Wasser, wer weiß durch was für Vermittelung, aufge- löseten Erdart erzeugt. Eben so bilden sich die drusigte Configurationen vieler Minern, des würflichten Bley- glanzes, des Rothgüldenerzes u. d. g. allem Vermuthen nach auch im Wasser und durch Anschießen der Theile, indem sie durch irgend eine Ursache genöthigt werden dieses Vehikel zu verlassen und sich unter einander in be- stimmte äußere Gestalten zu vereinigen.
Aber auch innerlich zeigen alle Materien, welche blos durch Hitze flüßig waren und durch Erkalten Festig- keit angenommen haben, im Bruche eine bestimmte Tex- tur und lassen daraus urtheilen, daß, wenn nicht ihr eigen Gewicht oder Luftberührung es gehindert hätte, sie auch äußerlich ihre specifisch eigenthümliche Gestalt würden gewiesen haben, dergleichen man an einigen Me- tallen die nach der Schmelzung äußerlich erhärtet, in- wendig aber noch flüßig waren, durch Abzapfen des inneren noch flüßigen Theils und nunmehrigen ruhigen Anschießen des übrigen inwendig zurückgebliebenen, beobachtet hat. Viele von jenen mineralischen Crystalli- sationen, als die Spatdrusen, der Glaskopf, die Eisen- blüthe, geben oft überaus schöne Gestalten, wie sie die Kunst nur immer ausdenken möchte und die Glorie in der Höle von Antiparos ist blos das Product eines sich durch Gipslager durchsickernden Wassers.
Das flüßige ist, allem Ansehen nach, überhaupt älter als das feste und sowohl die Pfla[n]zen als thierische
Q 4
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
Waſſer, wer weiß durch was fuͤr Vermittelung, aufge- loͤſeten Erdart erzeugt. Eben ſo bilden ſich die druſigte Configurationen vieler Minern, des wuͤrflichten Bley- glanzes, des Rothguͤldenerzes u. d. g. allem Vermuthen nach auch im Waſſer und durch Anſchießen der Theile, indem ſie durch irgend eine Urſache genoͤthigt werden dieſes Vehikel zu verlaſſen und ſich unter einander in be- ſtimmte aͤußere Geſtalten zu vereinigen.
Aber auch innerlich zeigen alle Materien, welche blos durch Hitze fluͤßig waren und durch Erkalten Feſtig- keit angenommen haben, im Bruche eine beſtimmte Tex- tur und laſſen daraus urtheilen, daß, wenn nicht ihr eigen Gewicht oder Luftberuͤhrung es gehindert haͤtte, ſie auch aͤußerlich ihre ſpecifiſch eigenthuͤmliche Geſtalt wuͤrden gewieſen haben, dergleichen man an einigen Me- tallen die nach der Schmelzung aͤußerlich erhaͤrtet, in- wendig aber noch fluͤßig waren, durch Abzapfen des inneren noch fluͤßigen Theils und nunmehrigen ruhigen Anſchießen des uͤbrigen inwendig zuruͤckgebliebenen, beobachtet hat. Viele von jenen mineraliſchen Cryſtalli- ſationen, als die Spatdruſen, der Glaskopf, die Eiſen- bluͤthe, geben oft uͤberaus ſchoͤne Geſtalten, wie ſie die Kunſt nur immer ausdenken moͤchte und die Glorie in der Hoͤle von Antiparos iſt blos das Product eines ſich durch Gipslager durchſickernden Waſſers.
Das fluͤßige iſt, allem Anſehen nach, uͤberhaupt aͤlter als das feſte und ſowohl die Pfla[n]zen als thieriſche
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I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
Waſſer, wer weiß durch was fuͤr Vermittelung, aufge-
loͤſeten Erdart erzeugt. Eben ſo bilden ſich die druſigte
Configurationen vieler Minern, des wuͤrflichten Bley-
glanzes, des Rothguͤldenerzes u. d. g. allem Vermuthen
nach auch im Waſſer und durch Anſchießen der Theile,
indem ſie durch irgend eine Urſache genoͤthigt werden
dieſes Vehikel zu verlaſſen und ſich unter einander in be-
ſtimmte aͤußere Geſtalten zu vereinigen.
Aber auch innerlich zeigen alle Materien, welche
blos durch Hitze fluͤßig waren und durch Erkalten Feſtig-
keit angenommen haben, im Bruche eine beſtimmte Tex-
tur und laſſen daraus urtheilen, daß, wenn nicht ihr
eigen Gewicht oder Luftberuͤhrung es gehindert haͤtte,
ſie auch aͤußerlich ihre ſpecifiſch eigenthuͤmliche Geſtalt
wuͤrden gewieſen haben, dergleichen man an einigen Me-
tallen die nach der Schmelzung aͤußerlich erhaͤrtet, in-
wendig aber noch fluͤßig waren, durch Abzapfen des
inneren noch fluͤßigen Theils und nunmehrigen ruhigen
Anſchießen des uͤbrigen inwendig zuruͤckgebliebenen,
beobachtet hat. Viele von jenen mineraliſchen Cryſtalli-
ſationen, als die Spatdruſen, der Glaskopf, die Eiſen-
bluͤthe, geben oft uͤberaus ſchoͤne Geſtalten, wie ſie die
Kunſt nur immer ausdenken moͤchte und die Glorie in der
Hoͤle von Antiparos iſt blos das Product eines ſich durch
Gipslager durchſickernden Waſſers.
Das fluͤßige iſt, allem Anſehen nach, uͤberhaupt
aͤlter als das feſte und ſowohl die Pflanzen als thieriſche
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/311>, abgerufen am 25.11.2024.
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