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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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redungen und Versprechungen eingelassen hatte
zur Fortsetzung des begonnenen Tones, mittelst
welcher wir auch in unserer Stadt eine Rolle
zu spielen gedachten. Hauptsächlich sollten die
tanzkundigen Feinthuer oder Weichlinge, wie wir
sie nannten, verhindert werden, uns bei der ein¬
heimischen Schönheit etwa in den Schatten zu
stellen; wir wollten daher ihren zierlichen Kün¬
sten ein derbes militärisches Wesen, kühne Tha¬
ten und allerlei Streifereien und Unternehmungen
entgegensetzen zur Begründung eines bedenklichen
Ruhmes. Voll von diesen Ideen und noch voll
der durchlebten Freude, die ich so wenig erschöpft
hatte, als sie mich, fühlte ich mich in der besten
Laune und erging mich in unserem Hause in
lauten Erzählungen und prahlerischem, barschem
Wesen, bis ich durch einige magische Witzkörner,
die meine Mutter in die unbescheidene Brandung
warf, für einmal zu Ruhe und Schlaf gebracht
wurde.

Meine neuen Freunde ließen mir nicht Zeit,
aus meiner Verirrung zu kommen; schon der
nächste Tag, an dem ich, selbst eine Art von

redungen und Verſprechungen eingelaſſen hatte
zur Fortſetzung des begonnenen Tones, mittelſt
welcher wir auch in unſerer Stadt eine Rolle
zu ſpielen gedachten. Hauptſaͤchlich ſollten die
tanzkundigen Feinthuer oder Weichlinge, wie wir
ſie nannten, verhindert werden, uns bei der ein¬
heimiſchen Schoͤnheit etwa in den Schatten zu
ſtellen; wir wollten daher ihren zierlichen Kuͤn¬
ſten ein derbes militaͤriſches Weſen, kuͤhne Tha¬
ten und allerlei Streifereien und Unternehmungen
entgegenſetzen zur Begruͤndung eines bedenklichen
Ruhmes. Voll von dieſen Ideen und noch voll
der durchlebten Freude, die ich ſo wenig erſchoͤpft
hatte, als ſie mich, fuͤhlte ich mich in der beſten
Laune und erging mich in unſerem Hauſe in
lauten Erzaͤhlungen und prahleriſchem, barſchem
Weſen, bis ich durch einige magiſche Witzkoͤrner,
die meine Mutter in die unbeſcheidene Brandung
warf, fuͤr einmal zu Ruhe und Schlaf gebracht
wurde.

Meine neuen Freunde ließen mir nicht Zeit,
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[320/0334] redungen und Verſprechungen eingelaſſen hatte zur Fortſetzung des begonnenen Tones, mittelſt welcher wir auch in unſerer Stadt eine Rolle zu ſpielen gedachten. Hauptſaͤchlich ſollten die tanzkundigen Feinthuer oder Weichlinge, wie wir ſie nannten, verhindert werden, uns bei der ein¬ heimiſchen Schoͤnheit etwa in den Schatten zu ſtellen; wir wollten daher ihren zierlichen Kuͤn¬ ſten ein derbes militaͤriſches Weſen, kuͤhne Tha¬ ten und allerlei Streifereien und Unternehmungen entgegenſetzen zur Begruͤndung eines bedenklichen Ruhmes. Voll von dieſen Ideen und noch voll der durchlebten Freude, die ich ſo wenig erſchoͤpft hatte, als ſie mich, fuͤhlte ich mich in der beſten Laune und erging mich in unſerem Hauſe in lauten Erzaͤhlungen und prahleriſchem, barſchem Weſen, bis ich durch einige magiſche Witzkoͤrner, die meine Mutter in die unbeſcheidene Brandung warf, fuͤr einmal zu Ruhe und Schlaf gebracht wurde. Meine neuen Freunde ließen mir nicht Zeit, aus meiner Verirrung zu kommen; ſchon der naͤchſte Tag, an dem ich, ſelbſt eine Art von

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/334>, abgerufen am 25.06.2024.