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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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drei Seiten verneigend, als ob er wirklich die
Erscheinungen sähe. "So ist's recht," sagte Züs
lächelnd, "wenn irgend ein Unterschied zwischen
euch besteht, so seid Ihr doch der Begabteste,
lieber Jobst, wenigstens der Verständigste!" Der
Baier Fridolin war immer noch nicht fertig mit
seiner Vorstellung, da er aber den Jobst so
loben hörte, wurde es ihm angst und er rief
eilig: "Ich sehe auch die liebste Jungfrau Bünzli
dreifach um mich her spazieren in größter Ehrbar¬
keit und mir wollüstig zuwinken, indem sie die
Hand auf --

"Pfui, Baier!" schrie Züs und wandte das
Gesicht ab, "nicht ein Wort weiter! Woher neh¬
men Sie den Muth, von mir in so wüsten
Worten zu reden und sich solche Sauereien ein¬
zubilden? Pfui, pfui!" Der arme Baier war
wie vom Donner gerührt und wurde glühend
roth, ohne zu wissen wofür; denn er hatte sich
gar nichts eingebildet und nur ungefähr dem
Klänge nach gesagt, was er von Jobsten gehört,
da er gesehen, wie dieser für seine Rede belobt
worden. Züs wandte sich wieder zu Dietrich
und sagte: "Nun, lieber Dietrich, haben Sie's

drei Seiten verneigend, als ob er wirklich die
Erſcheinungen ſähe. »So iſt's recht,« ſagte Züs
lächelnd, »wenn irgend ein Unterſchied zwiſchen
euch beſteht, ſo ſeid Ihr doch der Begabteſte,
lieber Jobſt, wenigſtens der Verſtändigſte!« Der
Baier Fridolin war immer noch nicht fertig mit
ſeiner Vorſtellung, da er aber den Jobſt ſo
loben hörte, wurde es ihm angſt und er rief
eilig: »Ich ſehe auch die liebſte Jungfrau Bünzli
dreifach um mich her ſpazieren in größter Ehrbar¬
keit und mir wollüſtig zuwinken, indem ſie die
Hand auf —

»Pfui, Baier!« ſchrie Züs und wandte das
Geſicht ab, »nicht ein Wort weiter! Woher neh¬
men Sie den Muth, von mir in ſo wüſten
Worten zu reden und ſich ſolche Sauereien ein¬
zubilden? Pfui, pfui!« Der arme Baier war
wie vom Donner gerührt und wurde glühend
roth, ohne zu wiſſen wofür; denn er hatte ſich
gar nichts eingebildet und nur ungefähr dem
Klänge nach geſagt, was er von Jobſten gehört,
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[421/0433] drei Seiten verneigend, als ob er wirklich die Erſcheinungen ſähe. »So iſt's recht,« ſagte Züs lächelnd, »wenn irgend ein Unterſchied zwiſchen euch beſteht, ſo ſeid Ihr doch der Begabteſte, lieber Jobſt, wenigſtens der Verſtändigſte!« Der Baier Fridolin war immer noch nicht fertig mit ſeiner Vorſtellung, da er aber den Jobſt ſo loben hörte, wurde es ihm angſt und er rief eilig: »Ich ſehe auch die liebſte Jungfrau Bünzli dreifach um mich her ſpazieren in größter Ehrbar¬ keit und mir wollüſtig zuwinken, indem ſie die Hand auf — »Pfui, Baier!« ſchrie Züs und wandte das Geſicht ab, »nicht ein Wort weiter! Woher neh¬ men Sie den Muth, von mir in ſo wüſten Worten zu reden und ſich ſolche Sauereien ein¬ zubilden? Pfui, pfui!« Der arme Baier war wie vom Donner gerührt und wurde glühend roth, ohne zu wiſſen wofür; denn er hatte ſich gar nichts eingebildet und nur ungefähr dem Klänge nach geſagt, was er von Jobſten gehört, da er geſehen, wie dieſer für ſeine Rede belobt worden. Züs wandte ſich wieder zu Dietrich und ſagte: »Nun, lieber Dietrich, haben Sie's

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/433>, abgerufen am 27.11.2024.