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Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856.

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Die wackeren Gesellen hörten verwundert
auf zu kauen und studierten mit einfältigen Ge¬
sichtern, die seltsame Aufgabe zu lösen. Das
Schwäblein kam zuerst damit zu Stande und
rief mit lüsternem Gesicht: "Ja, wertheste Jung¬
fer Züs! wenn Sie es denn gütigst erlauben,
so sehe ich Sie nicht nur dreifach, sondern ver¬
hundertfacht um mich herumschweben und mich
mit huldreichen Äuglein anblicken und mir tausend
Küßlein anbieten!"

"Nicht doch!" sagte Züs unwillig verwei¬
send, "nicht in so ungehöriger und übertriebener
Weise! Was fällt Ihnen denn ein, unbescheidener
Dietrich? Nicht hundertfach und nicht Küßlein
anbietend habe ich es erlaubt, sondern nur drei¬
fach für Jeden und in züchtiger und ehrbarer
Manier, daß mir nicht zu nahe geschieht!"

"Ja," rief jetzt endlich Jobst und zeigte mit
einem abgenagten Birnenstiel um sich her, "nur
dreifach aber in größter Ehrbarkeit sehe ich die
liebste Jungfer Bünzli um mich her spazieren
und mir wohlwollend zuwinken, indem sie die
Hand auf's Herz legt! Ich danke sehr, danke,
danke ergebenst!" sagte er schmunzelnd, sich nach

Die wackeren Geſellen hörten verwundert
auf zu kauen und ſtudierten mit einfältigen Ge¬
ſichtern, die ſeltſame Aufgabe zu löſen. Das
Schwäblein kam zuerſt damit zu Stande und
rief mit lüſternem Geſicht: »Ja, wertheſte Jung¬
fer Züs! wenn Sie es denn gütigſt erlauben,
ſo ſehe ich Sie nicht nur dreifach, ſondern ver¬
hundertfacht um mich herumſchweben und mich
mit huldreichen Äuglein anblicken und mir tauſend
Küßlein anbieten!«

»Nicht doch!« ſagte Züs unwillig verwei¬
ſend, »nicht in ſo ungehöriger und übertriebener
Weiſe! Was fällt Ihnen denn ein, unbeſcheidener
Dietrich? Nicht hundertfach und nicht Küßlein
anbietend habe ich es erlaubt, ſondern nur drei¬
fach für Jeden und in züchtiger und ehrbarer
Manier, daß mir nicht zu nahe geſchieht!«

»Ja,« rief jetzt endlich Jobſt und zeigte mit
einem abgenagten Birnenſtiel um ſich her, »nur
dreifach aber in größter Ehrbarkeit ſehe ich die
liebſte Jungfer Bünzli um mich her ſpazieren
und mir wohlwollend zuwinken, indem ſie die
Hand auf's Herz legt! Ich danke ſehr, danke,
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[420/0432] Die wackeren Geſellen hörten verwundert auf zu kauen und ſtudierten mit einfältigen Ge¬ ſichtern, die ſeltſame Aufgabe zu löſen. Das Schwäblein kam zuerſt damit zu Stande und rief mit lüſternem Geſicht: »Ja, wertheſte Jung¬ fer Züs! wenn Sie es denn gütigſt erlauben, ſo ſehe ich Sie nicht nur dreifach, ſondern ver¬ hundertfacht um mich herumſchweben und mich mit huldreichen Äuglein anblicken und mir tauſend Küßlein anbieten!« »Nicht doch!« ſagte Züs unwillig verwei¬ ſend, »nicht in ſo ungehöriger und übertriebener Weiſe! Was fällt Ihnen denn ein, unbeſcheidener Dietrich? Nicht hundertfach und nicht Küßlein anbietend habe ich es erlaubt, ſondern nur drei¬ fach für Jeden und in züchtiger und ehrbarer Manier, daß mir nicht zu nahe geſchieht!« »Ja,« rief jetzt endlich Jobſt und zeigte mit einem abgenagten Birnenſtiel um ſich her, »nur dreifach aber in größter Ehrbarkeit ſehe ich die liebſte Jungfer Bünzli um mich her ſpazieren und mir wohlwollend zuwinken, indem ſie die Hand auf's Herz legt! Ich danke ſehr, danke, danke ergebenſt!« ſagte er ſchmunzelnd, ſich nach

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Die Leute von Seldwyla. Braunschweig, 1856, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_seldwyla_1856/432>, abgerufen am 27.11.2024.