Blick dahängen. Sogleich kam es ihm, indem sein Auge auf andere stattliche Gegenstände hin¬ überstreifte, unerträglich vor in seiner bleichen Farblosigkeit. Als er aber in einen Nebensaal trat, hing da im besten Lichte der gleiche Gegen¬ stand, unübertrefflich gemalt mit wenigen sehr zweckmäßigen Abänderungen von jenem tüchtigen Meister, welcher seine Skizze kritisirt und die hübsche Kritik in die Tasche gesteckt hatte. Wie vom Donner gerührt betrachtete Heinrich das Bild und konnte nicht umhin, über das, was der Künstler daraus gemacht hatte, die größte Freude allmälig zu empfinden und sich sogar geschmeichelt zu fühlen. Uebrigens war das Bild schon mit einem Zettel versehen, welcher anzeigte, daß die Commission dasselbe bereits zu einem sehr erkleck¬ lichen Preise angekauft, noch ehe es ausgestellt gewesen, und Jedermann lobte den Kauf.
Heinrich's Bekannte, welche so schlecht und recht zum betriebsamen nicht ungeschickten Mittel¬ schlage gehörten, waren höchlich entrüstet über das Verfahren eines wohlversorgten und glück¬ lichen Meisters und nannten sein frisch und mun¬
Blick dahaͤngen. Sogleich kam es ihm, indem ſein Auge auf andere ſtattliche Gegenſtaͤnde hin¬ uͤberſtreifte, unertraͤglich vor in ſeiner bleichen Farbloſigkeit. Als er aber in einen Nebenſaal trat, hing da im beſten Lichte der gleiche Gegen¬ ſtand, unuͤbertrefflich gemalt mit wenigen ſehr zweckmaͤßigen Abaͤnderungen von jenem tuͤchtigen Meiſter, welcher ſeine Skizze kritiſirt und die huͤbſche Kritik in die Taſche geſteckt hatte. Wie vom Donner geruͤhrt betrachtete Heinrich das Bild und konnte nicht umhin, uͤber das, was der Kuͤnſtler daraus gemacht hatte, die groͤßte Freude allmaͤlig zu empfinden und ſich ſogar geſchmeichelt zu fuͤhlen. Uebrigens war das Bild ſchon mit einem Zettel verſehen, welcher anzeigte, daß die Commiſſion daſſelbe bereits zu einem ſehr erkleck¬ lichen Preiſe angekauft, noch ehe es ausgeſtellt geweſen, und Jedermann lobte den Kauf.
Heinrich's Bekannte, welche ſo ſchlecht und recht zum betriebſamen nicht ungeſchickten Mittel¬ ſchlage gehoͤrten, waren hoͤchlich entruͤſtet uͤber das Verfahren eines wohlverſorgten und gluͤck¬ lichen Meiſters und nannten ſein friſch und mun¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0142"n="132"/>
Blick dahaͤngen. Sogleich kam es ihm, indem<lb/>ſein Auge auf andere ſtattliche Gegenſtaͤnde hin¬<lb/>
uͤberſtreifte, unertraͤglich vor in ſeiner bleichen<lb/>
Farbloſigkeit. Als er aber in einen Nebenſaal<lb/>
trat, hing da im beſten Lichte der gleiche Gegen¬<lb/>ſtand, unuͤbertrefflich gemalt mit wenigen ſehr<lb/>
zweckmaͤßigen Abaͤnderungen von jenem tuͤchtigen<lb/>
Meiſter, welcher ſeine Skizze kritiſirt und die<lb/>
huͤbſche Kritik in die Taſche geſteckt hatte. Wie<lb/>
vom Donner geruͤhrt betrachtete Heinrich das<lb/>
Bild und konnte nicht umhin, uͤber das, was der<lb/>
Kuͤnſtler daraus gemacht hatte, die groͤßte Freude<lb/>
allmaͤlig zu empfinden und ſich ſogar geſchmeichelt<lb/>
zu fuͤhlen. Uebrigens war das Bild ſchon mit<lb/>
einem Zettel verſehen, welcher anzeigte, daß die<lb/>
Commiſſion daſſelbe bereits zu einem ſehr erkleck¬<lb/>
lichen Preiſe angekauft, noch ehe es ausgeſtellt<lb/>
geweſen, und Jedermann lobte den Kauf.</p><lb/><p>Heinrich's Bekannte, welche ſo ſchlecht und<lb/>
recht zum betriebſamen nicht ungeſchickten Mittel¬<lb/>ſchlage gehoͤrten, waren hoͤchlich entruͤſtet uͤber<lb/>
das Verfahren eines wohlverſorgten und gluͤck¬<lb/>
lichen Meiſters und nannten ſein friſch und mun¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[132/0142]
Blick dahaͤngen. Sogleich kam es ihm, indem
ſein Auge auf andere ſtattliche Gegenſtaͤnde hin¬
uͤberſtreifte, unertraͤglich vor in ſeiner bleichen
Farbloſigkeit. Als er aber in einen Nebenſaal
trat, hing da im beſten Lichte der gleiche Gegen¬
ſtand, unuͤbertrefflich gemalt mit wenigen ſehr
zweckmaͤßigen Abaͤnderungen von jenem tuͤchtigen
Meiſter, welcher ſeine Skizze kritiſirt und die
huͤbſche Kritik in die Taſche geſteckt hatte. Wie
vom Donner geruͤhrt betrachtete Heinrich das
Bild und konnte nicht umhin, uͤber das, was der
Kuͤnſtler daraus gemacht hatte, die groͤßte Freude
allmaͤlig zu empfinden und ſich ſogar geſchmeichelt
zu fuͤhlen. Uebrigens war das Bild ſchon mit
einem Zettel verſehen, welcher anzeigte, daß die
Commiſſion daſſelbe bereits zu einem ſehr erkleck¬
lichen Preiſe angekauft, noch ehe es ausgeſtellt
geweſen, und Jedermann lobte den Kauf.
Heinrich's Bekannte, welche ſo ſchlecht und
recht zum betriebſamen nicht ungeſchickten Mittel¬
ſchlage gehoͤrten, waren hoͤchlich entruͤſtet uͤber
das Verfahren eines wohlverſorgten und gluͤck¬
lichen Meiſters und nannten ſein friſch und mun¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/142>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.