selben aber genau dieselbe ist. Hiezu aber wird, was man unter einer wahren Flüßigkeit jederzeit versteht, nämlich daß die Materie in ihr völlig aufgelöset, d. i. nicht als ein bloßes Gemenge fester und darinn blos schwebender Theile anzusehen sey, vorausgesetzt.
Die Bildung geschieht alsdenn durch Anschießen, d. i. durch ein plötzliches Festwerden, nicht durch einen allmäligen Uebergang aus dem flüßigen in den festen Zu- stand, sondern gleichsam durch einen Sprung, welcher Uebergang auch das Crystallisiren genannt wird. Das gemeinste Beyspiel von dieser Art Bildung ist das gefrierende Wasser, in welchem sich zuerst gerade Eis- strählchen erzeugen, die in Winkeln von 60 Grad sich zu- sammenfügen, indessen sich andere an jedem Punct der- selben eben so ansetzen, bis alles zu Eis geworden ist, so daß während dieser Zeit, das Wasser zwischen den Eis- strälchen nicht allmälig zäher wird, sondern so vollkom- men flüßig ist als es bey weit größerer Wärme seyn würde und doch die völlige Eiskälte hat. Die sich abson- dernde Materie, die im Augenblicke des Festwerdens plötzlich entwischt, ist ein ansehnliches Quantum von Wärmstoff, dessen Abgang, da es blos zum flüßig seyn erfordert wurde, dieses nunmehrige Eis nicht im minde- sten kälter, als das kurz vorher in ihm flüßige Wasser, zurück läßt.
Viele Salze, imgleichen Steine, die eine erystalli- nische Figur haben, werden eben so von einer im
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
ſelben aber genau dieſelbe iſt. Hiezu aber wird, was man unter einer wahren Fluͤßigkeit jederzeit verſteht, naͤmlich daß die Materie in ihr voͤllig aufgeloͤſet, d. i. nicht als ein bloßes Gemenge feſter und darinn blos ſchwebender Theile anzuſehen ſey, vorausgeſetzt.
Die Bildung geſchieht alsdenn durch Anſchießen, d. i. durch ein ploͤtzliches Feſtwerden, nicht durch einen allmaͤligen Uebergang aus dem fluͤßigen in den feſten Zu- ſtand, ſondern gleichſam durch einen Sprung, welcher Uebergang auch das Cryſtalliſiren genannt wird. Das gemeinſte Beyſpiel von dieſer Art Bildung iſt das gefrierende Waſſer, in welchem ſich zuerſt gerade Eis- ſtraͤhlchen erzeugen, die in Winkeln von 60 Grad ſich zu- ſammenfuͤgen, indeſſen ſich andere an jedem Punct der- ſelben eben ſo anſetzen, bis alles zu Eis geworden iſt, ſo daß waͤhrend dieſer Zeit, das Waſſer zwiſchen den Eis- ſtraͤlchen nicht allmaͤlig zaͤher wird, ſondern ſo vollkom- men fluͤßig iſt als es bey weit groͤßerer Waͤrme ſeyn wuͤrde und doch die voͤllige Eiskaͤlte hat. Die ſich abſon- dernde Materie, die im Augenblicke des Feſtwerdens ploͤtzlich entwiſcht, iſt ein anſehnliches Quantum von Waͤrmſtoff, deſſen Abgang, da es blos zum fluͤßig ſeyn erfordert wurde, dieſes nunmehrige Eis nicht im minde- ſten kaͤlter, als das kurz vorher in ihm fluͤßige Waſſer, zuruͤck laͤßt.
Viele Salze, imgleichen Steine, die eine eryſtalli- niſche Figur haben, werden eben ſo von einer im
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I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
ſelben aber genau dieſelbe iſt. Hiezu aber wird, was
man unter einer wahren Fluͤßigkeit jederzeit verſteht,
naͤmlich daß die Materie in ihr voͤllig aufgeloͤſet, d. i.
nicht als ein bloßes Gemenge feſter und darinn blos
ſchwebender Theile anzuſehen ſey, vorausgeſetzt.
Die Bildung geſchieht alsdenn durch Anſchießen,
d. i. durch ein ploͤtzliches Feſtwerden, nicht durch einen
allmaͤligen Uebergang aus dem fluͤßigen in den feſten Zu-
ſtand, ſondern gleichſam durch einen Sprung, welcher
Uebergang auch das Cryſtalliſiren genannt wird.
Das gemeinſte Beyſpiel von dieſer Art Bildung iſt das
gefrierende Waſſer, in welchem ſich zuerſt gerade Eis-
ſtraͤhlchen erzeugen, die in Winkeln von 60 Grad ſich zu-
ſammenfuͤgen, indeſſen ſich andere an jedem Punct der-
ſelben eben ſo anſetzen, bis alles zu Eis geworden iſt, ſo
daß waͤhrend dieſer Zeit, das Waſſer zwiſchen den Eis-
ſtraͤlchen nicht allmaͤlig zaͤher wird, ſondern ſo vollkom-
men fluͤßig iſt als es bey weit groͤßerer Waͤrme ſeyn
wuͤrde und doch die voͤllige Eiskaͤlte hat. Die ſich abſon-
dernde Materie, die im Augenblicke des Feſtwerdens
ploͤtzlich entwiſcht, iſt ein anſehnliches Quantum von
Waͤrmſtoff, deſſen Abgang, da es blos zum fluͤßig ſeyn
erfordert wurde, dieſes nunmehrige Eis nicht im minde-
ſten kaͤlter, als das kurz vorher in ihm fluͤßige Waſſer,
zuruͤck laͤßt.
Viele Salze, imgleichen Steine, die eine eryſtalli-
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/310>, abgerufen am 25.11.2024.
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