gene Zweckmäßigkeit, als in diesem Endzwecke ist, ohne einen Welturheber und Regierer, der zugleich moralischer Gesetzgeber ist, gar nicht begreiflich machen können.
Die Wirklichkeit eines höchsten moralisch-gesetz- gebenden Urhebers ist also blos für den prakti- schen Gebrauch unserer Vernunft hinreichend dar- gethan, ohne in Ansehung des Daseyns desselben et- was theoretisch zu bestimmen, denn diese bedarf zur Möglichkeit ihres Zwecks, der uns auch ohne das durch ihre eigene Gesetzgebung aufgegeben ist, einer Jdee, wodurch das Hindernis, aus dem Unvermögen ihrer Befolgung nach dem bloßen Naturbegriffe von der Welt (für die reflectirende Urtheilskraft hin- reichend) weggeräumt wird und diese Jdee bekommt dadurch practische Realität, wenn ihr gleich alle Mit- tel ihr eine solche in theoretischer Absicht, zur Erklä- rung der Natur und Bestimmung der obersten Ursa- che zu verschaffen, für das speculative Erkenntniß gänzlich abgehen. Für die theoretisch reflectirende Ur- theilskraft bewies die physische Teleologie aus den Zwecken der Natur hinreichend eine verständige Welt- ursache: für die practische bewirkt dieses die morali- sche durch den Begrif eines Endzwecks, den sie in practischer Absicht der Schöpfung beyzulegen genöthi- get ist. Die objective Realität der Jdee von Gott, als moralischen Welturhebers, kann nun zwar nicht durch physische Zwecke allein dargethan werden;
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
gene Zweckmaͤßigkeit, als in dieſem Endzwecke iſt, ohne einen Welturheber und Regierer, der zugleich moraliſcher Geſetzgeber iſt, gar nicht begreiflich machen koͤnnen.
Die Wirklichkeit eines hoͤchſten moraliſch-geſetz- gebenden Urhebers iſt alſo blos fuͤr den prakti- ſchen Gebrauch unſerer Vernunft hinreichend dar- gethan, ohne in Anſehung des Daſeyns deſſelben et- was theoretiſch zu beſtimmen, denn dieſe bedarf zur Moͤglichkeit ihres Zwecks, der uns auch ohne das durch ihre eigene Geſetzgebung aufgegeben iſt, einer Jdee, wodurch das Hindernis, aus dem Unvermoͤgen ihrer Befolgung nach dem bloßen Naturbegriffe von der Welt (fuͤr die reflectirende Urtheilskraft hin- reichend) weggeraͤumt wird und dieſe Jdee bekommt dadurch practiſche Realitaͤt, wenn ihr gleich alle Mit- tel ihr eine ſolche in theoretiſcher Abſicht, zur Erklaͤ- rung der Natur und Beſtimmung der oberſten Urſa- che zu verſchaffen, fuͤr das ſpeculative Erkenntniß gaͤnzlich abgehen. Fuͤr die theoretiſch reflectirende Ur- theilskraft bewies die phyſiſche Teleologie aus den Zwecken der Natur hinreichend eine verſtaͤndige Welt- urſache: fuͤr die practiſche bewirkt dieſes die morali- ſche durch den Begrif eines Endzwecks, den ſie in practiſcher Abſicht der Schoͤpfung beyzulegen genoͤthi- get iſt. Die objective Realitaͤt der Jdee von Gott, als moraliſchen Welturhebers, kann nun zwar nicht durch phyſiſche Zwecke allein dargethan werden;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0493"n="429"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">II.</hi> Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.</fw><lb/>
gene Zweckmaͤßigkeit, als in dieſem Endzwecke iſt, ohne<lb/>
einen Welturheber und Regierer, der zugleich moraliſcher<lb/>
Geſetzgeber iſt, gar nicht begreiflich machen koͤnnen.</p><lb/><p>Die Wirklichkeit eines hoͤchſten moraliſch-geſetz-<lb/>
gebenden Urhebers iſt alſo blos <hirendition="#fr">fuͤr den prakti-<lb/>ſchen Gebrauch</hi> unſerer Vernunft hinreichend dar-<lb/>
gethan, ohne in Anſehung des Daſeyns deſſelben et-<lb/>
was theoretiſch zu beſtimmen, denn dieſe bedarf zur<lb/>
Moͤglichkeit ihres Zwecks, der uns auch ohne das<lb/>
durch ihre eigene Geſetzgebung aufgegeben iſt, einer<lb/>
Jdee, wodurch das Hindernis, aus dem Unvermoͤgen<lb/>
ihrer Befolgung nach dem bloßen Naturbegriffe<lb/>
von der Welt (fuͤr die reflectirende Urtheilskraft hin-<lb/>
reichend) weggeraͤumt wird und dieſe Jdee bekommt<lb/>
dadurch practiſche Realitaͤt, wenn ihr gleich alle Mit-<lb/>
tel ihr eine ſolche in theoretiſcher Abſicht, zur Erklaͤ-<lb/>
rung der Natur und Beſtimmung der oberſten Urſa-<lb/>
che zu verſchaffen, fuͤr das ſpeculative Erkenntniß<lb/>
gaͤnzlich abgehen. Fuͤr die theoretiſch reflectirende Ur-<lb/>
theilskraft bewies die phyſiſche Teleologie aus den<lb/>
Zwecken der Natur hinreichend eine verſtaͤndige Welt-<lb/>
urſache: fuͤr die practiſche bewirkt dieſes die morali-<lb/>ſche durch den Begrif eines Endzwecks, den ſie in<lb/>
practiſcher Abſicht der Schoͤpfung beyzulegen genoͤthi-<lb/>
get iſt. Die objective Realitaͤt der Jdee von Gott,<lb/>
als moraliſchen Welturhebers, kann nun zwar nicht<lb/>
durch phyſiſche Zwecke <hirendition="#fr">allein</hi> dargethan werden;<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[429/0493]
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
gene Zweckmaͤßigkeit, als in dieſem Endzwecke iſt, ohne
einen Welturheber und Regierer, der zugleich moraliſcher
Geſetzgeber iſt, gar nicht begreiflich machen koͤnnen.
Die Wirklichkeit eines hoͤchſten moraliſch-geſetz-
gebenden Urhebers iſt alſo blos fuͤr den prakti-
ſchen Gebrauch unſerer Vernunft hinreichend dar-
gethan, ohne in Anſehung des Daſeyns deſſelben et-
was theoretiſch zu beſtimmen, denn dieſe bedarf zur
Moͤglichkeit ihres Zwecks, der uns auch ohne das
durch ihre eigene Geſetzgebung aufgegeben iſt, einer
Jdee, wodurch das Hindernis, aus dem Unvermoͤgen
ihrer Befolgung nach dem bloßen Naturbegriffe
von der Welt (fuͤr die reflectirende Urtheilskraft hin-
reichend) weggeraͤumt wird und dieſe Jdee bekommt
dadurch practiſche Realitaͤt, wenn ihr gleich alle Mit-
tel ihr eine ſolche in theoretiſcher Abſicht, zur Erklaͤ-
rung der Natur und Beſtimmung der oberſten Urſa-
che zu verſchaffen, fuͤr das ſpeculative Erkenntniß
gaͤnzlich abgehen. Fuͤr die theoretiſch reflectirende Ur-
theilskraft bewies die phyſiſche Teleologie aus den
Zwecken der Natur hinreichend eine verſtaͤndige Welt-
urſache: fuͤr die practiſche bewirkt dieſes die morali-
ſche durch den Begrif eines Endzwecks, den ſie in
practiſcher Abſicht der Schoͤpfung beyzulegen genoͤthi-
get iſt. Die objective Realitaͤt der Jdee von Gott,
als moraliſchen Welturhebers, kann nun zwar nicht
durch phyſiſche Zwecke allein dargethan werden;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/493>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.