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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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ihnen trat Heinrich nach einander ein und sagte
sein Lebewohl. Die braven Leute wünschten ihm
mit herzlicher Theilnahme alles Glück und er¬
mahnten ihn, nicht zu lange in der Welt herum
zu fahren, sondern bald wieder zu ihnen und zu
der Mutter zurückzukehren. Die glückliche Fest¬
tagsruhe, in welcher er die zufriedenen und nach
nichts weiter verlangenden Menschen antraf, trat
ihm an's Herz, und er bat sie, seiner Mutter,
die nun ganz allein sei, mit Rath und That bei¬
zustehen. Die ernsthaften Hausväter, den sonn¬
täglichen Seifenschaum um Mund und Kinn,
versicherten, daß seine Bitte unnöthig sei, holten
bedächtig aus ihren bescheidenen Pulten einen
harten Thaler hervor und drückten denselben dem
Scheidenden mit diplomatischer Würde verdeckt
in die Hand. Obgleich er, nach der Behauptung
seiner Mutter, ein Obenhinaus war, so durfte er
doch durch diese bürgerliche schöne Sitte sich nicht
beleidigt finden. Auch lag ein rechter Segen in
diesem sauererworbenen und mit ernstem Ent¬
schlusse geschenkten Gelde; es schien Heinrich die
ersten Tage seiner Reise hindurch, wo er es zuerst

ihnen trat Heinrich nach einander ein und ſagte
ſein Lebewohl. Die braven Leute wuͤnſchten ihm
mit herzlicher Theilnahme alles Gluͤck und er¬
mahnten ihn, nicht zu lange in der Welt herum
zu fahren, ſondern bald wieder zu ihnen und zu
der Mutter zuruͤckzukehren. Die gluͤckliche Feſt¬
tagsruhe, in welcher er die zufriedenen und nach
nichts weiter verlangenden Menſchen antraf, trat
ihm an's Herz, und er bat ſie, ſeiner Mutter,
die nun ganz allein ſei, mit Rath und That bei¬
zuſtehen. Die ernſthaften Hausvaͤter, den ſonn¬
taͤglichen Seifenſchaum um Mund und Kinn,
verſicherten, daß ſeine Bitte unnoͤthig ſei, holten
bedaͤchtig aus ihren beſcheidenen Pulten einen
harten Thaler hervor und druͤckten denſelben dem
Scheidenden mit diplomatiſcher Wuͤrde verdeckt
in die Hand. Obgleich er, nach der Behauptung
ſeiner Mutter, ein Obenhinaus war, ſo durfte er
doch durch dieſe buͤrgerliche ſchoͤne Sitte ſich nicht
beleidigt finden. Auch lag ein rechter Segen in
dieſem ſauererworbenen und mit ernſtem Ent¬
ſchluſſe geſchenkten Gelde; es ſchien Heinrich die
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[22/0036] ihnen trat Heinrich nach einander ein und ſagte ſein Lebewohl. Die braven Leute wuͤnſchten ihm mit herzlicher Theilnahme alles Gluͤck und er¬ mahnten ihn, nicht zu lange in der Welt herum zu fahren, ſondern bald wieder zu ihnen und zu der Mutter zuruͤckzukehren. Die gluͤckliche Feſt¬ tagsruhe, in welcher er die zufriedenen und nach nichts weiter verlangenden Menſchen antraf, trat ihm an's Herz, und er bat ſie, ſeiner Mutter, die nun ganz allein ſei, mit Rath und That bei¬ zuſtehen. Die ernſthaften Hausvaͤter, den ſonn¬ taͤglichen Seifenſchaum um Mund und Kinn, verſicherten, daß ſeine Bitte unnoͤthig ſei, holten bedaͤchtig aus ihren beſcheidenen Pulten einen harten Thaler hervor und druͤckten denſelben dem Scheidenden mit diplomatiſcher Wuͤrde verdeckt in die Hand. Obgleich er, nach der Behauptung ſeiner Mutter, ein Obenhinaus war, ſo durfte er doch durch dieſe buͤrgerliche ſchoͤne Sitte ſich nicht beleidigt finden. Auch lag ein rechter Segen in dieſem ſauererworbenen und mit ernſtem Ent¬ ſchluſſe geſchenkten Gelde; es ſchien Heinrich die erſten Tage ſeiner Reiſe hindurch, wo er es zuerſt

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/36>, abgerufen am 22.11.2024.