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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Hochzeit!" "Geh' mir weg, Du bist eine hä߬
liche Lügnerin!" "Das schönste Haus hat er
schon gekauft in Seldwyl mit einem großen
Garten und Weinberg; ihr müßt mich auch be¬
suchen, wenn wir eingerichtet sind, ich zähle dar¬
auf!" "Allweg, Du Teufelshexlein, was Du
bist!" "Ihr werdet sehen, wie schön es da ist!
einen herrlichen Kaffee werde ich machen und euch
mit feinem Eierbrod aufwarten, mit Butter und
Honig!" "Du Ketzerslösli! zähl' drauf, daß
ich komme!" rief die Frau mit lüsternem Gesicht
und der Mund wässerte ihr; "kommt ihr aber
um die Mittagszeit und seit ermüdet vom Markt,
so soll euch eine kräftige Fleischbrühe und ein
Glas Wein immer parat stehen!" "Das wird
mir baß thun!" "Und an etwas Zuckerwerk oder
weißen Wecken für die lieben Kinder zu Hause
soll es euch auch nicht fehlen!" "Es wird mir
ganz schmachtend!" "Ein artiges Halstüchelchen
oder ein Restchen Seidenzeug oder ein hübsches
altes Band für euere Röcke, oder ein Stück
Zeug zu einer neuen Schürze wird gewiß auch
zu finden sein, wenn wir meine Kisten und Ka¬
sten durchmustern in einer vertrauten Stunde!"

Hochzeit!« »Geh' mir weg, Du biſt eine hä߬
liche Lügnerin!« »Das ſchönſte Haus hat er
ſchon gekauft in Seldwyl mit einem großen
Garten und Weinberg; ihr müßt mich auch be¬
ſuchen, wenn wir eingerichtet ſind, ich zähle dar¬
auf!« »Allweg, Du Teufelshexlein, was Du
biſt!« »Ihr werdet ſehen, wie ſchön es da iſt!
einen herrlichen Kaffee werde ich machen und euch
mit feinem Eierbrod aufwarten, mit Butter und
Honig!« »Du Ketzerslösli! zähl' drauf, daß
ich komme!« rief die Frau mit lüſternem Geſicht
und der Mund wäſſerte ihr; »kommt ihr aber
um die Mittagszeit und ſeit ermüdet vom Markt,
ſo ſoll euch eine kräftige Fleiſchbrühe und ein
Glas Wein immer parat ſtehen!» »Das wird
mir baß thun!« »Und an etwas Zuckerwerk oder
weißen Wecken für die lieben Kinder zu Hauſe
ſoll es euch auch nicht fehlen!« »Es wird mir
ganz ſchmachtend!« »Ein artiges Halstüchelchen
oder ein Reſtchen Seidenzeug oder ein hübſches
altes Band für euere Röcke, oder ein Stück
Zeug zu einer neuen Schürze wird gewiß auch
zu finden ſein, wenn wir meine Kiſten und Ka¬
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[310/0322] Hochzeit!« »Geh' mir weg, Du biſt eine hä߬ liche Lügnerin!« »Das ſchönſte Haus hat er ſchon gekauft in Seldwyl mit einem großen Garten und Weinberg; ihr müßt mich auch be¬ ſuchen, wenn wir eingerichtet ſind, ich zähle dar¬ auf!« »Allweg, Du Teufelshexlein, was Du biſt!« »Ihr werdet ſehen, wie ſchön es da iſt! einen herrlichen Kaffee werde ich machen und euch mit feinem Eierbrod aufwarten, mit Butter und Honig!« »Du Ketzerslösli! zähl' drauf, daß ich komme!« rief die Frau mit lüſternem Geſicht und der Mund wäſſerte ihr; »kommt ihr aber um die Mittagszeit und ſeit ermüdet vom Markt, ſo ſoll euch eine kräftige Fleiſchbrühe und ein Glas Wein immer parat ſtehen!» »Das wird mir baß thun!« »Und an etwas Zuckerwerk oder weißen Wecken für die lieben Kinder zu Hauſe ſoll es euch auch nicht fehlen!« »Es wird mir ganz ſchmachtend!« »Ein artiges Halstüchelchen oder ein Reſtchen Seidenzeug oder ein hübſches altes Band für euere Röcke, oder ein Stück Zeug zu einer neuen Schürze wird gewiß auch zu finden ſein, wenn wir meine Kiſten und Ka¬ ſten durchmuſtern in einer vertrauten Stunde!«

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/322>, abgerufen am 13.05.2024.