liche Besitzung, ohne Schaden der Seele, welche, wie aus einigen Fällen ersichtlich ist, vor den bösen Einflüssen des unreinen Geistes in Schutz genommen zu seyn scheint. Tritt der Paroxismus ein, so wird die Person auf der Stelle bewußtlos, das Regiment der Seele über den Körper hört auf, und es ist nun eine ganz fremde Individualität, die im Körper haust und aus ihm sich vernehmen läßt.
II. Die karakteristischen Zeichen sind: 1) Das plötzliche Dahinschwinden des Bewußtseyns; 2) ungewöhnliche Be- wegungen einzelner Theile des Körpers; 3) öfters sehr künst- liche Verdrehungen der Glieder und Umherwälzungen; 4) verzerrte, häufig spöttisch-höhnische Grimassen, die mit der natürlichen Gemüthsart völlig contrastiren; 5) eine rauhe Baßstimme; 6) auf Anreden der Person keine Antworten, wohl aber, wenn das dämonische Wesen durch Fragen auf- gefordert wird; hierher gehören auch die richtigen Antwor- ten, wenn der Dämon in fremder Sprache angeredet wird; 7) bey Nennung heiliger Namen, Gebeten und besondern Formeln, Schreien, Brüllen, Schimpfen, Toben und Wü- then; 8) Hohn und Spott, besonders gegen diejenigen, welche dem Dämon zusetzen; 9) vorzüglich aber die furcht- baren Gotteslästerungen und Verhöhnungen gegen Alles, was heilig ist, bei sonst gutartigen und gesitteten Personen; 10) Widerwillen und wie gewaltsames Zurückhalten von Gebet und Kirche; 11) schnelles Wiederkehren der Kräfte nach den heftigsten Agitationen im Anfall; 12) völliges Nichtwissen, was während des Paroxismus vorgegangen.
Einzelne Zeichen entscheiden nichts, vermehren aber die Wahrscheinlichkeit einer dämonischen Besitzung, je mehr sie sich zusammenfinden.
III. Aus mehreren Geschichten erhellt, daß der Satan, dem alle die Dämonen untergeordnet sind, sie doch nicht nach Willkühr in die Menschenleiber schicken kann, sondern daß ein dem Satan ergebener menschlicher Wille die dä- monische Besitzung durch Zauber vermitteln muß.
IV. Gewöhnlich sind diejenigen Personen, welche dieses
liche Beſitzung, ohne Schaden der Seele, welche, wie aus einigen Fällen erſichtlich iſt, vor den böſen Einflüſſen des unreinen Geiſtes in Schutz genommen zu ſeyn ſcheint. Tritt der Paroxismus ein, ſo wird die Perſon auf der Stelle bewußtlos, das Regiment der Seele über den Körper hört auf, und es iſt nun eine ganz fremde Individualität, die im Körper haust und aus ihm ſich vernehmen läßt.
II. Die karakteriſtiſchen Zeichen ſind: 1) Das plötzliche Dahinſchwinden des Bewußtſeyns; 2) ungewöhnliche Be- wegungen einzelner Theile des Körpers; 3) öfters ſehr künſt- liche Verdrehungen der Glieder und Umherwälzungen; 4) verzerrte, häufig ſpöttiſch-höhniſche Grimaſſen, die mit der natürlichen Gemüthsart völlig contraſtiren; 5) eine rauhe Baßſtimme; 6) auf Anreden der Perſon keine Antworten, wohl aber, wenn das dämoniſche Weſen durch Fragen auf- gefordert wird; hierher gehören auch die richtigen Antwor- ten, wenn der Dämon in fremder Sprache angeredet wird; 7) bey Nennung heiliger Namen, Gebeten und beſondern Formeln, Schreien, Brüllen, Schimpfen, Toben und Wü- then; 8) Hohn und Spott, beſonders gegen diejenigen, welche dem Dämon zuſetzen; 9) vorzüglich aber die furcht- baren Gottesläſterungen und Verhöhnungen gegen Alles, was heilig iſt, bei ſonſt gutartigen und geſitteten Perſonen; 10) Widerwillen und wie gewaltſames Zurückhalten von Gebet und Kirche; 11) ſchnelles Wiederkehren der Kräfte nach den heftigſten Agitationen im Anfall; 12) völliges Nichtwiſſen, was während des Paroxismus vorgegangen.
Einzelne Zeichen entſcheiden nichts, vermehren aber die Wahrſcheinlichkeit einer dämoniſchen Beſitzung, je mehr ſie ſich zuſammenfinden.
III. Aus mehreren Geſchichten erhellt, daß der Satan, dem alle die Dämonen untergeordnet ſind, ſie doch nicht nach Willkühr in die Menſchenleiber ſchicken kann, ſondern daß ein dem Satan ergebener menſchlicher Wille die dä- moniſche Beſitzung durch Zauber vermitteln muß.
IV. Gewöhnlich ſind diejenigen Perſonen, welche dieſes
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unreinen Geiſtes in Schutz genommen zu ſeyn ſcheint. Tritt
der Paroxismus ein, ſo wird die Perſon auf der Stelle
bewußtlos, das Regiment der Seele über den Körper hört
auf, und es iſt nun eine ganz fremde Individualität, die
im Körper haust und aus ihm ſich vernehmen läßt.
II. Die karakteriſtiſchen Zeichen ſind: 1) Das plötzliche
Dahinſchwinden des Bewußtſeyns; 2) ungewöhnliche Be-
wegungen einzelner Theile des Körpers; 3) öfters ſehr künſt-
liche Verdrehungen der Glieder und Umherwälzungen; 4)
verzerrte, häufig ſpöttiſch-höhniſche Grimaſſen, die mit der
natürlichen Gemüthsart völlig contraſtiren; 5) eine rauhe
Baßſtimme; 6) auf Anreden der Perſon keine Antworten,
wohl aber, wenn das dämoniſche Weſen durch Fragen auf-
gefordert wird; hierher gehören auch die richtigen Antwor-
ten, wenn der Dämon in fremder Sprache angeredet wird;
7) bey Nennung heiliger Namen, Gebeten und beſondern
Formeln, Schreien, Brüllen, Schimpfen, Toben und Wü-
then; 8) Hohn und Spott, beſonders gegen diejenigen,
welche dem Dämon zuſetzen; 9) vorzüglich aber die furcht-
baren Gottesläſterungen und Verhöhnungen gegen Alles,
was heilig iſt, bei ſonſt gutartigen und geſitteten Perſonen;
10) Widerwillen und wie gewaltſames Zurückhalten von
Gebet und Kirche; 11) ſchnelles Wiederkehren der Kräfte
nach den heftigſten Agitationen im Anfall; 12) völliges
Nichtwiſſen, was während des Paroxismus vorgegangen.
Einzelne Zeichen entſcheiden nichts, vermehren aber die
Wahrſcheinlichkeit einer dämoniſchen Beſitzung, je mehr ſie
ſich zuſammenfinden.
III. Aus mehreren Geſchichten erhellt, daß der Satan,
dem alle die Dämonen untergeordnet ſind, ſie doch nicht
nach Willkühr in die Menſchenleiber ſchicken kann, ſondern
daß ein dem Satan ergebener menſchlicher Wille die dä-
moniſche Beſitzung durch Zauber vermitteln muß.
IV. Gewöhnlich ſind diejenigen Perſonen, welche dieſes
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/155>, abgerufen am 06.07.2024.
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