Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

zum Stechen, sondern zum Selbstentwerfen der
Landkarten bringen könne, indem ich meine Zeit
wohl anwende zur Erwerbung der nöthigen
Kenntnisse. Dies wäre dann ein feiner, ehren¬
voller und zugleich ein nützlicher und in das
große Leben passender Beruf.

Mit vermehrten Sorgen und Zweifeln ge¬
langte meine Mutter zum zweiten Gönner und
auch einem Freunde ihres Mannes. Derselbe
war ein Fabrikant von farbigen und bedruckten
Tüchern, welcher sein ursprünglich geringes Ge¬
schäft nach und nach erweitert hatte und sich
eines wachsenden Wohlstandes erfreute. Er er¬
wiederte den Bericht meiner Mutter folgender
Maßen:

"Dieses Ereigniß, daß der junge Heinrich,
der Sohn unseres unvergeßlichen Freundes, sich
für eine künstlerische Laufbahn erklärt und die
Nachricht, daß er schon lange sich vorzugsweise
mit Stift und Farben beschäftigt, kommt sehr
erfreulich einer Idee entgegen, die ich schon einige
Zeit in Bezug auf den Knaben hege. Es ent¬
spricht ganz dem Geiste seines wackern Vaters,

6 *

zum Stechen, ſondern zum Selbſtentwerfen der
Landkarten bringen koͤnne, indem ich meine Zeit
wohl anwende zur Erwerbung der noͤthigen
Kenntniſſe. Dies waͤre dann ein feiner, ehren¬
voller und zugleich ein nuͤtzlicher und in das
große Leben paſſender Beruf.

Mit vermehrten Sorgen und Zweifeln ge¬
langte meine Mutter zum zweiten Goͤnner und
auch einem Freunde ihres Mannes. Derſelbe
war ein Fabrikant von farbigen und bedruckten
Tuͤchern, welcher ſein urſpruͤnglich geringes Ge¬
ſchaͤft nach und nach erweitert hatte und ſich
eines wachſenden Wohlſtandes erfreute. Er er¬
wiederte den Bericht meiner Mutter folgender
Maßen:

»Dieſes Ereigniß, daß der junge Heinrich,
der Sohn unſeres unvergeßlichen Freundes, ſich
fuͤr eine kuͤnſtleriſche Laufbahn erklaͤrt und die
Nachricht, daß er ſchon lange ſich vorzugsweiſe
mit Stift und Farben beſchaͤftigt, kommt ſehr
erfreulich einer Idee entgegen, die ich ſchon einige
Zeit in Bezug auf den Knaben hege. Es ent¬
ſpricht ganz dem Geiſte ſeines wackern Vaters,

6 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0093" n="83"/>
zum Stechen, &#x017F;ondern zum Selb&#x017F;tentwerfen der<lb/>
Landkarten bringen ko&#x0364;nne, indem ich meine Zeit<lb/>
wohl anwende zur Erwerbung der no&#x0364;thigen<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e. Dies wa&#x0364;re dann ein feiner, ehren¬<lb/>
voller und zugleich ein nu&#x0364;tzlicher und in das<lb/>
große Leben pa&#x017F;&#x017F;ender Beruf.</p><lb/>
        <p>Mit vermehrten Sorgen und Zweifeln ge¬<lb/>
langte meine Mutter zum zweiten Go&#x0364;nner und<lb/>
auch einem Freunde ihres Mannes. Der&#x017F;elbe<lb/>
war ein Fabrikant von farbigen und bedruckten<lb/>
Tu&#x0364;chern, welcher &#x017F;ein ur&#x017F;pru&#x0364;nglich geringes Ge¬<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ft nach und nach erweitert hatte und &#x017F;ich<lb/>
eines wach&#x017F;enden Wohl&#x017F;tandes erfreute. Er er¬<lb/>
wiederte den Bericht meiner Mutter folgender<lb/>
Maßen:</p><lb/>
        <p>»Die&#x017F;es Ereigniß, daß der junge Heinrich,<lb/>
der Sohn un&#x017F;eres unvergeßlichen Freundes, &#x017F;ich<lb/>
fu&#x0364;r eine ku&#x0364;n&#x017F;tleri&#x017F;che Laufbahn erkla&#x0364;rt und die<lb/>
Nachricht, daß er &#x017F;chon lange &#x017F;ich vorzugswei&#x017F;e<lb/>
mit Stift und Farben be&#x017F;cha&#x0364;ftigt, kommt &#x017F;ehr<lb/>
erfreulich einer Idee entgegen, die ich &#x017F;chon einige<lb/>
Zeit in Bezug auf den Knaben hege. Es ent¬<lb/>
&#x017F;pricht ganz dem Gei&#x017F;te &#x017F;eines wackern Vaters,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">6 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0093] zum Stechen, ſondern zum Selbſtentwerfen der Landkarten bringen koͤnne, indem ich meine Zeit wohl anwende zur Erwerbung der noͤthigen Kenntniſſe. Dies waͤre dann ein feiner, ehren¬ voller und zugleich ein nuͤtzlicher und in das große Leben paſſender Beruf. Mit vermehrten Sorgen und Zweifeln ge¬ langte meine Mutter zum zweiten Goͤnner und auch einem Freunde ihres Mannes. Derſelbe war ein Fabrikant von farbigen und bedruckten Tuͤchern, welcher ſein urſpruͤnglich geringes Ge¬ ſchaͤft nach und nach erweitert hatte und ſich eines wachſenden Wohlſtandes erfreute. Er er¬ wiederte den Bericht meiner Mutter folgender Maßen: »Dieſes Ereigniß, daß der junge Heinrich, der Sohn unſeres unvergeßlichen Freundes, ſich fuͤr eine kuͤnſtleriſche Laufbahn erklaͤrt und die Nachricht, daß er ſchon lange ſich vorzugsweiſe mit Stift und Farben beſchaͤftigt, kommt ſehr erfreulich einer Idee entgegen, die ich ſchon einige Zeit in Bezug auf den Knaben hege. Es ent¬ ſpricht ganz dem Geiſte ſeines wackern Vaters, 6 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/93
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/93>, abgerufen am 24.11.2024.