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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854.

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aber meisterlich bestandenen Lehrjahren führte ihn
sein Trieb, einen immer kühnern Schwung neh¬
mend, in die Ferne und er durchschweifte als ein
geschickter Steinmetz entlegene Reiche. Indessen
aber hatte der sanftknisternde Papierblumenfrüh¬
ling, welcher nach der Schlacht bei Waterloo auf¬
ging, wie überall hin, so auch in die geheimsten
Winkel der Schweiz sein bläuliches Kerzenlicht
verbreitet und der große Dichter hätte sich jetzt
eher wieder zurecht finden können, wenn nicht
unterdessen auch sein wackerer Lavater gestorben
und mit demselben das letzte Restchen Phantasie
aus dem städtischen Zopfthume der Schweizer
entflohen wäre. Auch in meines Vaters Geburts¬
dorf, dessen Bewohner in den neunziger Jahren
ebenfalls entdeckt hatten, daß sie seit undenklichen
Zeiten mitten in einer Republik lebten, war die
ehrwürdige und zugleich muntere Dame Restau¬
ration mit allen ihren Schachteln und Cartons
feierlich eingezogen und richtete sich in dem Neste
so gut ein, als sie konnte. Schattige Wälder,
Höhen und Thäler mit den angenehmsten Freuden¬
plätzen, ein fischreicher, klarer Fluß und die Wie¬

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aber meiſterlich beſtandenen Lehrjahren fuͤhrte ihn
ſein Trieb, einen immer kuͤhnern Schwung neh¬
mend, in die Ferne und er durchſchweifte als ein
geſchickter Steinmetz entlegene Reiche. Indeſſen
aber hatte der ſanftkniſternde Papierblumenfruͤh¬
ling, welcher nach der Schlacht bei Waterloo auf¬
ging, wie uͤberall hin, ſo auch in die geheimſten
Winkel der Schweiz ſein blaͤuliches Kerzenlicht
verbreitet und der große Dichter haͤtte ſich jetzt
eher wieder zurecht finden koͤnnen, wenn nicht
unterdeſſen auch ſein wackerer Lavater geſtorben
und mit demſelben das letzte Reſtchen Phantaſie
aus dem ſtaͤdtiſchen Zopfthume der Schweizer
entflohen waͤre. Auch in meines Vaters Geburts¬
dorf, deſſen Bewohner in den neunziger Jahren
ebenfalls entdeckt hatten, daß ſie ſeit undenklichen
Zeiten mitten in einer Republik lebten, war die
ehrwuͤrdige und zugleich muntere Dame Reſtau¬
ration mit allen ihren Schachteln und Cartons
feierlich eingezogen und richtete ſich in dem Neſte
ſo gut ein, als ſie konnte. Schattige Waͤlder,
Hoͤhen und Thaͤler mit den angenehmſten Freuden¬
plaͤtzen, ein fiſchreicher, klarer Fluß und die Wie¬

I. 7
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[97/0111] aber meiſterlich beſtandenen Lehrjahren fuͤhrte ihn ſein Trieb, einen immer kuͤhnern Schwung neh¬ mend, in die Ferne und er durchſchweifte als ein geſchickter Steinmetz entlegene Reiche. Indeſſen aber hatte der ſanftkniſternde Papierblumenfruͤh¬ ling, welcher nach der Schlacht bei Waterloo auf¬ ging, wie uͤberall hin, ſo auch in die geheimſten Winkel der Schweiz ſein blaͤuliches Kerzenlicht verbreitet und der große Dichter haͤtte ſich jetzt eher wieder zurecht finden koͤnnen, wenn nicht unterdeſſen auch ſein wackerer Lavater geſtorben und mit demſelben das letzte Reſtchen Phantaſie aus dem ſtaͤdtiſchen Zopfthume der Schweizer entflohen waͤre. Auch in meines Vaters Geburts¬ dorf, deſſen Bewohner in den neunziger Jahren ebenfalls entdeckt hatten, daß ſie ſeit undenklichen Zeiten mitten in einer Republik lebten, war die ehrwuͤrdige und zugleich muntere Dame Reſtau¬ ration mit allen ihren Schachteln und Cartons feierlich eingezogen und richtete ſich in dem Neſte ſo gut ein, als ſie konnte. Schattige Waͤlder, Hoͤhen und Thaͤler mit den angenehmſten Freuden¬ plaͤtzen, ein fiſchreicher, klarer Fluß und die Wie¬ I. 7

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 1. Braunschweig, 1854, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich01_1854/111>, abgerufen am 25.11.2024.