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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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jede Reibung. Aber der Streit war unentschieden
geblieben und unsere Feindschaft dauerte fort, ja
sie nahm zu an innerer Kraft, während wir uns
in den Jahren, die vergingen, nur selten sahen.
Jedes Mal aber reichte hin, den begrabenen Haß
aufs Neue zu wecken. Wenn ich ihn sah, so
war mir seine Erscheinung, abgesehen von der
Ursache unserer Entzweiung, an sich selbst uner¬
träglich, vertilgungswürdig; ich empfand keine
Spur von der milden Wehmuth, welche sich sonst
beim Anblicke eines verfeindeten Freundes mit
dem Unwillen vermischt, ich fühlte den reinen
Haß und daß, wie sonst Jugendfreunde für das
ganze Leben, auch bei getrennten Verhältnissen,
eine Zuneigung bewahren, dieser im gleichen Sinne
der Dauer mein Jugendfeind sein würde. Ganz
die gleichen Empfindungen mochte er bei meinem
Anblicke erfahren, wozu noch der Umstand kam,
daß die engere Veranlassung unserer Feindschaft,
die Geschichte des Schuldbuches, für ihn an sich
selbst unvergeßlich sein mußte. Er war unter¬
dessen in ein Komtoir getreten, hatte seine eigen¬
thümlichen Fähigkeiten fort und fort ausgebildet,

jede Reibung. Aber der Streit war unentſchieden
geblieben und unſere Feindſchaft dauerte fort, ja
ſie nahm zu an innerer Kraft, waͤhrend wir uns
in den Jahren, die vergingen, nur ſelten ſahen.
Jedes Mal aber reichte hin, den begrabenen Haß
aufs Neue zu wecken. Wenn ich ihn ſah, ſo
war mir ſeine Erſcheinung, abgeſehen von der
Urſache unſerer Entzweiung, an ſich ſelbſt uner¬
traͤglich, vertilgungswuͤrdig; ich empfand keine
Spur von der milden Wehmuth, welche ſich ſonſt
beim Anblicke eines verfeindeten Freundes mit
dem Unwillen vermiſcht, ich fuͤhlte den reinen
Haß und daß, wie ſonſt Jugendfreunde fuͤr das
ganze Leben, auch bei getrennten Verhaͤltniſſen,
eine Zuneigung bewahren, dieſer im gleichen Sinne
der Dauer mein Jugendfeind ſein wuͤrde. Ganz
die gleichen Empfindungen mochte er bei meinem
Anblicke erfahren, wozu noch der Umſtand kam,
daß die engere Veranlaſſung unſerer Feindſchaft,
die Geſchichte des Schuldbuches, fuͤr ihn an ſich
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[349/0363] jede Reibung. Aber der Streit war unentſchieden geblieben und unſere Feindſchaft dauerte fort, ja ſie nahm zu an innerer Kraft, waͤhrend wir uns in den Jahren, die vergingen, nur ſelten ſahen. Jedes Mal aber reichte hin, den begrabenen Haß aufs Neue zu wecken. Wenn ich ihn ſah, ſo war mir ſeine Erſcheinung, abgeſehen von der Urſache unſerer Entzweiung, an ſich ſelbſt uner¬ traͤglich, vertilgungswuͤrdig; ich empfand keine Spur von der milden Wehmuth, welche ſich ſonſt beim Anblicke eines verfeindeten Freundes mit dem Unwillen vermiſcht, ich fuͤhlte den reinen Haß und daß, wie ſonſt Jugendfreunde fuͤr das ganze Leben, auch bei getrennten Verhaͤltniſſen, eine Zuneigung bewahren, dieſer im gleichen Sinne der Dauer mein Jugendfeind ſein wuͤrde. Ganz die gleichen Empfindungen mochte er bei meinem Anblicke erfahren, wozu noch der Umſtand kam, daß die engere Veranlaſſung unſerer Feindſchaft, die Geſchichte des Schuldbuches, fuͤr ihn an ſich ſelbſt unvergeßlich ſein mußte. Er war unter¬ deſſen in ein Komtoir getreten, hatte ſeine eigen¬ thuͤmlichen Faͤhigkeiten fort und fort ausgebildet,

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/363>, abgerufen am 22.11.2024.