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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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Nüchternheit meiner Mutter, für mich das wurde,
was sonst sagenreiche Großmütter und Ammen
für die stoffbedürftigen Kinder sind. In dem
Hause gegenüber befand sich eine offene dunkle
Halle, welche ganz mit altem und neuem Trödel¬
kram angefüllt war. Die Wände waren mit
alten Seidengewändern, gewirkten Stoffen und
Teppichen aller Art behangen. Rostige Waffen
und Geräthschaften, schwarze zerrissene Oelgemälde
bekleideten die Eingangspfosten und verbreiteten
sich zu beiden Seiten an der Außenseite des
Hauses; auf einer Menge altmodiger Tische und
Geräthe stand wunderliches Glasgeschirr und
Porcellan aufgethürmt mit allerhand hölzernen
und irdenen Figuren vermischt. In den tieferen
Räumen waren Berge von Betten und Haus¬
geräthen übereinandergeschichtet und auf den Hoch¬
ebenen und Absätzen derselben, manchmal auf
einem gefährlichen einsamen Grate, stand überall
noch eine schnörkelhafte Uhr, ein Crucifix oder
ein wächserner Engel u. dergl. mehr. Im tief¬
sten Hintergrunde aber saß jederzeit eine bejahrte,
dicke Frau in alterthümlicher Tracht, in einem

Nuͤchternheit meiner Mutter, fuͤr mich das wurde,
was ſonſt ſagenreiche Großmuͤtter und Ammen
fuͤr die ſtoffbeduͤrftigen Kinder ſind. In dem
Hauſe gegenuͤber befand ſich eine offene dunkle
Halle, welche ganz mit altem und neuem Troͤdel¬
kram angefuͤllt war. Die Waͤnde waren mit
alten Seidengewaͤndern, gewirkten Stoffen und
Teppichen aller Art behangen. Roſtige Waffen
und Geraͤthſchaften, ſchwarze zerriſſene Oelgemaͤlde
bekleideten die Eingangſpfoſten und verbreiteten
ſich zu beiden Seiten an der Außenſeite des
Hauſes; auf einer Menge altmodiger Tiſche und
Geraͤthe ſtand wunderliches Glasgeſchirr und
Porcellan aufgethuͤrmt mit allerhand hoͤlzernen
und irdenen Figuren vermiſcht. In den tieferen
Raͤumen waren Berge von Betten und Haus¬
geraͤthen uͤbereinandergeſchichtet und auf den Hoch¬
ebenen und Abſaͤtzen derſelben, manchmal auf
einem gefaͤhrlichen einſamen Grate, ſtand uͤberall
noch eine ſchnoͤrkelhafte Uhr, ein Crucifix oder
ein waͤchſerner Engel u. dergl. mehr. Im tief¬
ſten Hintergrunde aber ſaß jederzeit eine bejahrte,
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[175/0189] Nuͤchternheit meiner Mutter, fuͤr mich das wurde, was ſonſt ſagenreiche Großmuͤtter und Ammen fuͤr die ſtoffbeduͤrftigen Kinder ſind. In dem Hauſe gegenuͤber befand ſich eine offene dunkle Halle, welche ganz mit altem und neuem Troͤdel¬ kram angefuͤllt war. Die Waͤnde waren mit alten Seidengewaͤndern, gewirkten Stoffen und Teppichen aller Art behangen. Roſtige Waffen und Geraͤthſchaften, ſchwarze zerriſſene Oelgemaͤlde bekleideten die Eingangſpfoſten und verbreiteten ſich zu beiden Seiten an der Außenſeite des Hauſes; auf einer Menge altmodiger Tiſche und Geraͤthe ſtand wunderliches Glasgeſchirr und Porcellan aufgethuͤrmt mit allerhand hoͤlzernen und irdenen Figuren vermiſcht. In den tieferen Raͤumen waren Berge von Betten und Haus¬ geraͤthen uͤbereinandergeſchichtet und auf den Hoch¬ ebenen und Abſaͤtzen derſelben, manchmal auf einem gefaͤhrlichen einſamen Grate, ſtand uͤberall noch eine ſchnoͤrkelhafte Uhr, ein Crucifix oder ein waͤchſerner Engel u. dergl. mehr. Im tief¬ ſten Hintergrunde aber ſaß jederzeit eine bejahrte, dicke Frau in alterthuͤmlicher Tracht, in einem

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/189>, abgerufen am 25.11.2024.