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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

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II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft.
dieses also von jenem allein nicht abgeleitet werden kann:
gleichwohl aber dieses Besondere in der Mannigfaltigkeit
der Natur zum Allgemeinen (durch Begriffe und Gesetze)
zusammenstimmen soll, um darunter subsumirt werden
zu können, welche Zusammenstimmung unter solchen Um-
ständen sehr zufällig und für die Urtheilskraft ohne be-
stimmtes Princip seyn muß.

Um nun gleichwohl die Möglichkeit einer solchen
Zusammenstimmung der Dinge der Natur zur Ur-
theilskraft, (welche wir als zufällig, mithin nur
durch einen darauf gerichteten Zweck als möglich vor-
stellen) wenigstens denken zu können, müssen wir uns
zugleich einen andern Verstand denken, in Beziehung
auf welchen, nnd zwar vor allem ihm beygelegten Zweck,
wir jene Zusammenstimmung der Naturgesetze mit unse-
rer Urtheilskraft, die für unsern Verstand nur durch das
Verbindungsmittel der Zwecke denkbar ist, als noth-
wendig
vorstellen können.

Unser Verstand nämlich hat die Eigenschaft, daß er in
seinem Erkenntnisse, z. B. der Ursache eines Products,
vom Analytisch allgemeinen (von Begriffen) zum
Besondern (der gegebenen empirischen Anschauung) ge-
hen muß, dabey er also in Ansehung der Mannigfaltig-
keit des letztern nichts bestimmt, sondern diese Bestim-
mung für die Urtheilskraft von der Subsumtion der em-
pirischen Anschauung (wenn der Gegenstand ein Natur-
product ist) unter dem Begriff erwarten muß. Nun

II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
dieſes alſo von jenem allein nicht abgeleitet werden kann:
gleichwohl aber dieſes Beſondere in der Mannigfaltigkeit
der Natur zum Allgemeinen (durch Begriffe und Geſetze)
zuſammenſtimmen ſoll, um darunter ſubſumirt werden
zu koͤnnen, welche Zuſammenſtimmung unter ſolchen Um-
ſtaͤnden ſehr zufaͤllig und fuͤr die Urtheilskraft ohne be-
ſtimmtes Princip ſeyn muß.

Um nun gleichwohl die Moͤglichkeit einer ſolchen
Zuſammenſtimmung der Dinge der Natur zur Ur-
theilskraft, (welche wir als zufaͤllig, mithin nur
durch einen darauf gerichteten Zweck als moͤglich vor-
ſtellen) wenigſtens denken zu koͤnnen, muͤſſen wir uns
zugleich einen andern Verſtand denken, in Beziehung
auf welchen, nnd zwar vor allem ihm beygelegten Zweck,
wir jene Zuſammenſtimmung der Naturgeſetze mit unſe-
rer Urtheilskraft, die fuͤr unſern Verſtand nur durch das
Verbindungsmittel der Zwecke denkbar iſt, als noth-
wendig
vorſtellen koͤnnen.

Unſer Verſtand naͤmlich hat die Eigenſchaft, daß er in
ſeinem Erkenntniſſe, z. B. der Urſache eines Products,
vom Analytiſch allgemeinen (von Begriffen) zum
Beſondern (der gegebenen empiriſchen Anſchauung) ge-
hen muß, dabey er alſo in Anſehung der Mannigfaltig-
keit des letztern nichts beſtimmt, ſondern dieſe Beſtim-
mung fuͤr die Urtheilskraft von der Subſumtion der em-
piriſchen Anſchauung (wenn der Gegenſtand ein Natur-
product iſt) unter dem Begriff erwarten muß. Nun

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[344/0408] II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. dieſes alſo von jenem allein nicht abgeleitet werden kann: gleichwohl aber dieſes Beſondere in der Mannigfaltigkeit der Natur zum Allgemeinen (durch Begriffe und Geſetze) zuſammenſtimmen ſoll, um darunter ſubſumirt werden zu koͤnnen, welche Zuſammenſtimmung unter ſolchen Um- ſtaͤnden ſehr zufaͤllig und fuͤr die Urtheilskraft ohne be- ſtimmtes Princip ſeyn muß. Um nun gleichwohl die Moͤglichkeit einer ſolchen Zuſammenſtimmung der Dinge der Natur zur Ur- theilskraft, (welche wir als zufaͤllig, mithin nur durch einen darauf gerichteten Zweck als moͤglich vor- ſtellen) wenigſtens denken zu koͤnnen, muͤſſen wir uns zugleich einen andern Verſtand denken, in Beziehung auf welchen, nnd zwar vor allem ihm beygelegten Zweck, wir jene Zuſammenſtimmung der Naturgeſetze mit unſe- rer Urtheilskraft, die fuͤr unſern Verſtand nur durch das Verbindungsmittel der Zwecke denkbar iſt, als noth- wendig vorſtellen koͤnnen. Unſer Verſtand naͤmlich hat die Eigenſchaft, daß er in ſeinem Erkenntniſſe, z. B. der Urſache eines Products, vom Analytiſch allgemeinen (von Begriffen) zum Beſondern (der gegebenen empiriſchen Anſchauung) ge- hen muß, dabey er alſo in Anſehung der Mannigfaltig- keit des letztern nichts beſtimmt, ſondern dieſe Beſtim- mung fuͤr die Urtheilskraft von der Subſumtion der em- piriſchen Anſchauung (wenn der Gegenſtand ein Natur- product iſt) unter dem Begriff erwarten muß. Nun

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/408>, abgerufen am 20.05.2024.