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Kentz, Paul: Güldener Handwercksboden. Leipzig, 1629.

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Wie die Jugend solle
mine Artifice spectantur: Natura, Doctrina, & usus, quo-
rum primum ingenio, alterum scientia, tertium fructu diju-
dicandum est.
Das ist: Drey ding müssen sich finden bey
einem/ der etwas Meisterliches lernen vnd treiben soll:

I. Ober darzu genaturet/ vnd Lust vnd Lieb darzu habe.
II. Ob er auch etwas dergleichen lernen vnd begreif-
fen möge.
III. Ob ers auch mit Nutzen vnd Frucht treibenn könne.

Welche erinnerung denn sehr gut ist; Vnd derwegen
bey der Lehr Jugend sonderlich vnd vor allen hierauff zu sehen/
daß einer nicht etwas lerne/ oder zu lernen gezwungen werde/
invit a Minerva, Das ist: Wenn er zu demselbigen weder
Lust/ Lieb/ oder Zuneygung trägt; Denn gemeiniglich auff
solches eine schwere Lehr/ vnd schlechte Frucht folgen thut.
Hiemit stimmet auch Seneca, da er sagt: male respondent
coacta ingenia, reluctante enim natura, virtus labor est.

Das ist: Gezwungene Lehr/ verlohnet der mühe gar schwer.
Sintemal die Menschen nicht allein an eusserlicher
Gestalt/ ansehen/ etc. sondern auch innerlich inn der
Natur/ vnd am Gemüth/ gantz wunderbares vnterscheids
seyn/ daß einer zu diesem/ der ander viel zu einem andern ding
Lust vnd Lieb hat/ Dahero denn auch so vnterschiedliche vnd
mancherley Intentiones vnd/ vorhaben entstehen/ wie man
sagt: Velle suum cuiq est, nec voto vivitur uno. Et: Tra-
hit suaqueng[ - 1 Zeichen fehlt] voluptas.

Die Indianische Historien melden/ daß bey selbigen in
Nat. &
mor hist
Ind.
Aufferziehung vnd übung der Jugend/ eine sonderliche acht
geben werde/ worzu sie Affectioniret vnd geneigt waren/ Als/
zum Götzendienst/ Aemptern/ Handwerck/ Handthiern/ Krie-
gen/ vnd andern. Wohin nun einer geneigt war/ vnd sich
darinnen zu üben begerte/ darzu wurde er ferrner gezogen vnd

ange-

Wie die Jugend ſolle
mine Artifice ſpectantur: Natura, Doctrina, & uſus, quo-
rum primum ingenio, alterum ſcientiâ, tertium fructu diju-
dicandum eſt.
Das iſt: Drey ding muͤſſen ſich finden bey
einem/ der etwas Meiſterliches lernen vnd treiben ſoll:

I. Ober darzu genaturet/ vnd Luſt vnd Lieb darzu habe.
II. Ob er auch etwas dergleichen lernen vnd begreif-
fen moͤge.
III. Ob ers auch mit Nutzen vnd Frucht treibẽn koͤnne.

Welche erinnerung denn ſehr gut iſt; Vnd derwegen
bey der Lehr Jugend ſonderlich vnd vor allen hierauff zu ſehen/
daß einer nicht etwas lerne/ oder zu lernen gezwungen werde/
invit â Minervâ, Das iſt: Wenn er zu demſelbigen weder
Luſt/ Lieb/ oder Zuneygung traͤgt; Deñ gemeiniglich auff
ſolches eine ſchwere Lehr/ vnd ſchlechte Frucht folgen thut.
Hiemit ſtimmet auch Seneca, da er ſagt: malè reſpondent
coacta ingenia, reluctante enim naturâ, virtus labor eſt.

Das iſt: Gezwungene Lehr/ verlohnet der muͤhe gar ſchwer.
Sintemal die Menſchen nicht allein an euſſerlicher
Geſtalt/ anſehen/ ꝛc. ſondern auch innerlich inn der
Natur/ vnd am Gemuͤth/ gantz wunderbares vnterſcheids
ſeyn/ daß einer zu dieſem/ der ander viel zu einem andern ding
Luſt vnd Lieb hat/ Dahero denn auch ſo vnterſchiedliche vnd
mancherley Intentiones vnd/ vorhaben entſtehen/ wie man
ſagt: Velle ſuum cuiq́ eſt, nec voto vivitur uno. Et: Tra-
hit ſuaqueng[ – 1 Zeichen fehlt] voluptas.

Die Indianiſche Hiſtorien melden/ daß bey ſelbigen in
Nat. &
mor hiſt
Ind.
Aufferziehung vnd uͤbung der Jugend/ eine ſonderliche acht
geben werde/ worzu ſie Affectioniret vnd geneigt waren/ Als/
zum Goͤtzendienſt/ Aempteꝛn/ Handwerck/ Handthiern/ Krie-
gen/ vnd andern. Wohin nun einer geneigt war/ vnd ſich
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[24/0036] Wie die Jugend ſolle mine Artifice ſpectantur: Natura, Doctrina, & uſus, quo- rum primum ingenio, alterum ſcientiâ, tertium fructu diju- dicandum eſt. Das iſt: Drey ding muͤſſen ſich finden bey einem/ der etwas Meiſterliches lernen vnd treiben ſoll: I. Ober darzu genaturet/ vnd Luſt vnd Lieb darzu habe. II. Ob er auch etwas dergleichen lernen vnd begreif- fen moͤge. III. Ob ers auch mit Nutzen vnd Frucht treibẽn koͤnne. Welche erinnerung denn ſehr gut iſt; Vnd derwegen bey der Lehr Jugend ſonderlich vnd vor allen hierauff zu ſehen/ daß einer nicht etwas lerne/ oder zu lernen gezwungen werde/ invit â Minervâ, Das iſt: Wenn er zu demſelbigen weder Luſt/ Lieb/ oder Zuneygung traͤgt; Deñ gemeiniglich auff ſolches eine ſchwere Lehr/ vnd ſchlechte Frucht folgen thut. Hiemit ſtimmet auch Seneca, da er ſagt: malè reſpondent coacta ingenia, reluctante enim naturâ, virtus labor eſt. Das iſt: Gezwungene Lehr/ verlohnet der muͤhe gar ſchwer. Sintemal die Menſchen nicht allein an euſſerlicher Geſtalt/ anſehen/ ꝛc. ſondern auch innerlich inn der Natur/ vnd am Gemuͤth/ gantz wunderbares vnterſcheids ſeyn/ daß einer zu dieſem/ der ander viel zu einem andern ding Luſt vnd Lieb hat/ Dahero denn auch ſo vnterſchiedliche vnd mancherley Intentiones vnd/ vorhaben entſtehen/ wie man ſagt: Velle ſuum cuiq́ eſt, nec voto vivitur uno. Et: Tra- hit ſuaqueng_ voluptas. Die Indianiſche Hiſtorien melden/ daß bey ſelbigen in Aufferziehung vnd uͤbung der Jugend/ eine ſonderliche acht geben werde/ worzu ſie Affectioniret vnd geneigt waren/ Als/ zum Goͤtzendienſt/ Aempteꝛn/ Handwerck/ Handthiern/ Krie- gen/ vnd andern. Wohin nun einer geneigt war/ vnd ſich darinnen zu uͤben begerte/ darzu wurde er ferꝛner gezogen vnd ange- Nat. & mor hiſt Ind.

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Zitationshilfe: Kentz, Paul: Güldener Handwercksboden. Leipzig, 1629, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kentz_handwerksboden_1629/36>, abgerufen am 22.11.2024.