und die Lust der Kinder bereits zu ihrer eigenen Sache erklärt und schon mit mancher Flasche be¬ siegelt! Unsere tapfere Schaar näherte sich in dichtem Haufen dem flüsternden Kreise der Schö¬ nen, Keiner wollte recht der Vorderste sein, un¬ sere Sprödigkeit ließ uns fast feindlich und düster aussehen, während das Anziehen der weißen Handschuhe ein weitgedehntes Flimmern und Schimmern verursachte. Doch es zeigte sich nun, daß die Hälfte der Handschuhe überflüssig war, indem wir in zwei verschiedene Theile zerfielen, in solche Knaben nämlich, welche größere Schwe¬ stern zu Hause hatten, und in solche, welche die¬ ses angenehme Glück nicht kannten. Die Er¬ steren zeigten sich Alle als zierliche Tänzer und Cavaliere, welche bald gesucht und ausgezeichnet wurden, indessen die Letzteren wie ungeleckte Bä¬ ren über den Rasen stolperten und nach einigen mißlungenen Abenteuern sich aus den Reihen stahlen und bei den Trinktischen zusammenfan¬ den, wo wir mit energischem Gesang ein wildes Soldatenleben führten, als rauhe Krieger und Weiberfeinde, und uns gegenseitig einzubilden
und die Luſt der Kinder bereits zu ihrer eigenen Sache erklaͤrt und ſchon mit mancher Flaſche be¬ ſiegelt! Unſere tapfere Schaar naͤherte ſich in dichtem Haufen dem fluͤſternden Kreiſe der Schoͤ¬ nen, Keiner wollte recht der Vorderſte ſein, un¬ ſere Sproͤdigkeit ließ uns faſt feindlich und duͤſter ausſehen, waͤhrend das Anziehen der weißen Handſchuhe ein weitgedehntes Flimmern und Schimmern verurſachte. Doch es zeigte ſich nun, daß die Haͤlfte der Handſchuhe uͤberfluͤſſig war, indem wir in zwei verſchiedene Theile zerfielen, in ſolche Knaben naͤmlich, welche groͤßere Schwe¬ ſtern zu Hauſe hatten, und in ſolche, welche die¬ ſes angenehme Gluͤck nicht kannten. Die Er¬ ſteren zeigten ſich Alle als zierliche Taͤnzer und Cavaliere, welche bald geſucht und ausgezeichnet wurden, indeſſen die Letzteren wie ungeleckte Baͤ¬ ren uͤber den Raſen ſtolperten und nach einigen mißlungenen Abenteuern ſich aus den Reihen ſtahlen und bei den Trinktiſchen zuſammenfan¬ den, wo wir mit energiſchem Geſang ein wildes Soldatenleben fuͤhrten, als rauhe Krieger und Weiberfeinde, und uns gegenſeitig einzubilden
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und die Luſt der Kinder bereits zu ihrer eigenen
Sache erklaͤrt und ſchon mit mancher Flaſche be¬
ſiegelt! Unſere tapfere Schaar naͤherte ſich in
dichtem Haufen dem fluͤſternden Kreiſe der Schoͤ¬
nen, Keiner wollte recht der Vorderſte ſein, un¬
ſere Sproͤdigkeit ließ uns faſt feindlich und duͤſter
ausſehen, waͤhrend das Anziehen der weißen
Handſchuhe ein weitgedehntes Flimmern und
Schimmern verurſachte. Doch es zeigte ſich nun,
daß die Haͤlfte der Handſchuhe uͤberfluͤſſig war,
indem wir in zwei verſchiedene Theile zerfielen,
in ſolche Knaben naͤmlich, welche groͤßere Schwe¬
ſtern zu Hauſe hatten, und in ſolche, welche die¬
ſes angenehme Gluͤck nicht kannten. Die Er¬
ſteren zeigten ſich Alle als zierliche Taͤnzer und
Cavaliere, welche bald geſucht und ausgezeichnet
wurden, indeſſen die Letzteren wie ungeleckte Baͤ¬
ren uͤber den Raſen ſtolperten und nach einigen
mißlungenen Abenteuern ſich aus den Reihen
ſtahlen und bei den Trinktiſchen zuſammenfan¬
den, wo wir mit energiſchem Geſang ein wildes
Soldatenleben fuͤhrten, als rauhe Krieger und
Weiberfeinde, und uns gegenſeitig einzubilden
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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/331>, abgerufen am 22.11.2024.
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