Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

mit Sand, zum Viertheile mit Wasser, dann
mit Oel und das letzte Viertheil ließ ich mit
Luft gefüllt. Die Materien sonderten sich nach
ihrer Schwere aus einanander und stellten nun
in dem geschlossenen Raume die vier Elemente
vor, Erde, Wasser, Feuer (das Brennöl!) und
Luft. Ich schüttelte sie tüchtig durch einander,
daraus entstand das Chaos, welches sich wieder
aufs Schönste abklärte, und ich saß sehr ver¬
gnügt vor der höchst gelehrten Erscheinung.

Dann nahm ich Bogen Papier und zeichnete
darauf, nach den Angaben jenes Buches, große
Sphären mit Kreisen und Linien kreuz und quer,
farbig begränzt und mit Zahlen und lateinischen
Lettern besetzt. Die vier Weltgegenden, Zonen
und Pole, Himmelsräume, Elemente, Tempera¬
mente, Tugenden und Laster, Menschen und Gei¬
ster, Erde, Hölle, Zwischenreich, die sieben Him¬
mel, Alles war toll und doch nach einer gewissen
Ordnung durch einander geworfen und gab ein
angestrengtes, lohnendes Bemühen. Alle Sphären
wurden mit entsprechenden Seelen bevölkert,
welche darin gedeihen konnten. Ich bezeichnete

mit Sand, zum Viertheile mit Waſſer, dann
mit Oel und das letzte Viertheil ließ ich mit
Luft gefuͤllt. Die Materien ſonderten ſich nach
ihrer Schwere aus einanander und ſtellten nun
in dem geſchloſſenen Raume die vier Elemente
vor, Erde, Waſſer, Feuer (das Brennoͤl!) und
Luft. Ich ſchuͤttelte ſie tuͤchtig durch einander,
daraus entſtand das Chaos, welches ſich wieder
aufs Schoͤnſte abklaͤrte, und ich ſaß ſehr ver¬
gnuͤgt vor der hoͤchſt gelehrten Erſcheinung.

Dann nahm ich Bogen Papier und zeichnete
darauf, nach den Angaben jenes Buches, große
Sphaͤren mit Kreiſen und Linien kreuz und quer,
farbig begraͤnzt und mit Zahlen und lateiniſchen
Lettern beſetzt. Die vier Weltgegenden, Zonen
und Pole, Himmelsraͤume, Elemente, Tempera¬
mente, Tugenden und Laſter, Menſchen und Gei¬
ſter, Erde, Hoͤlle, Zwiſchenreich, die ſieben Him¬
mel, Alles war toll und doch nach einer gewiſſen
Ordnung durch einander geworfen und gab ein
angeſtrengtes, lohnendes Bemuͤhen. Alle Sphaͤren
wurden mit entſprechenden Seelen bevoͤlkert,
welche darin gedeihen konnten. Ich bezeichnete

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0265" n="251"/>
mit Sand, zum Viertheile mit Wa&#x017F;&#x017F;er, dann<lb/>
mit Oel und das letzte Viertheil ließ ich mit<lb/>
Luft gefu&#x0364;llt. Die Materien &#x017F;onderten &#x017F;ich nach<lb/>
ihrer Schwere aus einanander und &#x017F;tellten nun<lb/>
in dem ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Raume die vier Elemente<lb/>
vor, Erde, Wa&#x017F;&#x017F;er, Feuer (das Brenno&#x0364;l!) und<lb/>
Luft. Ich &#x017F;chu&#x0364;ttelte &#x017F;ie tu&#x0364;chtig durch einander,<lb/>
daraus ent&#x017F;tand das Chaos, welches &#x017F;ich wieder<lb/>
aufs Scho&#x0364;n&#x017F;te abkla&#x0364;rte, und ich &#x017F;&#x017F;ehr ver¬<lb/>
gnu&#x0364;gt vor der ho&#x0364;ch&#x017F;t gelehrten Er&#x017F;cheinung.</p><lb/>
        <p>Dann nahm ich Bogen Papier und zeichnete<lb/>
darauf, nach den Angaben jenes Buches, große<lb/>
Spha&#x0364;ren mit Krei&#x017F;en und Linien kreuz und quer,<lb/>
farbig begra&#x0364;nzt und mit Zahlen und lateini&#x017F;chen<lb/>
Lettern be&#x017F;etzt. Die vier Weltgegenden, Zonen<lb/>
und Pole, Himmelsra&#x0364;ume, Elemente, Tempera¬<lb/>
mente, Tugenden und La&#x017F;ter, Men&#x017F;chen und Gei¬<lb/>
&#x017F;ter, Erde, Ho&#x0364;lle, Zwi&#x017F;chenreich, die &#x017F;ieben Him¬<lb/>
mel, Alles war toll und doch nach einer gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ordnung durch einander geworfen und gab ein<lb/>
ange&#x017F;trengtes, lohnendes Bemu&#x0364;hen. Alle Spha&#x0364;ren<lb/>
wurden mit ent&#x017F;prechenden Seelen bevo&#x0364;lkert,<lb/>
welche darin gedeihen konnten. Ich bezeichnete<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0265] mit Sand, zum Viertheile mit Waſſer, dann mit Oel und das letzte Viertheil ließ ich mit Luft gefuͤllt. Die Materien ſonderten ſich nach ihrer Schwere aus einanander und ſtellten nun in dem geſchloſſenen Raume die vier Elemente vor, Erde, Waſſer, Feuer (das Brennoͤl!) und Luft. Ich ſchuͤttelte ſie tuͤchtig durch einander, daraus entſtand das Chaos, welches ſich wieder aufs Schoͤnſte abklaͤrte, und ich ſaß ſehr ver¬ gnuͤgt vor der hoͤchſt gelehrten Erſcheinung. Dann nahm ich Bogen Papier und zeichnete darauf, nach den Angaben jenes Buches, große Sphaͤren mit Kreiſen und Linien kreuz und quer, farbig begraͤnzt und mit Zahlen und lateiniſchen Lettern beſetzt. Die vier Weltgegenden, Zonen und Pole, Himmelsraͤume, Elemente, Tempera¬ mente, Tugenden und Laſter, Menſchen und Gei¬ ſter, Erde, Hoͤlle, Zwiſchenreich, die ſieben Him¬ mel, Alles war toll und doch nach einer gewiſſen Ordnung durch einander geworfen und gab ein angeſtrengtes, lohnendes Bemuͤhen. Alle Sphaͤren wurden mit entſprechenden Seelen bevoͤlkert, welche darin gedeihen konnten. Ich bezeichnete

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/265
Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/265>, abgerufen am 17.05.2024.