Reden! -- Zwar -- wenn ich bedenke und Euch ansehe, so möchte es vielleicht doch nicht ganz zu spät sein -- wenn ich Euch betrachte, so sehe ich, daß Ihr ein noch ganz schöner und rüstiger Mann seid, in den besten Jahren -- sagt doch, Herr Pineiß! Habt Ihr noch nie etwa den Wunsch verspürt, Euch zu verehlichen, ehr¬ bar und vortheilhaft? Aber was schwatze ich! Wie wird ein so kluger und kunstreicher Mann auf dergleichen müssige Gedanken kommen! Wie wird ein so nützlich beschäftigter Meister an thö¬ richte Weiber denken! Zwar allerdings hat auch die Schlimmste noch irgend was an sich, was etwa nützlich für einen Mann ist, das ist nicht abzuleugnen! Und wenn sie nur halbwegs was taugt, so ist eine gute Hausfrau etwa weiß am Leibe, sorgfältig im Sinne, zuthulich von Sitten, treu von Herzen, sparsam im Verwalten, aber verschwenderisch in der Pflege ihres Mannes, kurzweilig in Worten und angenehm in ihren Thaten, einschmeichelnd in ihren Handlungen! Sie küßt den Mann mit ihrem Munde und streichelt ihm den Bart, sie umschließt ihn mit ihren Armen und kraut ihm hinter den Ohren,
Reden! — Zwar — wenn ich bedenke und Euch anſehe, ſo möchte es vielleicht doch nicht ganz zu ſpät ſein — wenn ich Euch betrachte, ſo ſehe ich, daß Ihr ein noch ganz ſchöner und rüſtiger Mann ſeid, in den beſten Jahren — ſagt doch, Herr Pineiß! Habt Ihr noch nie etwa den Wunſch verſpürt, Euch zu verehlichen, ehr¬ bar und vortheilhaft? Aber was ſchwatze ich! Wie wird ein ſo kluger und kunſtreicher Mann auf dergleichen müſſige Gedanken kommen! Wie wird ein ſo nützlich beſchäftigter Meiſter an thö¬ richte Weiber denken! Zwar allerdings hat auch die Schlimmſte noch irgend was an ſich, was etwa nützlich für einen Mann iſt, das iſt nicht abzuleugnen! Und wenn ſie nur halbwegs was taugt, ſo iſt eine gute Hausfrau etwa weiß am Leibe, ſorgfältig im Sinne, zuthulich von Sitten, treu von Herzen, ſparſam im Verwalten, aber verſchwenderiſch in der Pflege ihres Mannes, kurzweilig in Worten und angenehm in ihren Thaten, einſchmeichelnd in ihren Handlungen! Sie küßt den Mann mit ihrem Munde und ſtreichelt ihm den Bart, ſie umſchließt ihn mit ihren Armen und kraut ihm hinter den Ohren,
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Reden! — Zwar — wenn ich bedenke und
Euch anſehe, ſo möchte es vielleicht doch nicht
ganz zu ſpät ſein — wenn ich Euch betrachte,
ſo ſehe ich, daß Ihr ein noch ganz ſchöner und
rüſtiger Mann ſeid, in den beſten Jahren —
ſagt doch, Herr Pineiß! Habt Ihr noch nie etwa
den Wunſch verſpürt, Euch zu verehlichen, ehr¬
bar und vortheilhaft? Aber was ſchwatze ich!
Wie wird ein ſo kluger und kunſtreicher Mann
auf dergleichen müſſige Gedanken kommen! Wie
wird ein ſo nützlich beſchäftigter Meiſter an thö¬
richte Weiber denken! Zwar allerdings hat auch
die Schlimmſte noch irgend was an ſich, was
etwa nützlich für einen Mann iſt, das iſt nicht
abzuleugnen! Und wenn ſie nur halbwegs was
taugt, ſo iſt eine gute Hausfrau etwa weiß am
Leibe, ſorgfältig im Sinne, zuthulich von Sitten,
treu von Herzen, ſparſam im Verwalten, aber
verſchwenderiſch in der Pflege ihres Mannes,
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Thaten, einſchmeichelnd in ihren Handlungen!
Sie küßt den Mann mit ihrem Munde und
ſtreichelt ihm den Bart, ſie umſchließt ihn mit
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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/487>, abgerufen am 22.11.2024.
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