Mutter scheidet, nimmt immer noch etwas We¬ niges über seine Bedürfnisse hinaus mit und ist in einem gewissen Sinne wohl ausgestattet. Die Tage sind traurig, wo diese Ausstattung, diese warme Hülle sich nach und nach auflöst und ver¬ liert und mit bitteren, oft reuevollen Erfahrungen durch wildfremdes Zeug ersetzt werden muß.
Während Heinrich noch eine große, schwere Mappe einwickelte, die ganz mit Zeichnungen, Kupferstichen und altem Papierwerk angefüllt war, sein wanderndes Museum, besorgte seine Mutter das Frühstück und ermahnte ihn, unter¬ dessen noch bei den Hausgenossen Abschied zu nehmen. Das Haus gehörte ihr und war ein hohes altes bürgerliches Gebäude, dessen unter¬ stes Geschoß noch in romanischen Rundbogen, die Fenster der mittleren im altdeutschen Styl und erst die zwei obersten Stockwerke modern doch regellos gebaut waren. Alles war düster und geschwärzt. Drei oder vier Handwerkerfamilien bewohnten seit langen Jahren in guter Eintracht mit der Frau Hausmeisterin das Haus. Bei
Mutter ſcheidet, nimmt immer noch etwas We¬ niges uͤber ſeine Beduͤrfniſſe hinaus mit und iſt in einem gewiſſen Sinne wohl ausgeſtattet. Die Tage ſind traurig, wo dieſe Ausſtattung, dieſe warme Huͤlle ſich nach und nach aufloͤſt und ver¬ liert und mit bitteren, oft reuevollen Erfahrungen durch wildfremdes Zeug erſetzt werden muß.
Waͤhrend Heinrich noch eine große, ſchwere Mappe einwickelte, die ganz mit Zeichnungen, Kupferſtichen und altem Papierwerk angefuͤllt war, ſein wanderndes Muſeum, beſorgte ſeine Mutter das Fruͤhſtuͤck und ermahnte ihn, unter¬ deſſen noch bei den Hausgenoſſen Abſchied zu nehmen. Das Haus gehoͤrte ihr und war ein hohes altes buͤrgerliches Gebaͤude, deſſen unter¬ ſtes Geſchoß noch in romaniſchen Rundbogen, die Fenſter der mittleren im altdeutſchen Styl und erſt die zwei oberſten Stockwerke modern doch regellos gebaut waren. Alles war duͤſter und geſchwaͤrzt. Drei oder vier Handwerkerfamilien bewohnten ſeit langen Jahren in guter Eintracht mit der Frau Hausmeiſterin das Haus. Bei
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Mutter ſcheidet, nimmt immer noch etwas We¬
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in einem gewiſſen Sinne wohl ausgeſtattet. Die
Tage ſind traurig, wo dieſe Ausſtattung, dieſe
warme Huͤlle ſich nach und nach aufloͤſt und ver¬
liert und mit bitteren, oft reuevollen Erfahrungen
durch wildfremdes Zeug erſetzt werden muß.
Waͤhrend Heinrich noch eine große, ſchwere
Mappe einwickelte, die ganz mit Zeichnungen,
Kupferſtichen und altem Papierwerk angefuͤllt
war, ſein wanderndes Muſeum, beſorgte ſeine
Mutter das Fruͤhſtuͤck und ermahnte ihn, unter¬
deſſen noch bei den Hausgenoſſen Abſchied zu
nehmen. Das Haus gehoͤrte ihr und war ein
hohes altes buͤrgerliches Gebaͤude, deſſen unter¬
ſtes Geſchoß noch in romaniſchen Rundbogen, die
Fenſter der mittleren im altdeutſchen Styl und
erſt die zwei oberſten Stockwerke modern doch
regellos gebaut waren. Alles war duͤſter und
geſchwaͤrzt. Drei oder vier Handwerkerfamilien
bewohnten ſeit langen Jahren in guter Eintracht
mit der Frau Hausmeiſterin das Haus. Bei
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/35>, abgerufen am 22.11.2024.
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