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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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und Tag gesessen habt, so wird man Euch er¬
lauben, zur Feier Eures glorreichen Einzuges
auch eine kleine Minorität von Speck zu über¬
wältigen, aber beißt Euch alsdann die Zähne
nicht daran aus! Es geht allerdings nichts
über einen guten Spaziergang und ist zuträglich
für die Gesundheit, insbesondere wenn man keine
regelmäßige Arbeit und Bewegung zu haben
scheint; aber man muß sich doch immer in Acht
nehmen, wo man spazieren geht und es ist un¬
höflich, mit dem Hut auf dem Kopf in eine
Kirche und mit dem Gewehr in der Hand in
ein friedfertiges Staatswesen herein zu spazieren!
Oder habt Ihr geglaubt, wir stellen keinen Staat
vor, weil wir noch Religion haben und unsere
Pfaffen zu ehren belieben? Dieses gefällt uns
einmal so, und wir wohnen gerade so lang im
Lande, als Ihr, Ihr Maulaffen, die Ihr nun
dasteht und Euch nicht zu helfen wißt!"

So tönte es unaufhörlich um sie her, und
die Beredtsamkeit der Sieger war um so uner¬
schöpflicher, als sie das Gleiche, dessen sie ihre
Gegner nun anklagten, entweder selbst schon ge¬
than oder es jeden Augenblick zu thun bereit

und Tag geſeſſen habt, ſo wird man Euch er¬
lauben, zur Feier Eures glorreichen Einzuges
auch eine kleine Minorität von Speck zu über¬
wältigen, aber beißt Euch alsdann die Zähne
nicht daran aus! Es geht allerdings nichts
über einen guten Spaziergang und iſt zuträglich
für die Geſundheit, insbeſondere wenn man keine
regelmäßige Arbeit und Bewegung zu haben
ſcheint; aber man muß ſich doch immer in Acht
nehmen, wo man ſpazieren geht und es iſt un¬
höflich, mit dem Hut auf dem Kopf in eine
Kirche und mit dem Gewehr in der Hand in
ein friedfertiges Staatsweſen herein zu ſpazieren!
Oder habt Ihr geglaubt, wir ſtellen keinen Staat
vor, weil wir noch Religion haben und unſere
Pfaffen zu ehren belieben? Dieſes gefällt uns
einmal ſo, und wir wohnen gerade ſo lang im
Lande, als Ihr, Ihr Maulaffen, die Ihr nun
daſteht und Euch nicht zu helfen wißt!«

So tönte es unaufhörlich um ſie her, und
die Beredtſamkeit der Sieger war um ſo uner¬
ſchöpflicher, als ſie das Gleiche, deſſen ſie ihre
Gegner nun anklagten, entweder ſelbſt ſchon ge¬
than oder es jeden Augenblick zu thun bereit

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[172/0184] und Tag geſeſſen habt, ſo wird man Euch er¬ lauben, zur Feier Eures glorreichen Einzuges auch eine kleine Minorität von Speck zu über¬ wältigen, aber beißt Euch alsdann die Zähne nicht daran aus! Es geht allerdings nichts über einen guten Spaziergang und iſt zuträglich für die Geſundheit, insbeſondere wenn man keine regelmäßige Arbeit und Bewegung zu haben ſcheint; aber man muß ſich doch immer in Acht nehmen, wo man ſpazieren geht und es iſt un¬ höflich, mit dem Hut auf dem Kopf in eine Kirche und mit dem Gewehr in der Hand in ein friedfertiges Staatsweſen herein zu ſpazieren! Oder habt Ihr geglaubt, wir ſtellen keinen Staat vor, weil wir noch Religion haben und unſere Pfaffen zu ehren belieben? Dieſes gefällt uns einmal ſo, und wir wohnen gerade ſo lang im Lande, als Ihr, Ihr Maulaffen, die Ihr nun daſteht und Euch nicht zu helfen wißt!« So tönte es unaufhörlich um ſie her, und die Beredtſamkeit der Sieger war um ſo uner¬ ſchöpflicher, als ſie das Gleiche, deſſen ſie ihre Gegner nun anklagten, entweder ſelbſt ſchon ge¬ than oder es jeden Augenblick zu thun bereit

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/184>, abgerufen am 27.11.2024.