daß er seine Neigung einer feineren Thätigkeit zuwendet, zu welcher Talente und ein höherer Schwung erforderlich sind: allein diese Neigung muß auf eine solide und vernünftige Bahn ge¬ lenkt werden. Nun ist Euch, wertheste Frau und Freundin, die Art meines unbedeutenden Geschäf¬ tes bekannt; ich fabrizire bunte Stoffe, und wenn ich einen leidlichen Verdienst erzwecke, so geschieht es hauptsächlich dadurch, daß ich mit Aufmerk¬ samkeit und Raschheit allezeit die neuesten und gangbarsten Dessins zu bringen und selbst den herrschenden Geschmack durch ganz Neues und Originelles zu überbieten suche. Hierzu sind eigene Zeichner vorhanden, deren Aufgabe es ist, lediglich neue Dessins zu erfinden und, in der be¬ haglichen Stube sitzend, nach Herzenslust Blu¬ men, Sterne und Linien durcheinander zu werfen. In meiner bescheidenen Anstalt habe ich drei sol¬ cher Leute, die gerade keine großen Kirchenlichter sind, denen ich aber ein lästerliches Geld bezahlen und sie obenhinein noch sehr glimpflich behandeln muß. Sie sind, obgleich sie ganz geschickt den Gang des Geschäftes begreifen und verfolgen,
daß er ſeine Neigung einer feineren Thaͤtigkeit zuwendet, zu welcher Talente und ein hoͤherer Schwung erforderlich ſind: allein dieſe Neigung muß auf eine ſolide und vernuͤnftige Bahn ge¬ lenkt werden. Nun iſt Euch, wertheſte Frau und Freundin, die Art meines unbedeutenden Geſchaͤf¬ tes bekannt; ich fabrizire bunte Stoffe, und wenn ich einen leidlichen Verdienſt erzwecke, ſo geſchieht es hauptſaͤchlich dadurch, daß ich mit Aufmerk¬ ſamkeit und Raſchheit allezeit die neueſten und gangbarſten Deſſins zu bringen und ſelbſt den herrſchenden Geſchmack durch ganz Neues und Originelles zu uͤberbieten ſuche. Hierzu ſind eigene Zeichner vorhanden, deren Aufgabe es iſt, lediglich neue Deſſins zu erfinden und, in der be¬ haglichen Stube ſitzend, nach Herzensluſt Blu¬ men, Sterne und Linien durcheinander zu werfen. In meiner beſcheidenen Anſtalt habe ich drei ſol¬ cher Leute, die gerade keine großen Kirchenlichter ſind, denen ich aber ein laͤſterliches Geld bezahlen und ſie obenhinein noch ſehr glimpflich behandeln muß. Sie ſind, obgleich ſie ganz geſchickt den Gang des Geſchaͤftes begreifen und verfolgen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="84"/>
daß er ſeine Neigung einer feineren Thaͤtigkeit<lb/>
zuwendet, zu welcher Talente und ein hoͤherer<lb/>
Schwung erforderlich ſind: allein dieſe Neigung<lb/>
muß auf eine ſolide und vernuͤnftige Bahn ge¬<lb/>
lenkt werden. Nun iſt Euch, wertheſte Frau und<lb/>
Freundin, die Art meines unbedeutenden Geſchaͤf¬<lb/>
tes bekannt; ich fabrizire bunte Stoffe, und wenn<lb/>
ich einen leidlichen Verdienſt erzwecke, ſo geſchieht<lb/>
es hauptſaͤchlich dadurch, daß ich mit Aufmerk¬<lb/>ſamkeit und Raſchheit allezeit die neueſten und<lb/>
gangbarſten Deſſins zu bringen und ſelbſt den<lb/>
herrſchenden Geſchmack durch ganz Neues und<lb/>
Originelles zu uͤberbieten ſuche. Hierzu ſind<lb/>
eigene Zeichner vorhanden, deren Aufgabe es iſt,<lb/>
lediglich neue Deſſins zu erfinden und, in der be¬<lb/>
haglichen Stube ſitzend, nach Herzensluſt Blu¬<lb/>
men, Sterne und Linien durcheinander zu werfen.<lb/>
In meiner beſcheidenen Anſtalt habe ich drei ſol¬<lb/>
cher Leute, die gerade keine großen Kirchenlichter<lb/>ſind, denen ich aber ein laͤſterliches Geld bezahlen<lb/>
und ſie obenhinein noch ſehr glimpflich behandeln<lb/>
muß. Sie ſind, obgleich ſie ganz geſchickt den<lb/>
Gang des Geſchaͤftes begreifen und verfolgen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[84/0094]
daß er ſeine Neigung einer feineren Thaͤtigkeit
zuwendet, zu welcher Talente und ein hoͤherer
Schwung erforderlich ſind: allein dieſe Neigung
muß auf eine ſolide und vernuͤnftige Bahn ge¬
lenkt werden. Nun iſt Euch, wertheſte Frau und
Freundin, die Art meines unbedeutenden Geſchaͤf¬
tes bekannt; ich fabrizire bunte Stoffe, und wenn
ich einen leidlichen Verdienſt erzwecke, ſo geſchieht
es hauptſaͤchlich dadurch, daß ich mit Aufmerk¬
ſamkeit und Raſchheit allezeit die neueſten und
gangbarſten Deſſins zu bringen und ſelbſt den
herrſchenden Geſchmack durch ganz Neues und
Originelles zu uͤberbieten ſuche. Hierzu ſind
eigene Zeichner vorhanden, deren Aufgabe es iſt,
lediglich neue Deſſins zu erfinden und, in der be¬
haglichen Stube ſitzend, nach Herzensluſt Blu¬
men, Sterne und Linien durcheinander zu werfen.
In meiner beſcheidenen Anſtalt habe ich drei ſol¬
cher Leute, die gerade keine großen Kirchenlichter
ſind, denen ich aber ein laͤſterliches Geld bezahlen
und ſie obenhinein noch ſehr glimpflich behandeln
muß. Sie ſind, obgleich ſie ganz geſchickt den
Gang des Geſchaͤftes begreifen und verfolgen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/94>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.