Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

und wiederholte dem Schulmeister ihre Anerbie¬
tungen zu jeglicher Hülfe und wenn es nothwen¬
dig würde, hinzukommen und Anna zu pflegen;
die Nachbaren steckten die Köpfe aus den Fen¬
stern und vermehrten mein angenehmes Selbstbe¬
wußtsein, als ich endlich mit meiner liebenswür¬
digen und anmuthigen Gesellschaft die enge Straße
entlang fuhr.

Es glänzte ein sonniger Herbstnachmittag auf
dem Lande. Wir fuhren durch Dörfer und Fel¬
der, sahen die Gehölze und Anhöhen im zarten
Dufte liegen, hörten die Jägerhörnchen in der
Ferne, begegneten überall zahlreichem Fuhrwerke,
welches den Herbstsegen einbrachte; hier machten
die Leute die Gefäße zur Weinlese zurecht, und
bauten große Kufen, dort standen sie reihenweise
auf den Aeckern und gruben Kartoffeln aus, an¬
derswo wieder pflügten sie die Erde um und die
ganze Familie war dabei versammelt, von der
Herbstsonne hinausgelockt; überall war es leben¬
dig und zufrieden bewegt. Die Luft war so mild,
daß Anna ihren grünen Schleier zurückschlug
und ihr liebliches Gesicht zeigte. Wir vergaßen

und wiederholte dem Schulmeiſter ihre Anerbie¬
tungen zu jeglicher Huͤlfe und wenn es nothwen¬
dig wuͤrde, hinzukommen und Anna zu pflegen;
die Nachbaren ſteckten die Koͤpfe aus den Fen¬
ſtern und vermehrten mein angenehmes Selbſtbe¬
wußtſein, als ich endlich mit meiner liebenswuͤr¬
digen und anmuthigen Geſellſchaft die enge Straße
entlang fuhr.

Es glaͤnzte ein ſonniger Herbſtnachmittag auf
dem Lande. Wir fuhren durch Doͤrfer und Fel¬
der, ſahen die Gehoͤlze und Anhoͤhen im zarten
Dufte liegen, hoͤrten die Jaͤgerhoͤrnchen in der
Ferne, begegneten uͤberall zahlreichem Fuhrwerke,
welches den Herbſtſegen einbrachte; hier machten
die Leute die Gefaͤße zur Weinleſe zurecht, und
bauten große Kufen, dort ſtanden ſie reihenweiſe
auf den Aeckern und gruben Kartoffeln aus, an¬
derswo wieder pfluͤgten ſie die Erde um und die
ganze Familie war dabei verſammelt, von der
Herbſtſonne hinausgelockt; uͤberall war es leben¬
dig und zufrieden bewegt. Die Luft war ſo mild,
daß Anna ihren gruͤnen Schleier zuruͤckſchlug
und ihr liebliches Geſicht zeigte. Wir vergaßen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0060" n="50"/>
und wiederholte dem Schulmei&#x017F;ter ihre Anerbie¬<lb/>
tungen zu jeglicher Hu&#x0364;lfe und wenn es nothwen¬<lb/>
dig wu&#x0364;rde, hinzukommen und Anna zu pflegen;<lb/>
die Nachbaren &#x017F;teckten die Ko&#x0364;pfe aus den Fen¬<lb/>
&#x017F;tern und vermehrten mein angenehmes Selb&#x017F;tbe¬<lb/>
wußt&#x017F;ein, als ich endlich mit meiner liebenswu&#x0364;<lb/>
digen und anmuthigen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft die enge Straße<lb/>
entlang fuhr.</p><lb/>
        <p>Es gla&#x0364;nzte ein &#x017F;onniger Herb&#x017F;tnachmittag auf<lb/>
dem Lande. Wir fuhren durch Do&#x0364;rfer und Fel¬<lb/>
der, &#x017F;ahen die Geho&#x0364;lze und Anho&#x0364;hen im zarten<lb/>
Dufte liegen, ho&#x0364;rten die Ja&#x0364;gerho&#x0364;rnchen in der<lb/>
Ferne, begegneten u&#x0364;berall zahlreichem Fuhrwerke,<lb/>
welches den Herb&#x017F;t&#x017F;egen einbrachte; hier machten<lb/>
die Leute die Gefa&#x0364;ße zur Weinle&#x017F;e zurecht, und<lb/>
bauten große Kufen, dort &#x017F;tanden &#x017F;ie reihenwei&#x017F;e<lb/>
auf den Aeckern und gruben Kartoffeln aus, an¬<lb/>
derswo wieder pflu&#x0364;gten &#x017F;ie die Erde um und die<lb/>
ganze Familie war dabei ver&#x017F;ammelt, von der<lb/>
Herb&#x017F;t&#x017F;onne hinausgelockt; u&#x0364;berall war es leben¬<lb/>
dig und zufrieden bewegt. Die Luft war &#x017F;o mild,<lb/>
daß Anna ihren gru&#x0364;nen Schleier zuru&#x0364;ck&#x017F;chlug<lb/>
und ihr liebliches Ge&#x017F;icht zeigte. Wir vergaßen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0060] und wiederholte dem Schulmeiſter ihre Anerbie¬ tungen zu jeglicher Huͤlfe und wenn es nothwen¬ dig wuͤrde, hinzukommen und Anna zu pflegen; die Nachbaren ſteckten die Koͤpfe aus den Fen¬ ſtern und vermehrten mein angenehmes Selbſtbe¬ wußtſein, als ich endlich mit meiner liebenswuͤr¬ digen und anmuthigen Geſellſchaft die enge Straße entlang fuhr. Es glaͤnzte ein ſonniger Herbſtnachmittag auf dem Lande. Wir fuhren durch Doͤrfer und Fel¬ der, ſahen die Gehoͤlze und Anhoͤhen im zarten Dufte liegen, hoͤrten die Jaͤgerhoͤrnchen in der Ferne, begegneten uͤberall zahlreichem Fuhrwerke, welches den Herbſtſegen einbrachte; hier machten die Leute die Gefaͤße zur Weinleſe zurecht, und bauten große Kufen, dort ſtanden ſie reihenweiſe auf den Aeckern und gruben Kartoffeln aus, an¬ derswo wieder pfluͤgten ſie die Erde um und die ganze Familie war dabei verſammelt, von der Herbſtſonne hinausgelockt; uͤberall war es leben¬ dig und zufrieden bewegt. Die Luft war ſo mild, daß Anna ihren gruͤnen Schleier zuruͤckſchlug und ihr liebliches Geſicht zeigte. Wir vergaßen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/60
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/60>, abgerufen am 23.11.2024.