machen, daraus entfernt waren. So stellte es nun durch seinen gesichteten Inhalt und daß magere scheinlose Machwerk den geübten geist¬ reichen Dilettantismus dar, obgleich es auf der Stube noch ziemlich respectabel aussah und von den Leuten, welche das ernstlich Angestrebte, aber nicht ganz Gelungene immer zärtlicher behandeln als das schlechtweg Gute, vergnüglich belobt wurde.
Er ließ es nun mit einem knappen hölzernen Rahmen versehen, um dem Bilde noch mehr ein ernstgemeintes und gelehrtes Ansehen zu geben, brachte es auf den Saal, wo wöchentlich die neue¬ sten Arbeiten ausgestellt wurden, gab schüchtern und verschämt die Anzeige der Verkäuflichkeit und den Preis ab, der ihn nun bis auf Weiteres ernähren sollte, und zog sich so eilig aus dem Hause zurück, als ob er etwas darin habe entwenden wollen.
Als der Sonntagmorgen kam, wo ein elegan¬ tes Publicum die Räume füllte, in welchem die neuen glänzenden Bilder hingen, ging Heinrich mit einigen Bekannten hin und sah sein Werk, weit weg an ihm vorübergehend, mit einem halben
9 *
machen, daraus entfernt waren. So ſtellte es nun durch ſeinen geſichteten Inhalt und daß magere ſcheinloſe Machwerk den geuͤbten geiſt¬ reichen Dilettantismus dar, obgleich es auf der Stube noch ziemlich reſpectabel ausſah und von den Leuten, welche das ernſtlich Angeſtrebte, aber nicht ganz Gelungene immer zaͤrtlicher behandeln als das ſchlechtweg Gute, vergnuͤglich belobt wurde.
Er ließ es nun mit einem knappen hoͤlzernen Rahmen verſehen, um dem Bilde noch mehr ein ernſtgemeintes und gelehrtes Anſehen zu geben, brachte es auf den Saal, wo woͤchentlich die neue¬ ſten Arbeiten ausgeſtellt wurden, gab ſchuͤchtern und verſchaͤmt die Anzeige der Verkaͤuflichkeit und den Preis ab, der ihn nun bis auf Weiteres ernaͤhren ſollte, und zog ſich ſo eilig aus dem Hauſe zuruͤck, als ob er etwas darin habe entwenden wollen.
Als der Sonntagmorgen kam, wo ein elegan¬ tes Publicum die Raͤume fuͤllte, in welchem die neuen glaͤnzenden Bilder hingen, ging Heinrich mit einigen Bekannten hin und ſah ſein Werk, weit weg an ihm voruͤbergehend, mit einem halben
9 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0141"n="131"/>
machen, daraus entfernt waren. So ſtellte es<lb/>
nun durch ſeinen geſichteten Inhalt und daß<lb/>
magere ſcheinloſe Machwerk den geuͤbten geiſt¬<lb/>
reichen Dilettantismus dar, obgleich es auf der<lb/>
Stube noch ziemlich reſpectabel ausſah und von<lb/>
den Leuten, welche das ernſtlich Angeſtrebte, aber<lb/>
nicht ganz Gelungene immer zaͤrtlicher behandeln<lb/>
als das ſchlechtweg Gute, vergnuͤglich belobt wurde.<lb/></p><p>Er ließ es nun mit einem knappen hoͤlzernen<lb/>
Rahmen verſehen, um dem Bilde noch mehr ein<lb/>
ernſtgemeintes und gelehrtes Anſehen zu geben,<lb/>
brachte es auf den Saal, wo woͤchentlich die neue¬<lb/>ſten Arbeiten ausgeſtellt wurden, gab ſchuͤchtern<lb/>
und verſchaͤmt die Anzeige der Verkaͤuflichkeit<lb/>
und den Preis ab, der ihn nun bis auf Weiteres<lb/>
ernaͤhren ſollte, und zog ſich ſo eilig aus dem Hauſe<lb/>
zuruͤck, als ob er etwas darin habe entwenden<lb/>
wollen.</p><lb/><p>Als der Sonntagmorgen kam, wo ein elegan¬<lb/>
tes Publicum die Raͤume fuͤllte, in welchem die<lb/>
neuen glaͤnzenden Bilder hingen, ging Heinrich<lb/>
mit einigen Bekannten hin und ſah ſein Werk,<lb/>
weit weg an ihm voruͤbergehend, mit einem halben<lb/><fwplace="bottom"type="sig">9 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[131/0141]
machen, daraus entfernt waren. So ſtellte es
nun durch ſeinen geſichteten Inhalt und daß
magere ſcheinloſe Machwerk den geuͤbten geiſt¬
reichen Dilettantismus dar, obgleich es auf der
Stube noch ziemlich reſpectabel ausſah und von
den Leuten, welche das ernſtlich Angeſtrebte, aber
nicht ganz Gelungene immer zaͤrtlicher behandeln
als das ſchlechtweg Gute, vergnuͤglich belobt wurde.
Er ließ es nun mit einem knappen hoͤlzernen
Rahmen verſehen, um dem Bilde noch mehr ein
ernſtgemeintes und gelehrtes Anſehen zu geben,
brachte es auf den Saal, wo woͤchentlich die neue¬
ſten Arbeiten ausgeſtellt wurden, gab ſchuͤchtern
und verſchaͤmt die Anzeige der Verkaͤuflichkeit
und den Preis ab, der ihn nun bis auf Weiteres
ernaͤhren ſollte, und zog ſich ſo eilig aus dem Hauſe
zuruͤck, als ob er etwas darin habe entwenden
wollen.
Als der Sonntagmorgen kam, wo ein elegan¬
tes Publicum die Raͤume fuͤllte, in welchem die
neuen glaͤnzenden Bilder hingen, ging Heinrich
mit einigen Bekannten hin und ſah ſein Werk,
weit weg an ihm voruͤbergehend, mit einem halben
9 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/141>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.