Bastillenkammer gliche. Hätte sie einigen Stolz gegen sich gehabt, so würde sie weder in ein sol- ches Quartier gezogen seyn, da sie es nichts weniger als nöthig hatte, noch ihren Bruder zu sich genommen haben, welcher ihr zu nichts nützen konnte. Allein sie folgte allezeit nur ihrem Herzen, und dachte nie über die Folgen nach, die ihr Wille haben könnte. Auch hier kamen allzu bald die traurigen Folgen ihres plötz- lich durchgesetzten Entschlusses zum Vorschein; ja, es wurde durch die Aufnahme ihres Bruders, aus der Pflanze ihrer Ruhe und ihres Wohlstandes das Herz gebrochen. Sie, welche noch selbst abhängig war, in- dem sie noch keinen Thaler bestimmte Einkünfte zu he- ben hatte, machte sich durch diesen Schritt verbindlich, eine Haushaltung zu führen, welche, so klein sie war, doch jeden Tag Forderungen auf ihre Sorgen machte. Allerdings mochten in den ersten Augenblicken ihres en- thusiastischen Entschlusses ihr alle die Schwierigkeiten nicht beigefallen seyn; nun wars geschehn, und nun mußte sie sich so gut zu helfen suchen, als sie konnte. Sie hatte versprochen, ihn so lange bei sich zu behal- ten, bis sie ihn auf irgend eine Weise glücklich machen könnte. Darauf wartete er denn von einem Jahre zum andern, ohne daß der Wunsch ihr gelungen wäre. Jetzt mußte sie aus Nothwendigkeit, die bestimmte Ausgaben zu befriedigen, den Schneckengang, von wel-
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Baſtillenkammer gliche. Haͤtte ſie einigen Stolz gegen ſich gehabt, ſo wuͤrde ſie weder in ein ſol- ches Quartier gezogen ſeyn, da ſie es nichts weniger als noͤthig hatte, noch ihren Bruder zu ſich genommen haben, welcher ihr zu nichts nuͤtzen konnte. Allein ſie folgte allezeit nur ihrem Herzen, und dachte nie uͤber die Folgen nach, die ihr Wille haben koͤnnte. Auch hier kamen allzu bald die traurigen Folgen ihres ploͤtz- lich durchgeſetzten Entſchluſſes zum Vorſchein; ja, es wurde durch die Aufnahme ihres Bruders, aus der Pflanze ihrer Ruhe und ihres Wohlſtandes das Herz gebrochen. Sie, welche noch ſelbſt abhaͤngig war, in- dem ſie noch keinen Thaler beſtimmte Einkuͤnfte zu he- ben hatte, machte ſich durch dieſen Schritt verbindlich, eine Haushaltung zu fuͤhren, welche, ſo klein ſie war, doch jeden Tag Forderungen auf ihre Sorgen machte. Allerdings mochten in den erſten Augenblicken ihres en- thuſiaſtiſchen Entſchluſſes ihr alle die Schwierigkeiten nicht beigefallen ſeyn; nun wars geſchehn, und nun mußte ſie ſich ſo gut zu helfen ſuchen, als ſie konnte. Sie hatte verſprochen, ihn ſo lange bei ſich zu behal- ten, bis ſie ihn auf irgend eine Weiſe gluͤcklich machen koͤnnte. Darauf wartete er denn von einem Jahre zum andern, ohne daß der Wunſch ihr gelungen waͤre. Jetzt mußte ſie aus Nothwendigkeit, die beſtimmte Ausgaben zu befriedigen, den Schneckengang, von wel-
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Baſtillenkammer gliche. Haͤtte ſie einigen
Stolz gegen ſich gehabt, ſo wuͤrde ſie weder in ein ſol-
ches Quartier gezogen ſeyn, da ſie es nichts weniger
als noͤthig hatte, noch ihren Bruder zu ſich genommen
haben, welcher ihr zu nichts nuͤtzen konnte. Allein ſie
folgte allezeit nur ihrem Herzen, und dachte nie uͤber
die Folgen nach, die ihr Wille haben koͤnnte. Auch
hier kamen allzu bald die traurigen Folgen ihres ploͤtz-
lich durchgeſetzten Entſchluſſes zum Vorſchein; ja, es
wurde durch die Aufnahme ihres Bruders, aus der
Pflanze ihrer Ruhe und ihres Wohlſtandes das Herz
gebrochen. Sie, welche noch ſelbſt abhaͤngig war, in-
dem ſie noch keinen Thaler beſtimmte Einkuͤnfte zu he-
ben hatte, machte ſich durch dieſen Schritt verbindlich,
eine Haushaltung zu fuͤhren, welche, ſo klein ſie war,
doch jeden Tag Forderungen auf ihre Sorgen machte.
Allerdings mochten in den erſten Augenblicken ihres en-
thuſiaſtiſchen Entſchluſſes ihr alle die Schwierigkeiten
nicht beigefallen ſeyn; nun wars geſchehn, und nun
mußte ſie ſich ſo gut zu helfen ſuchen, als ſie konnte.
Sie hatte verſprochen, ihn ſo lange bei ſich zu behal-
ten, bis ſie ihn auf irgend eine Weiſe gluͤcklich machen
koͤnnte. Darauf wartete er denn von einem Jahre
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Jetzt mußte ſie aus Nothwendigkeit, die beſtimmte
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/135>, abgerufen am 21.11.2024.
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