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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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und Fluß. Die Zahl dieser Städte aber um eine
eingebildete zu vermehren, um in diese, wie in
einen Blumenscherben, das grüne Reis einer
Dichtung zu pflanzen, möchte thunlich sein: indem
man durch das angeführte, bestehende Beispiel
das Gefühl der Wirklichkeit gewonnen hat, bleibt
hinwieder dem Bedürfnisse der Phantasie größe¬
rer Spielraum und alles Mißdeuten wird ver¬
hütet.

Unser See bildet scheinbar ein weites ovales
Becken, welches aus den bläulichen Farbenabstu¬
fungen des umgebenden Gebirges nur ahnen läßt,
daß in der Ferne da und dort das Wasser in
Buchten ausläuft und in den verschiedenen Sei¬
tenthälern neue Seen bildet. Aus dem Hinter¬
grunde der klaren Gewässer steigt die mächtige
Gletscherwelt empor, senkt sich dann, im Kranze
um den See herum, zum flacheren Gebirge herab,
bis sich dieses in zwei schönen Bergen schließt,
welche den mäßigen Strom zwischen sich durch¬
treten lassen, in das ebene Land hinaus. Am
jenseitigen Berge, der seinen sonnigen runden
Abhang, dem Süden zugewendet, aus dem See

und Fluß. Die Zahl dieſer Staͤdte aber um eine
eingebildete zu vermehren, um in dieſe, wie in
einen Blumenſcherben, das gruͤne Reis einer
Dichtung zu pflanzen, moͤchte thunlich ſein: indem
man durch das angefuͤhrte, beſtehende Beiſpiel
das Gefuͤhl der Wirklichkeit gewonnen hat, bleibt
hinwieder dem Beduͤrfniſſe der Phantaſie groͤße¬
rer Spielraum und alles Mißdeuten wird ver¬
huͤtet.

Unſer See bildet ſcheinbar ein weites ovales
Becken, welches aus den blaͤulichen Farbenabſtu¬
fungen des umgebenden Gebirges nur ahnen laͤßt,
daß in der Ferne da und dort das Waſſer in
Buchten auslaͤuft und in den verſchiedenen Sei¬
tenthaͤlern neue Seen bildet. Aus dem Hinter¬
grunde der klaren Gewaͤſſer ſteigt die maͤchtige
Gletſcherwelt empor, ſenkt ſich dann, im Kranze
um den See herum, zum flacheren Gebirge herab,
bis ſich dieſes in zwei ſchoͤnen Bergen ſchließt,
welche den maͤßigen Strom zwiſchen ſich durch¬
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[6/0020] und Fluß. Die Zahl dieſer Staͤdte aber um eine eingebildete zu vermehren, um in dieſe, wie in einen Blumenſcherben, das gruͤne Reis einer Dichtung zu pflanzen, moͤchte thunlich ſein: indem man durch das angefuͤhrte, beſtehende Beiſpiel das Gefuͤhl der Wirklichkeit gewonnen hat, bleibt hinwieder dem Beduͤrfniſſe der Phantaſie groͤße¬ rer Spielraum und alles Mißdeuten wird ver¬ huͤtet. Unſer See bildet ſcheinbar ein weites ovales Becken, welches aus den blaͤulichen Farbenabſtu¬ fungen des umgebenden Gebirges nur ahnen laͤßt, daß in der Ferne da und dort das Waſſer in Buchten auslaͤuft und in den verſchiedenen Sei¬ tenthaͤlern neue Seen bildet. Aus dem Hinter¬ grunde der klaren Gewaͤſſer ſteigt die maͤchtige Gletſcherwelt empor, ſenkt ſich dann, im Kranze um den See herum, zum flacheren Gebirge herab, bis ſich dieſes in zwei ſchoͤnen Bergen ſchließt, welche den maͤßigen Strom zwiſchen ſich durch¬ treten laſſen, in das ebene Land hinaus. Am jenſeitigen Berge, der ſeinen ſonnigen runden Abhang, dem Suͤden zugewendet, aus dem See

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/20>, abgerufen am 22.11.2024.