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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Einzug als angehende Grazie begrüßt hatte!
Und wie wohlbestellt mußte dies Wesen im Ge¬
müthe sein, da es jene wahrhaft wohlgezogene
Höflichkeit des Herzens besaß, welche auch das
Gleichgültigste und Vorübergehendste nicht ver¬
gißt und jedem Menschenantlitz, so ihr einmal
begegnet ist, ein freundliches unverhohlenes Ge¬
dächtniß entgegen bringt! Diese höfliche und auf¬
merksame Gemüthsgegenwart erwärmte und be¬
lebte den Durchnäßten sichtlich und gab ihm
einen guten Muth zu sich selber, da ein so preis¬
werthes und zierbegabtes Gewächs seine Person
der Wiedererkennung würdigte.

"O sicher erinnere ich mich," sagte er erröthend,
"aber ich würde sie doch nicht wieder erkannt ha¬
ben; denn Sie sind so viel größer geworden!"

Bei diesen Worten erröthete sie auch ein weni¬
ges, aber sehr unverfänglich und nur insofern,
als sie fühlte, welch' einen rosigen Glanz die
Erwähnung der märzlich flimmernden und schim¬
mernden Mädchenflegeljahre über eine Großgewor¬
dene verbreitet, die man lange nicht gesehen. Dann
sagte sie aber mit herzlicher Bekümmerniß:

Einzug als angehende Grazie begruͤßt hatte!
Und wie wohlbeſtellt mußte dies Weſen im Ge¬
muͤthe ſein, da es jene wahrhaft wohlgezogene
Hoͤflichkeit des Herzens beſaß, welche auch das
Gleichguͤltigſte und Voruͤbergehendſte nicht ver¬
gißt und jedem Menſchenantlitz, ſo ihr einmal
begegnet iſt, ein freundliches unverhohlenes Ge¬
daͤchtniß entgegen bringt! Dieſe hoͤfliche und auf¬
merkſame Gemuͤthsgegenwart erwaͤrmte und be¬
lebte den Durchnaͤßten ſichtlich und gab ihm
einen guten Muth zu ſich ſelber, da ein ſo preis¬
werthes und zierbegabtes Gewaͤchs ſeine Perſon
der Wiedererkennung wuͤrdigte.

»O ſicher erinnere ich mich,« ſagte er erroͤthend,
»aber ich wuͤrde ſie doch nicht wieder erkannt ha¬
ben; denn Sie ſind ſo viel groͤßer geworden!«

Bei dieſen Worten erroͤthete ſie auch ein weni¬
ges, aber ſehr unverfaͤnglich und nur inſofern,
als ſie fuͤhlte, welch' einen roſigen Glanz die
Erwaͤhnung der maͤrzlich flimmernden und ſchim¬
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[304/0314] Einzug als angehende Grazie begruͤßt hatte! Und wie wohlbeſtellt mußte dies Weſen im Ge¬ muͤthe ſein, da es jene wahrhaft wohlgezogene Hoͤflichkeit des Herzens beſaß, welche auch das Gleichguͤltigſte und Voruͤbergehendſte nicht ver¬ gißt und jedem Menſchenantlitz, ſo ihr einmal begegnet iſt, ein freundliches unverhohlenes Ge¬ daͤchtniß entgegen bringt! Dieſe hoͤfliche und auf¬ merkſame Gemuͤthsgegenwart erwaͤrmte und be¬ lebte den Durchnaͤßten ſichtlich und gab ihm einen guten Muth zu ſich ſelber, da ein ſo preis¬ werthes und zierbegabtes Gewaͤchs ſeine Perſon der Wiedererkennung wuͤrdigte. »O ſicher erinnere ich mich,« ſagte er erroͤthend, »aber ich wuͤrde ſie doch nicht wieder erkannt ha¬ ben; denn Sie ſind ſo viel groͤßer geworden!« Bei dieſen Worten erroͤthete ſie auch ein weni¬ ges, aber ſehr unverfaͤnglich und nur inſofern, als ſie fuͤhlte, welch' einen roſigen Glanz die Erwaͤhnung der maͤrzlich flimmernden und ſchim¬ mernden Maͤdchenflegeljahre uͤber eine Großgewor¬ dene verbreitet, die man lange nicht geſehen. Dann ſagte ſie aber mit herzlicher Bekuͤmmerniß:

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/314>, abgerufen am 25.11.2024.