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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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freundschaftlich in die Arbeit theilen, bei den
abergläubischen reformirten Bauern Teufelsban¬
nerei und Sympathie-Künste zu treiben. In den
abgelegenen Landesgegenden herrschte damals ein
bewußtloser verkommener Protestantismus; die
Landleute standen nicht etwa über den katho¬
lischen, als hinwegsehend über verdummte Men¬
schen, sondern sie glaubten alle Mährchen dersel¬
ben getreulich mit, nur hielten sie den Inhalt
für übel und verwerflich, und sie lachten nicht
über den Katholicismus, sondern sie fürchteten
sich vor demselben, als vor einer unheimlichen
heidnischen Sache. Eben so wenig, als es ihnen
möglich war, sich unter einem Freigeiste einen
Menschen vorzustellen, welcher wirklich in seinem
Innern Nichts glaube, so wenig waren sie im
Stande, von Jemandem anzunehmen, daß er zu
Vieles glaube; ihr Maaß bestand einzig darin,
sich nur zu denjenigen geglaubten Dingen zu be¬
kennen, welche vom Guten und nicht vom Bö¬
sen seien.

Der Mann der Frau Margreth, Vater Jakob¬
lein genannt, von ihr schlechthin Vater, war

freundſchaftlich in die Arbeit theilen, bei den
aberglaͤubiſchen reformirten Bauern Teufelsban¬
nerei und Sympathie-Kuͤnſte zu treiben. In den
abgelegenen Landesgegenden herrſchte damals ein
bewußtloſer verkommener Proteſtantismus; die
Landleute ſtanden nicht etwa uͤber den katho¬
liſchen, als hinwegſehend uͤber verdummte Men¬
ſchen, ſondern ſie glaubten alle Maͤhrchen derſel¬
ben getreulich mit, nur hielten ſie den Inhalt
fuͤr uͤbel und verwerflich, und ſie lachten nicht
uͤber den Katholicismus, ſondern ſie fuͤrchteten
ſich vor demſelben, als vor einer unheimlichen
heidniſchen Sache. Eben ſo wenig, als es ihnen
moͤglich war, ſich unter einem Freigeiſte einen
Menſchen vorzuſtellen, welcher wirklich in ſeinem
Innern Nichts glaube, ſo wenig waren ſie im
Stande, von Jemandem anzunehmen, daß er zu
Vieles glaube; ihr Maaß beſtand einzig darin,
ſich nur zu denjenigen geglaubten Dingen zu be¬
kennen, welche vom Guten und nicht vom Boͤ¬
ſen ſeien.

Der Mann der Frau Margreth, Vater Jakob¬
lein genannt, von ihr ſchlechthin Vater, war

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[199/0213] freundſchaftlich in die Arbeit theilen, bei den aberglaͤubiſchen reformirten Bauern Teufelsban¬ nerei und Sympathie-Kuͤnſte zu treiben. In den abgelegenen Landesgegenden herrſchte damals ein bewußtloſer verkommener Proteſtantismus; die Landleute ſtanden nicht etwa uͤber den katho¬ liſchen, als hinwegſehend uͤber verdummte Men¬ ſchen, ſondern ſie glaubten alle Maͤhrchen derſel¬ ben getreulich mit, nur hielten ſie den Inhalt fuͤr uͤbel und verwerflich, und ſie lachten nicht uͤber den Katholicismus, ſondern ſie fuͤrchteten ſich vor demſelben, als vor einer unheimlichen heidniſchen Sache. Eben ſo wenig, als es ihnen moͤglich war, ſich unter einem Freigeiſte einen Menſchen vorzuſtellen, welcher wirklich in ſeinem Innern Nichts glaube, ſo wenig waren ſie im Stande, von Jemandem anzunehmen, daß er zu Vieles glaube; ihr Maaß beſtand einzig darin, ſich nur zu denjenigen geglaubten Dingen zu be¬ kennen, welche vom Guten und nicht vom Boͤ¬ ſen ſeien. Der Mann der Frau Margreth, Vater Jakob¬ lein genannt, von ihr ſchlechthin Vater, war

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/213>, abgerufen am 24.11.2024.