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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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Schicksal trifft, keine bösen und verdorbenen Menschen, viel-
mehr solche, die ihr Unglück tief fühlen und sich gerne um Hülfe
zum Gebet wenden. Es läßt sich auch schon zum Voraus
erwarten, daß der Satan die Weltmenschen, die ihm schon
zur Hälfte angehören, mit solchen Plagen verschonen und
nur diejenigen heimsuchen wird, die es nicht mit ihm halten.

V. Aus mehreren Thatsachen gibt sich ein Schutzgeist
kund, der dem Bösen widerstrebt, und wenn er auch nicht
Alles verhindern kann oder darf, doch einem bleibenden
Schaden vorbeugt und den Anfeindungen Gränzen setzt.
Ein sehr wichtiger Punkt leuchtet aus der Geschichte der
U .. n aus J .. m hervor, nämlich, daß sie durch magne-
tische Behandlung mit ihrem Schutzgeist in einen offenen
Verkehr gebracht wurde, der ihr in jeder Hinsicht sehr nütz-
lich war. Wenn der böse Wille des Menschen im Stande ist,
einen Dämon in einen Menschenleib zu bannen, warum sollte
nicht der gute Wille des Menschen im Stande seyn, den
Schutzgeist zu größerem Widerstand zu kräftigen? Wurde
bey der U .. n der Schutzgeist bestimmt und im Namen des
Herrn aufgefordert, zu kommen und zu helfen, so war im
Augenblick der Dämon niedergekämpft und das Weib frey.
Allein zum Austreiben war dies nicht genug, denn dieß er-
fordert den Sieg jenes Glaubens, der die Welt und die
Hölle überwindet, und der bey gemeinen und ungelehrten
Menschen häufiger angetroffen wird, als bey den Vorneh-
men und Gelehrten, in welchen der in den Studien viel-
fach aufgeregte Zweifel den Glauben nicht gedeihen läßt.

Der Magnetismus, wenn er sich, wie bey der U .. n,
auch in andern ähnlichen Fällen bewähren sollte, dadurch,
daß er die Person mit ihrem Schutzgeist in Verkehr bringt,
wäre ein großer Gewinn für die Cur der Besessenen.

VI. Selten ist ein Dämon allein, denn ihrer ist Legion.
Wo Einer ist, können unter gleichen Umständen auch meh-
rere seyn. Die vorliegenden Geschichten sprechen von zwey,
fünf, sechs, sieben bis neun Dämonen, die zugleich da
waren. Und vielleicht ist es noch seltener, daß nicht ein

Schickſal trifft, keine böſen und verdorbenen Menſchen, viel-
mehr ſolche, die ihr Unglück tief fühlen und ſich gerne um Hülfe
zum Gebet wenden. Es läßt ſich auch ſchon zum Voraus
erwarten, daß der Satan die Weltmenſchen, die ihm ſchon
zur Hälfte angehören, mit ſolchen Plagen verſchonen und
nur diejenigen heimſuchen wird, die es nicht mit ihm halten.

V. Aus mehreren Thatſachen gibt ſich ein Schutzgeiſt
kund, der dem Böſen widerſtrebt, und wenn er auch nicht
Alles verhindern kann oder darf, doch einem bleibenden
Schaden vorbeugt und den Anfeindungen Gränzen ſetzt.
Ein ſehr wichtiger Punkt leuchtet aus der Geſchichte der
U .. n aus J .. m hervor, nämlich, daß ſie durch magne-
tiſche Behandlung mit ihrem Schutzgeiſt in einen offenen
Verkehr gebracht wurde, der ihr in jeder Hinſicht ſehr nütz-
lich war. Wenn der böſe Wille des Menſchen im Stande iſt,
einen Dämon in einen Menſchenleib zu bannen, warum ſollte
nicht der gute Wille des Menſchen im Stande ſeyn, den
Schutzgeiſt zu größerem Widerſtand zu kräftigen? Wurde
bey der U .. n der Schutzgeiſt beſtimmt und im Namen des
Herrn aufgefordert, zu kommen und zu helfen, ſo war im
Augenblick der Dämon niedergekämpft und das Weib frey.
Allein zum Austreiben war dies nicht genug, denn dieß er-
fordert den Sieg jenes Glaubens, der die Welt und die
Hölle überwindet, und der bey gemeinen und ungelehrten
Menſchen häufiger angetroffen wird, als bey den Vorneh-
men und Gelehrten, in welchen der in den Studien viel-
fach aufgeregte Zweifel den Glauben nicht gedeihen läßt.

Der Magnetismus, wenn er ſich, wie bey der U .. n,
auch in andern ähnlichen Fällen bewähren ſollte, dadurch,
daß er die Perſon mit ihrem Schutzgeiſt in Verkehr bringt,
wäre ein großer Gewinn für die Cur der Beſeſſenen.

VI. Selten iſt ein Dämon allein, denn ihrer iſt Legion.
Wo Einer iſt, können unter gleichen Umſtänden auch meh-
rere ſeyn. Die vorliegenden Geſchichten ſprechen von zwey,
fünf, ſechs, ſieben bis neun Dämonen, die zugleich da
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[142/0156] Schickſal trifft, keine böſen und verdorbenen Menſchen, viel- mehr ſolche, die ihr Unglück tief fühlen und ſich gerne um Hülfe zum Gebet wenden. Es läßt ſich auch ſchon zum Voraus erwarten, daß der Satan die Weltmenſchen, die ihm ſchon zur Hälfte angehören, mit ſolchen Plagen verſchonen und nur diejenigen heimſuchen wird, die es nicht mit ihm halten. V. Aus mehreren Thatſachen gibt ſich ein Schutzgeiſt kund, der dem Böſen widerſtrebt, und wenn er auch nicht Alles verhindern kann oder darf, doch einem bleibenden Schaden vorbeugt und den Anfeindungen Gränzen ſetzt. Ein ſehr wichtiger Punkt leuchtet aus der Geſchichte der U .. n aus J .. m hervor, nämlich, daß ſie durch magne- tiſche Behandlung mit ihrem Schutzgeiſt in einen offenen Verkehr gebracht wurde, der ihr in jeder Hinſicht ſehr nütz- lich war. Wenn der böſe Wille des Menſchen im Stande iſt, einen Dämon in einen Menſchenleib zu bannen, warum ſollte nicht der gute Wille des Menſchen im Stande ſeyn, den Schutzgeiſt zu größerem Widerſtand zu kräftigen? Wurde bey der U .. n der Schutzgeiſt beſtimmt und im Namen des Herrn aufgefordert, zu kommen und zu helfen, ſo war im Augenblick der Dämon niedergekämpft und das Weib frey. Allein zum Austreiben war dies nicht genug, denn dieß er- fordert den Sieg jenes Glaubens, der die Welt und die Hölle überwindet, und der bey gemeinen und ungelehrten Menſchen häufiger angetroffen wird, als bey den Vorneh- men und Gelehrten, in welchen der in den Studien viel- fach aufgeregte Zweifel den Glauben nicht gedeihen läßt. Der Magnetismus, wenn er ſich, wie bey der U .. n, auch in andern ähnlichen Fällen bewähren ſollte, dadurch, daß er die Perſon mit ihrem Schutzgeiſt in Verkehr bringt, wäre ein großer Gewinn für die Cur der Beſeſſenen. VI. Selten iſt ein Dämon allein, denn ihrer iſt Legion. Wo Einer iſt, können unter gleichen Umſtänden auch meh- rere ſeyn. Die vorliegenden Geſchichten ſprechen von zwey, fünf, ſechs, ſieben bis neun Dämonen, die zugleich da waren. Und vielleicht iſt es noch ſeltener, daß nicht ein

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/156>, abgerufen am 04.05.2024.