er noch vermochte, neben ihr hin marschirte, sich einzig nach einer Ruhestelle und etwas Wärme sehnend, indessen der Küster ganz verblüfft und mißtrauisch hinter dem Paare her ging. Es hatte endlich ganz zu regnen aufgehört, der feste Bo¬ den unter den großen alten Bäumen war fast gänzlich trocken und in das prächtige Dunkel, in in dem sie jetzt gingen, leuchteten nur zwischen den Stämmen der feurige Abendstreif und im Hintergrunde die erhellten Fenster eines Park- oder Gartenhauses. In diesem befand sich ein kleiner Saal, der nur durch eine Glasthür vom Parke getrennt war, und in dem Saale brannte ein helles Kaminfeuer; als sie eingetreten, rückte das Frauenzimmer einen Stuhl zum Feuer und forderte Heinrich auf, sich auszuruhen. Ohne Verzug setzte er sich und schämte sich noch eine Weile seines schlechten Aussehens; die junge Dame schien das zu bemerken und stellte sich voll Mitleid vor ihn hin, indem sie sagte: "Sagen sie doch, Herr -- wie heißen Sie denn?"
"Heinrich Lee," sagte er.
"Herr Lee, geht es denn Ihnen ganz schlecht?
er noch vermochte, neben ihr hin marſchirte, ſich einzig nach einer Ruheſtelle und etwas Waͤrme ſehnend, indeſſen der Kuͤſter ganz verbluͤfft und mißtrauiſch hinter dem Paare her ging. Es hatte endlich ganz zu regnen aufgehoͤrt, der feſte Bo¬ den unter den großen alten Baͤumen war faſt gaͤnzlich trocken und in das praͤchtige Dunkel, in in dem ſie jetzt gingen, leuchteten nur zwiſchen den Staͤmmen der feurige Abendſtreif und im Hintergrunde die erhellten Fenſter eines Park- oder Gartenhauſes. In dieſem befand ſich ein kleiner Saal, der nur durch eine Glasthuͤr vom Parke getrennt war, und in dem Saale brannte ein helles Kaminfeuer; als ſie eingetreten, ruͤckte das Frauenzimmer einen Stuhl zum Feuer und forderte Heinrich auf, ſich auszuruhen. Ohne Verzug ſetzte er ſich und ſchaͤmte ſich noch eine Weile ſeines ſchlechten Ausſehens; die junge Dame ſchien das zu bemerken und ſtellte ſich voll Mitleid vor ihn hin, indem ſie ſagte: »Sagen ſie doch, Herr — wie heißen Sie denn?«
»Heinrich Lee,« ſagte er.
»Herr Lee, geht es denn Ihnen ganz ſchlecht?
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0316"n="306"/>
er noch vermochte, neben ihr hin marſchirte, ſich<lb/>
einzig nach einer Ruheſtelle und etwas Waͤrme<lb/>ſehnend, indeſſen der Kuͤſter ganz verbluͤfft und<lb/>
mißtrauiſch hinter dem Paare her ging. Es hatte<lb/>
endlich ganz zu regnen aufgehoͤrt, der feſte Bo¬<lb/>
den unter den großen alten Baͤumen war faſt<lb/>
gaͤnzlich trocken und in das praͤchtige Dunkel, in<lb/>
in dem ſie jetzt gingen, leuchteten nur zwiſchen<lb/>
den Staͤmmen der feurige Abendſtreif und im<lb/>
Hintergrunde die erhellten Fenſter eines Park-<lb/>
oder Gartenhauſes. In dieſem befand ſich ein<lb/>
kleiner Saal, der nur durch eine Glasthuͤr vom<lb/>
Parke getrennt war, und in dem Saale brannte<lb/>
ein helles Kaminfeuer; als ſie eingetreten, ruͤckte<lb/>
das Frauenzimmer einen Stuhl zum Feuer und<lb/>
forderte Heinrich auf, ſich auszuruhen. Ohne<lb/>
Verzug ſetzte er ſich und ſchaͤmte ſich noch eine<lb/>
Weile ſeines ſchlechten Ausſehens; die junge<lb/>
Dame ſchien das zu bemerken und ſtellte ſich voll<lb/>
Mitleid vor ihn hin, indem ſie ſagte: »Sagen<lb/>ſie doch, Herr — wie heißen Sie denn?«<lb/></p><p>»Heinrich Lee,« ſagte er.<lb/></p><p>»Herr Lee, geht es denn Ihnen ganz ſchlecht?<lb/></p></div></body></text></TEI>
[306/0316]
er noch vermochte, neben ihr hin marſchirte, ſich
einzig nach einer Ruheſtelle und etwas Waͤrme
ſehnend, indeſſen der Kuͤſter ganz verbluͤfft und
mißtrauiſch hinter dem Paare her ging. Es hatte
endlich ganz zu regnen aufgehoͤrt, der feſte Bo¬
den unter den großen alten Baͤumen war faſt
gaͤnzlich trocken und in das praͤchtige Dunkel, in
in dem ſie jetzt gingen, leuchteten nur zwiſchen
den Staͤmmen der feurige Abendſtreif und im
Hintergrunde die erhellten Fenſter eines Park-
oder Gartenhauſes. In dieſem befand ſich ein
kleiner Saal, der nur durch eine Glasthuͤr vom
Parke getrennt war, und in dem Saale brannte
ein helles Kaminfeuer; als ſie eingetreten, ruͤckte
das Frauenzimmer einen Stuhl zum Feuer und
forderte Heinrich auf, ſich auszuruhen. Ohne
Verzug ſetzte er ſich und ſchaͤmte ſich noch eine
Weile ſeines ſchlechten Ausſehens; die junge
Dame ſchien das zu bemerken und ſtellte ſich voll
Mitleid vor ihn hin, indem ſie ſagte: »Sagen
ſie doch, Herr — wie heißen Sie denn?«
»Heinrich Lee,« ſagte er.
»Herr Lee, geht es denn Ihnen ganz ſchlecht?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/316>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.