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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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davon, indem sie nochmals mit leuchtenden Augen: Morgen!
Morgen! rief.

Thibaut hingegen empfand ein Gefühl, wie wenn Einer
ihm den schönen Zopf abgeschnitten hätte, der so stattlich
den Rücken seines Scharlachrockes schmückte, und in der
Nacht hatte er einen schweren Traum. Es träumte ihm,
er habe das Korallenherz der schönen Guillemette auf¬
gemacht, die grüne Spinne sei herausgelaufen und habe
ihn in die Nase gebissen, die wie eine Rübe aufge¬
schwollen sei.

Am Morgen wurde es ihm wieder besser zu Muthe,
als er den klar erglänzenden Tag gewahrte, der über der
großen Stromlandschaft aufgegangen war, und heiteren
Herzens bestieg er die übersetzende Kahnflotille, da er ja
endlich der wahren Liebe und Seligkeit entgegenfuhr.

Das rothe Volk war in einem weiten Ringe um ein
Feuer versammelt, an welchem Hirsche und andere Jagd¬
beute gebraten und gute Fische gekocht wurden. Die
Frauen und Mädchen machten die Köche und brachten
sonst noch allerhand ihrer Leckereien herbei. Die Männer
saßen ernst im Kreise herum, vorab die Häuptlinge, alle in
ihrem höchsten Schmuck und Staate. Für die französischen
Herren aber war ein besonderer Raum und Ehrenplatz
offen gelassen, den sie vergnügt über das neue Schauspiel
einnahmen; und nun begann ein Schmausen, das den
Indianern freilich besser zu schmecken schien als den
Europäern, wenn es den letzteren auch von den Frauen

davon, indem ſie nochmals mit leuchtenden Augen: Morgen!
Morgen! rief.

Thibaut hingegen empfand ein Gefühl, wie wenn Einer
ihm den ſchönen Zopf abgeſchnitten hätte, der ſo ſtattlich
den Rücken ſeines Scharlachrockes ſchmückte, und in der
Nacht hatte er einen ſchweren Traum. Es träumte ihm,
er habe das Korallenherz der ſchönen Guillemette auf¬
gemacht, die grüne Spinne ſei herausgelaufen und habe
ihn in die Naſe gebiſſen, die wie eine Rübe aufge¬
ſchwollen ſei.

Am Morgen wurde es ihm wieder beſſer zu Muthe,
als er den klar erglänzenden Tag gewahrte, der über der
großen Stromlandſchaft aufgegangen war, und heiteren
Herzens beſtieg er die überſetzende Kahnflotille, da er ja
endlich der wahren Liebe und Seligkeit entgegenfuhr.

Das rothe Volk war in einem weiten Ringe um ein
Feuer verſammelt, an welchem Hirſche und andere Jagd¬
beute gebraten und gute Fiſche gekocht wurden. Die
Frauen und Mädchen machten die Köche und brachten
ſonſt noch allerhand ihrer Leckereien herbei. Die Männer
ſaßen ernſt im Kreiſe herum, vorab die Häuptlinge, alle in
ihrem höchſten Schmuck und Staate. Für die franzöſiſchen
Herren aber war ein beſonderer Raum und Ehrenplatz
offen gelaſſen, den ſie vergnügt über das neue Schauſpiel
einnahmen; und nun begann ein Schmauſen, das den
Indianern freilich beſſer zu ſchmecken ſchien als den
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[363/0373] davon, indem ſie nochmals mit leuchtenden Augen: Morgen! Morgen! rief. Thibaut hingegen empfand ein Gefühl, wie wenn Einer ihm den ſchönen Zopf abgeſchnitten hätte, der ſo ſtattlich den Rücken ſeines Scharlachrockes ſchmückte, und in der Nacht hatte er einen ſchweren Traum. Es träumte ihm, er habe das Korallenherz der ſchönen Guillemette auf¬ gemacht, die grüne Spinne ſei herausgelaufen und habe ihn in die Naſe gebiſſen, die wie eine Rübe aufge¬ ſchwollen ſei. Am Morgen wurde es ihm wieder beſſer zu Muthe, als er den klar erglänzenden Tag gewahrte, der über der großen Stromlandſchaft aufgegangen war, und heiteren Herzens beſtieg er die überſetzende Kahnflotille, da er ja endlich der wahren Liebe und Seligkeit entgegenfuhr. Das rothe Volk war in einem weiten Ringe um ein Feuer verſammelt, an welchem Hirſche und andere Jagd¬ beute gebraten und gute Fiſche gekocht wurden. Die Frauen und Mädchen machten die Köche und brachten ſonſt noch allerhand ihrer Leckereien herbei. Die Männer ſaßen ernſt im Kreiſe herum, vorab die Häuptlinge, alle in ihrem höchſten Schmuck und Staate. Für die franzöſiſchen Herren aber war ein beſonderer Raum und Ehrenplatz offen gelaſſen, den ſie vergnügt über das neue Schauſpiel einnahmen; und nun begann ein Schmauſen, das den Indianern freilich beſſer zu ſchmecken ſchien als den Europäern, wenn es den letzteren auch von den Frauen

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/373>, abgerufen am 23.11.2024.