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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854.

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putzt hat, ehe er von einer Reise zurückkommt
und bald Alles in die alte tolle Verwirrung ver¬
setzt. Bescheiden und abgemessen nahm das zart¬
grüne Laubwerk seinen Platz und ließ kaum
ahnen, welche Gewalt und Herrlichkeit in ihm
harrte. Die Blättchen saßen symmetrisch und zier¬
lich an den Zweigen, zählbar, ein wenig steif,
wie von der Putzmacherin angeordnet, die Ein¬
kerbungen und Fältchen noch höchst exact und
sauber, wie in Papier geschnitten und gepreßt,
die Stiele und Zweigelchen röthlich lackirt, Alles
äußerst aufgedonnert. Frohe Lüfte wehten, am
Himmel kräuselten sich glänzende Wolken, es
kräuselte sich das junge Gras an den Rainen,
die Wolle auf dem Rücken der Lämmer, überall
bewegte es sich leise muthwillig, die losen Flocken
im Genicke der jungen Mädchen kräuselten sich,
wenn sie in der Frühlingsluft gingen, es kräu¬
selte sich in meinem Herzen. Ich lief über alle
Höhen und blies an einsamen, schön gelegenen
Stellen stundenlang auf einer alten großen Flöte,
welche ich seit einem Jahre besaß. Nachdem ich
die ersten Griffe einem musikalischen Schuhmacher¬

putzt hat, ehe er von einer Reiſe zuruͤckkommt
und bald Alles in die alte tolle Verwirrung ver¬
ſetzt. Beſcheiden und abgemeſſen nahm das zart¬
gruͤne Laubwerk ſeinen Platz und ließ kaum
ahnen, welche Gewalt und Herrlichkeit in ihm
harrte. Die Blaͤttchen ſaßen ſymmetriſch und zier¬
lich an den Zweigen, zaͤhlbar, ein wenig ſteif,
wie von der Putzmacherin angeordnet, die Ein¬
kerbungen und Faͤltchen noch hoͤchſt exact und
ſauber, wie in Papier geſchnitten und gepreßt,
die Stiele und Zweigelchen roͤthlich lackirt, Alles
aͤußerſt aufgedonnert. Frohe Luͤfte wehten, am
Himmel kraͤuſelten ſich glaͤnzende Wolken, es
kraͤuſelte ſich das junge Gras an den Rainen,
die Wolle auf dem Ruͤcken der Laͤmmer, uͤberall
bewegte es ſich leiſe muthwillig, die loſen Flocken
im Genicke der jungen Maͤdchen kraͤuſelten ſich,
wenn ſie in der Fruͤhlingsluft gingen, es kraͤu¬
ſelte ſich in meinem Herzen. Ich lief uͤber alle
Hoͤhen und blies an einſamen, ſchoͤn gelegenen
Stellen ſtundenlang auf einer alten großen Floͤte,
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[216/0226] putzt hat, ehe er von einer Reiſe zuruͤckkommt und bald Alles in die alte tolle Verwirrung ver¬ ſetzt. Beſcheiden und abgemeſſen nahm das zart¬ gruͤne Laubwerk ſeinen Platz und ließ kaum ahnen, welche Gewalt und Herrlichkeit in ihm harrte. Die Blaͤttchen ſaßen ſymmetriſch und zier¬ lich an den Zweigen, zaͤhlbar, ein wenig ſteif, wie von der Putzmacherin angeordnet, die Ein¬ kerbungen und Faͤltchen noch hoͤchſt exact und ſauber, wie in Papier geſchnitten und gepreßt, die Stiele und Zweigelchen roͤthlich lackirt, Alles aͤußerſt aufgedonnert. Frohe Luͤfte wehten, am Himmel kraͤuſelten ſich glaͤnzende Wolken, es kraͤuſelte ſich das junge Gras an den Rainen, die Wolle auf dem Ruͤcken der Laͤmmer, uͤberall bewegte es ſich leiſe muthwillig, die loſen Flocken im Genicke der jungen Maͤdchen kraͤuſelten ſich, wenn ſie in der Fruͤhlingsluft gingen, es kraͤu¬ ſelte ſich in meinem Herzen. Ich lief uͤber alle Hoͤhen und blies an einſamen, ſchoͤn gelegenen Stellen ſtundenlang auf einer alten großen Floͤte, welche ich ſeit einem Jahre beſaß. Nachdem ich die erſten Griffe einem muſikaliſchen Schuhmacher¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 2. Braunschweig, 1854, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich02_1854/226>, abgerufen am 24.11.2024.