man durch die offenen Glasthüren aus und ein ging. Ueberall blühten Hyacinthen und Tulpen, und das Treibhaus, welches im schönsten Flore stand, war zwischen seinen grünen Gebüschen mit gedeckten Tischchen versehen. Einige Musiker waren bestellt und man tanzte in dem Saale, jedoch ohne Hast und ohne Ceremonien, sondern behaglich und abwechselnd. Es war anmuthig zu sehen, wie ein Theil der Gesellschaft zierlich und fröhlich tanzte, während ein anderer Theil sich in Spielen und Erfindungen erging in Haus und Garten, indessen ein dritter sich im traulichen Zimmer in weitem Ringe um den runden Tisch reihte und die Champagnergläser hob. Die Wir¬ thin war so unermüdlich und liebenswürdig, daß der Fremdeste sich bald zu Hause fühlte. Jedem wußte sie durch einen einzigen Blick, durch ein Wort oder eine Frage dies Gefühl zu geben, und diejenigen jungen Leute, welche aus dürftiger Dachkammer herabgestiegen, nur durch ihr Fa¬ schingsgewand in diese Räume der Wohlhaben¬ heit und Zierlichkeit geführt und wenig an die Gebräuche der sogenannten guten Gesellschaft ge¬
man durch die offenen Glasthuͤren aus und ein ging. Ueberall bluͤhten Hyacinthen und Tulpen, und das Treibhaus, welches im ſchoͤnſten Flore ſtand, war zwiſchen ſeinen gruͤnen Gebuͤſchen mit gedeckten Tiſchchen verſehen. Einige Muſiker waren beſtellt und man tanzte in dem Saale, jedoch ohne Haſt und ohne Ceremonien, ſondern behaglich und abwechſelnd. Es war anmuthig zu ſehen, wie ein Theil der Geſellſchaft zierlich und froͤhlich tanzte, waͤhrend ein anderer Theil ſich in Spielen und Erfindungen erging in Haus und Garten, indeſſen ein dritter ſich im traulichen Zimmer in weitem Ringe um den runden Tiſch reihte und die Champagnerglaͤſer hob. Die Wir¬ thin war ſo unermuͤdlich und liebenswuͤrdig, daß der Fremdeſte ſich bald zu Hauſe fuͤhlte. Jedem wußte ſie durch einen einzigen Blick, durch ein Wort oder eine Frage dies Gefuͤhl zu geben, und diejenigen jungen Leute, welche aus duͤrftiger Dachkammer herabgeſtiegen, nur durch ihr Fa¬ ſchingsgewand in dieſe Raͤume der Wohlhaben¬ heit und Zierlichkeit gefuͤhrt und wenig an die Gebraͤuche der ſogenannten guten Geſellſchaft ge¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0328"n="318"/>
man durch die offenen Glasthuͤren aus und ein<lb/>
ging. Ueberall bluͤhten Hyacinthen und Tulpen,<lb/>
und das Treibhaus, welches im ſchoͤnſten Flore<lb/>ſtand, war zwiſchen ſeinen gruͤnen Gebuͤſchen<lb/>
mit gedeckten Tiſchchen verſehen. Einige Muſiker<lb/>
waren beſtellt und man tanzte in dem Saale,<lb/>
jedoch ohne Haſt und ohne Ceremonien, ſondern<lb/>
behaglich und abwechſelnd. Es war anmuthig zu<lb/>ſehen, wie ein Theil der Geſellſchaft zierlich und<lb/>
froͤhlich tanzte, waͤhrend ein anderer Theil ſich<lb/>
in Spielen und Erfindungen erging in Haus und<lb/>
Garten, indeſſen ein dritter ſich im traulichen<lb/>
Zimmer in weitem Ringe um den runden Tiſch<lb/>
reihte und die Champagnerglaͤſer hob. Die Wir¬<lb/>
thin war ſo unermuͤdlich und liebenswuͤrdig, daß<lb/>
der Fremdeſte ſich bald zu Hauſe fuͤhlte. Jedem<lb/>
wußte ſie durch einen einzigen Blick, durch ein<lb/>
Wort oder eine Frage dies Gefuͤhl zu geben, und<lb/>
diejenigen jungen Leute, welche aus duͤrftiger<lb/>
Dachkammer herabgeſtiegen, nur durch ihr Fa¬<lb/>ſchingsgewand in dieſe Raͤume der Wohlhaben¬<lb/>
heit und Zierlichkeit gefuͤhrt und wenig an die<lb/>
Gebraͤuche der ſogenannten guten Geſellſchaft ge¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[318/0328]
man durch die offenen Glasthuͤren aus und ein
ging. Ueberall bluͤhten Hyacinthen und Tulpen,
und das Treibhaus, welches im ſchoͤnſten Flore
ſtand, war zwiſchen ſeinen gruͤnen Gebuͤſchen
mit gedeckten Tiſchchen verſehen. Einige Muſiker
waren beſtellt und man tanzte in dem Saale,
jedoch ohne Haſt und ohne Ceremonien, ſondern
behaglich und abwechſelnd. Es war anmuthig zu
ſehen, wie ein Theil der Geſellſchaft zierlich und
froͤhlich tanzte, waͤhrend ein anderer Theil ſich
in Spielen und Erfindungen erging in Haus und
Garten, indeſſen ein dritter ſich im traulichen
Zimmer in weitem Ringe um den runden Tiſch
reihte und die Champagnerglaͤſer hob. Die Wir¬
thin war ſo unermuͤdlich und liebenswuͤrdig, daß
der Fremdeſte ſich bald zu Hauſe fuͤhlte. Jedem
wußte ſie durch einen einzigen Blick, durch ein
Wort oder eine Frage dies Gefuͤhl zu geben, und
diejenigen jungen Leute, welche aus duͤrftiger
Dachkammer herabgeſtiegen, nur durch ihr Fa¬
ſchingsgewand in dieſe Raͤume der Wohlhaben¬
heit und Zierlichkeit gefuͤhrt und wenig an die
Gebraͤuche der ſogenannten guten Geſellſchaft ge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 3. Braunschweig, 1854, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich03_1854/328>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.