Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

so, wie es Jedem ziemt, der seine Füße unter meinen
Tisch streckt!"

Das plötzliche Gelächter der Anwesenden war zunächst
das Echo dieser Rede. Selbst der spitznäsige Page ließ
ein durchdringendes Gekicher hören, wie es zu tönen pflegt,
wenn unerwachsene Buben sich in die Unterhaltung der
Erwachsenen mischen und dieselbe überschreien.

Es gab aber gleich darauf einen größeren Lärm.
Don Salvador hatte sich mit wechselnder Farbe dem
Tische genähert, legte die Hand daran, und indem er
sagte: "So? strecke ich meine Füße unter den Tisch?"
stürzte er denselben um mit Allem, was darauf stand,
mit Schüsseln, Krügen, Gläsern und Leuchtern, und dies
mit einer solchen Gewalt, daß zu gleicher Zeit Alle, die
daran gesessen, sammt ihren Stühlen zu Boden geschleudert
wurden, mit Ausnahme der Frau. Die hatte, von des
Mannes verändertem Gesicht und von seinem Herantreten
erschreckt, sich merkwürdig schnell von ihrem Stuhl er¬
hoben und in eine Ecke geflüchtet, von wo sie furchtsam
und neugierig hervor schaute.

Indessen war der Erste, der sich aus der Verwüstung
vom Boden aufgerichtet, der fremde Gesell, und Correa
sah nun, als jener auf den Beinen stand und mit dem
gezogenen Schwerte auf ihn eindrang, daß er es mit
einem außergewöhnlich großen und starken Manne zu
thun hatte. Er verlor aber keine Zeit; obgleich feiner
und schmächtiger gewachsen, als Jener, ergriff er den

ſo, wie es Jedem ziemt, der ſeine Füße unter meinen
Tiſch ſtreckt!“

Das plötzliche Gelächter der Anweſenden war zunächſt
das Echo dieſer Rede. Selbſt der ſpitznäſige Page ließ
ein durchdringendes Gekicher hören, wie es zu tönen pflegt,
wenn unerwachſene Buben ſich in die Unterhaltung der
Erwachſenen miſchen und dieſelbe überſchreien.

Es gab aber gleich darauf einen größeren Lärm.
Don Salvador hatte ſich mit wechſelnder Farbe dem
Tiſche genähert, legte die Hand daran, und indem er
ſagte: „So? ſtrecke ich meine Füße unter den Tiſch?“
ſtürzte er denſelben um mit Allem, was darauf ſtand,
mit Schüſſeln, Krügen, Gläſern und Leuchtern, und dies
mit einer ſolchen Gewalt, daß zu gleicher Zeit Alle, die
daran geſeſſen, ſammt ihren Stühlen zu Boden geſchleudert
wurden, mit Ausnahme der Frau. Die hatte, von des
Mannes verändertem Geſicht und von ſeinem Herantreten
erſchreckt, ſich merkwürdig ſchnell von ihrem Stuhl er¬
hoben und in eine Ecke geflüchtet, von wo ſie furchtſam
und neugierig hervor ſchaute.

Indeſſen war der Erſte, der ſich aus der Verwüſtung
vom Boden aufgerichtet, der fremde Geſell, und Correa
ſah nun, als jener auf den Beinen ſtand und mit dem
gezogenen Schwerte auf ihn eindrang, daß er es mit
einem außergewöhnlich großen und ſtarken Manne zu
thun hatte. Er verlor aber keine Zeit; obgleich feiner
und ſchmächtiger gewachſen, als Jener, ergriff er den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0300" n="290"/>
&#x017F;o, wie es Jedem ziemt, der &#x017F;eine Füße unter meinen<lb/>
Ti&#x017F;ch &#x017F;treckt!&#x201C;</p><lb/>
          <p>Das plötzliche Gelächter der Anwe&#x017F;enden war zunäch&#x017F;t<lb/>
das Echo die&#x017F;er Rede. Selb&#x017F;t der &#x017F;pitznä&#x017F;ige Page ließ<lb/>
ein durchdringendes Gekicher hören, wie es zu tönen pflegt,<lb/>
wenn unerwach&#x017F;ene Buben &#x017F;ich in die Unterhaltung der<lb/>
Erwach&#x017F;enen mi&#x017F;chen und die&#x017F;elbe über&#x017F;chreien.</p><lb/>
          <p>Es gab aber gleich darauf einen größeren Lärm.<lb/>
Don Salvador hatte &#x017F;ich mit wech&#x017F;elnder Farbe dem<lb/>
Ti&#x017F;che genähert, legte die Hand daran, und indem er<lb/>
&#x017F;agte: &#x201E;So? &#x017F;trecke ich meine Füße unter den Ti&#x017F;ch?&#x201C;<lb/>
&#x017F;türzte er den&#x017F;elben um mit Allem, was darauf &#x017F;tand,<lb/>
mit Schü&#x017F;&#x017F;eln, Krügen, Glä&#x017F;ern und Leuchtern, und dies<lb/>
mit einer &#x017F;olchen Gewalt, daß zu gleicher Zeit Alle, die<lb/>
daran ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ammt ihren Stühlen zu Boden ge&#x017F;chleudert<lb/>
wurden, mit Ausnahme der Frau. Die hatte, von des<lb/>
Mannes verändertem Ge&#x017F;icht und von &#x017F;einem Herantreten<lb/>
er&#x017F;chreckt, &#x017F;ich merkwürdig &#x017F;chnell von ihrem Stuhl er¬<lb/>
hoben und in eine Ecke geflüchtet, von wo &#x017F;ie furcht&#x017F;am<lb/>
und neugierig hervor &#x017F;chaute.</p><lb/>
          <p>Inde&#x017F;&#x017F;en war der Er&#x017F;te, der &#x017F;ich aus der Verwü&#x017F;tung<lb/>
vom Boden aufgerichtet, der fremde Ge&#x017F;ell, und Correa<lb/>
&#x017F;ah nun, als jener auf den Beinen &#x017F;tand und mit dem<lb/>
gezogenen Schwerte auf ihn eindrang, daß er es mit<lb/>
einem außergewöhnlich großen und &#x017F;tarken Manne zu<lb/>
thun hatte. Er verlor aber keine Zeit; obgleich feiner<lb/>
und &#x017F;chmächtiger gewach&#x017F;en, als Jener, ergriff er den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0300] ſo, wie es Jedem ziemt, der ſeine Füße unter meinen Tiſch ſtreckt!“ Das plötzliche Gelächter der Anweſenden war zunächſt das Echo dieſer Rede. Selbſt der ſpitznäſige Page ließ ein durchdringendes Gekicher hören, wie es zu tönen pflegt, wenn unerwachſene Buben ſich in die Unterhaltung der Erwachſenen miſchen und dieſelbe überſchreien. Es gab aber gleich darauf einen größeren Lärm. Don Salvador hatte ſich mit wechſelnder Farbe dem Tiſche genähert, legte die Hand daran, und indem er ſagte: „So? ſtrecke ich meine Füße unter den Tiſch?“ ſtürzte er denſelben um mit Allem, was darauf ſtand, mit Schüſſeln, Krügen, Gläſern und Leuchtern, und dies mit einer ſolchen Gewalt, daß zu gleicher Zeit Alle, die daran geſeſſen, ſammt ihren Stühlen zu Boden geſchleudert wurden, mit Ausnahme der Frau. Die hatte, von des Mannes verändertem Geſicht und von ſeinem Herantreten erſchreckt, ſich merkwürdig ſchnell von ihrem Stuhl er¬ hoben und in eine Ecke geflüchtet, von wo ſie furchtſam und neugierig hervor ſchaute. Indeſſen war der Erſte, der ſich aus der Verwüſtung vom Boden aufgerichtet, der fremde Geſell, und Correa ſah nun, als jener auf den Beinen ſtand und mit dem gezogenen Schwerte auf ihn eindrang, daß er es mit einem außergewöhnlich großen und ſtarken Manne zu thun hatte. Er verlor aber keine Zeit; obgleich feiner und ſchmächtiger gewachſen, als Jener, ergriff er den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/300
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/300>, abgerufen am 22.11.2024.