"Ach Gott! Sie müssen also nun auf so traurige Weise wieder in Ihre Heimath kehren?"
"O das hat gar nichts zu sagen," erwiederte Heinrich lachend, "ich bin bereits auf dem Wege wieder ganz munter geworden und habe es nun gut vor, wenn ich nur erst dort bin!"
"Kommen Sie nun jedenfalls mit mir, "sagte das Fräulein, "mein Papa ist den ganzen Tag weggewesen, und bis er nach Hause kommt, will ich es über mich nehmen und Ihnen ein vorläu¬ figes Unterkommen anbieten in meinem Garten¬ hause; ich bin versichert, daß er sich wohl Ihrer erinnert und Sie nicht fortlassen wird diese Nacht! Kommen Sie nur, gleich unter diesen Bäumen treibe ich so den ganzen Sommer und Herbst mein Wesen, und Ihr, Küster, folgt uns als dienstbare Begleitung zur Strafe, daß Ihr diesen Herrn so ungastlich behandelt!"
Heinrich war zu schwach, als daß er sich hätte bedenken können, ob er der Einladung Folge leisten wolle oder nicht; auch machte dieselbe einen so herzlichen und unbefangenen Eindruck auf ihn, daß er der Schönen gern folgte und, so rasch
IV. 20
»Ach Gott! Sie muͤſſen alſo nun auf ſo traurige Weiſe wieder in Ihre Heimath kehren?«
»O das hat gar nichts zu ſagen,« erwiederte Heinrich lachend, »ich bin bereits auf dem Wege wieder ganz munter geworden und habe es nun gut vor, wenn ich nur erſt dort bin!«
»Kommen Sie nun jedenfalls mit mir, »ſagte das Fraͤulein, »mein Papa iſt den ganzen Tag weggeweſen, und bis er nach Hauſe kommt, will ich es uͤber mich nehmen und Ihnen ein vorlaͤu¬ figes Unterkommen anbieten in meinem Garten¬ hauſe; ich bin verſichert, daß er ſich wohl Ihrer erinnert und Sie nicht fortlaſſen wird dieſe Nacht! Kommen Sie nur, gleich unter dieſen Baͤumen treibe ich ſo den ganzen Sommer und Herbſt mein Weſen, und Ihr, Kuͤſter, folgt uns als dienſtbare Begleitung zur Strafe, daß Ihr dieſen Herrn ſo ungaſtlich behandelt!«
Heinrich war zu ſchwach, als daß er ſich haͤtte bedenken koͤnnen, ob er der Einladung Folge leiſten wolle oder nicht; auch machte dieſelbe einen ſo herzlichen und unbefangenen Eindruck auf ihn, daß er der Schoͤnen gern folgte und, ſo raſch
IV. 20
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»Ach Gott! Sie muͤſſen alſo nun auf ſo traurige
Weiſe wieder in Ihre Heimath kehren?«
»O das hat gar nichts zu ſagen,« erwiederte
Heinrich lachend, »ich bin bereits auf dem Wege
wieder ganz munter geworden und habe es nun
gut vor, wenn ich nur erſt dort bin!«
»Kommen Sie nun jedenfalls mit mir, »ſagte
das Fraͤulein, »mein Papa iſt den ganzen Tag
weggeweſen, und bis er nach Hauſe kommt, will
ich es uͤber mich nehmen und Ihnen ein vorlaͤu¬
figes Unterkommen anbieten in meinem Garten¬
hauſe; ich bin verſichert, daß er ſich wohl Ihrer
erinnert und Sie nicht fortlaſſen wird dieſe Nacht!
Kommen Sie nur, gleich unter dieſen Baͤumen
treibe ich ſo den ganzen Sommer und Herbſt
mein Weſen, und Ihr, Kuͤſter, folgt uns als
dienſtbare Begleitung zur Strafe, daß Ihr dieſen
Herrn ſo ungaſtlich behandelt!«
Heinrich war zu ſchwach, als daß er ſich haͤtte
bedenken koͤnnen, ob er der Einladung Folge leiſten
wolle oder nicht; auch machte dieſelbe einen ſo
herzlichen und unbefangenen Eindruck auf ihn,
daß er der Schoͤnen gern folgte und, ſo raſch
IV. 20
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/315>, abgerufen am 25.11.2024.
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