Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Absch. Vom log. Verst. Geb. überhaupr.
Begriffe, die man nur so bey Gelegenheit auffindet, in
keiner Ordnung und systematischen Einheit, sondern werden
zulezt nur nach Aehnlichkeiten gepaart und nach der Grösse
ihres Inhalts, von den einfachen an, zu den mehr zu-
sammengesezten, in Reihen gestellt, die nichts weniger als
systematisch, obgleich auf gewisse Weise methodisch zu
Stande gebracht werden.

Die Transscendental-Philosophie hat den Vortheil,
aber auch die Verbindlichkeit, ihre Begriffe nach einem
Princip aufzusuchen; weil sie aus dem Verstande, als
absoluter Einheit, rein und unvermischt entspringen und
daher selbst nach einem Begriffe oder Idee, unter sich zu-
sammenhängen müssen. Ein solcher Zusammenhang aber
giebt eine Regel an die Hand, nach welcher iedem reinen
Verstandesbegriff seine Stelle und allen insgesamt ihre
Vollständigkeit a priori bestimt werden kan, welches alles
sonst vom Belieben, oder dem Zufall abhängen würde.

Des
Transscendentalen Leitfadens der Entdeckung aller
reinen Verstandesbegriffe
Erster Abschnitt.
Von dem

logischen Verstandesgebrauche überhaupt.

Der Verstand wurde oben blos negativ erklärt: durch
ein nichtsinnliches Erkentnißvermögen. Nun kön-
nen wir, unabhängig von der Sinnlichkeit, keiner Anschau-

ung
E 2

I. Abſch. Vom log. Verſt. Geb. uͤberhaupr.
Begriffe, die man nur ſo bey Gelegenheit auffindet, in
keiner Ordnung und ſyſtematiſchen Einheit, ſondern werden
zulezt nur nach Aehnlichkeiten gepaart und nach der Groͤſſe
ihres Inhalts, von den einfachen an, zu den mehr zu-
ſammengeſezten, in Reihen geſtellt, die nichts weniger als
ſyſtematiſch, obgleich auf gewiſſe Weiſe methodiſch zu
Stande gebracht werden.

Die Transſcendental-Philoſophie hat den Vortheil,
aber auch die Verbindlichkeit, ihre Begriffe nach einem
Princip aufzuſuchen; weil ſie aus dem Verſtande, als
abſoluter Einheit, rein und unvermiſcht entſpringen und
daher ſelbſt nach einem Begriffe oder Idee, unter ſich zu-
ſammenhaͤngen muͤſſen. Ein ſolcher Zuſammenhang aber
giebt eine Regel an die Hand, nach welcher iedem reinen
Verſtandesbegriff ſeine Stelle und allen insgeſamt ihre
Vollſtaͤndigkeit a priori beſtimt werden kan, welches alles
ſonſt vom Belieben, oder dem Zufall abhaͤngen wuͤrde.

Des
Transſcendentalen Leitfadens der Entdeckung aller
reinen Verſtandesbegriffe
Erſter Abſchnitt.
Von dem

logiſchen Verſtandesgebrauche uͤberhaupt.

Der Verſtand wurde oben blos negativ erklaͤrt: durch
ein nichtſinnliches Erkentnißvermoͤgen. Nun koͤn-
nen wir, unabhaͤngig von der Sinnlichkeit, keiner Anſchau-

ung
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0097" n="67"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;ch. Vom log. Ver&#x017F;t. Geb. u&#x0364;berhaupr.</fw><lb/>
Begriffe, die man nur &#x017F;o bey Gelegenheit auffindet, in<lb/>
keiner Ordnung und &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen Einheit, &#x017F;ondern werden<lb/>
zulezt nur nach Aehnlichkeiten gepaart und nach der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
ihres Inhalts, von den einfachen an, zu den mehr zu-<lb/>
&#x017F;ammenge&#x017F;ezten, in Reihen ge&#x017F;tellt, die nichts weniger als<lb/>
&#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;ch, obgleich auf gewi&#x017F;&#x017F;e Wei&#x017F;e methodi&#x017F;ch zu<lb/>
Stande gebracht werden.</p><lb/>
                <p>Die Trans&#x017F;cendental-Philo&#x017F;ophie hat den Vortheil,<lb/>
aber auch die Verbindlichkeit, ihre Begriffe nach einem<lb/>
Princip aufzu&#x017F;uchen; weil &#x017F;ie aus dem Ver&#x017F;tande, als<lb/>
ab&#x017F;oluter Einheit, rein und unvermi&#x017F;cht ent&#x017F;pringen und<lb/>
daher &#x017F;elb&#x017F;t nach einem Begriffe oder Idee, unter &#x017F;ich zu-<lb/>
&#x017F;ammenha&#x0364;ngen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Ein &#x017F;olcher Zu&#x017F;ammenhang aber<lb/>
giebt eine Regel an die Hand, nach welcher iedem reinen<lb/>
Ver&#x017F;tandesbegriff &#x017F;eine Stelle und allen insge&#x017F;amt ihre<lb/>
Voll&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit <hi rendition="#aq">a priori</hi> be&#x017F;timt werden kan, welches alles<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t vom Belieben, oder dem Zufall abha&#x0364;ngen wu&#x0364;rde.</p><lb/>
                <div n="6">
                  <head><hi rendition="#g">Des</hi><lb/><hi rendition="#b">Trans&#x017F;cendentalen Leitfadens der Entdeckung aller</hi><lb/>
reinen Ver&#x017F;tandesbegriffe<lb/><hi rendition="#g"><hi rendition="#b">Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi><lb/>
Von dem</hi><lb/><hi rendition="#b">logi&#x017F;chen Ver&#x017F;tandesgebrauche u&#x0364;berhaupt.</hi></head><lb/>
                  <p><hi rendition="#in">D</hi>er Ver&#x017F;tand wurde oben blos negativ erkla&#x0364;rt: durch<lb/>
ein nicht&#x017F;innliches Erkentnißvermo&#x0364;gen. Nun ko&#x0364;n-<lb/>
nen wir, unabha&#x0364;ngig von der Sinnlichkeit, keiner An&#x017F;chau-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ung</fw><lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0097] I. Abſch. Vom log. Verſt. Geb. uͤberhaupr. Begriffe, die man nur ſo bey Gelegenheit auffindet, in keiner Ordnung und ſyſtematiſchen Einheit, ſondern werden zulezt nur nach Aehnlichkeiten gepaart und nach der Groͤſſe ihres Inhalts, von den einfachen an, zu den mehr zu- ſammengeſezten, in Reihen geſtellt, die nichts weniger als ſyſtematiſch, obgleich auf gewiſſe Weiſe methodiſch zu Stande gebracht werden. Die Transſcendental-Philoſophie hat den Vortheil, aber auch die Verbindlichkeit, ihre Begriffe nach einem Princip aufzuſuchen; weil ſie aus dem Verſtande, als abſoluter Einheit, rein und unvermiſcht entſpringen und daher ſelbſt nach einem Begriffe oder Idee, unter ſich zu- ſammenhaͤngen muͤſſen. Ein ſolcher Zuſammenhang aber giebt eine Regel an die Hand, nach welcher iedem reinen Verſtandesbegriff ſeine Stelle und allen insgeſamt ihre Vollſtaͤndigkeit a priori beſtimt werden kan, welches alles ſonſt vom Belieben, oder dem Zufall abhaͤngen wuͤrde. Des Transſcendentalen Leitfadens der Entdeckung aller reinen Verſtandesbegriffe Erſter Abſchnitt. Von dem logiſchen Verſtandesgebrauche uͤberhaupt. Der Verſtand wurde oben blos negativ erklaͤrt: durch ein nichtſinnliches Erkentnißvermoͤgen. Nun koͤn- nen wir, unabhaͤngig von der Sinnlichkeit, keiner Anſchau- ung E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/97
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/97>, abgerufen am 24.11.2024.