcher,
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/41>, abgerufen am 06.07.2024.
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