systematische Einheit aus dem Standpuncte der Zwecke vorschreibe.
Wesentliche Zwecke sind darum noch nicht die höch- sten, deren (bey vollkommener systematischer Einheit der Vernunft) nur ein einziger seyn kan. Daher sind sie ent- weder der Endzweck, oder subalterne Zwecke, die zu ienem als Mittel nothwendig gehören. Der erstere ist kein an- derer, als di[e] ganze Bestimmung des Menschen und die Philosophie [üb]er dieselbe heißt Moral. Um dieses Vor- zugs willen, den die Moralphilosophie vor aller anderen Vernunftbewerbung hat, verstand man auch bey den Alten unter dem Nahmen des Philosophen iederzeit zugleich und vorzüglich den Moralist und selbst macht der äussere Schein der Selbstbeherrschung durch Vernunft, daß man iemanden noch iezt, bey seinem eingeschränkten Wissen, nach einer gewissen Analogie, Philosoph nent.
Die Gesezgebung der menschlichen Vernunft (Phi- losophie) h[a]t nun zwey Gegenstände: Natur und Freiheit und enthält also sowol das Naturgesetz, als auch das Sit- tengesetz, anfangs in zwey besondern, zulezt aber in einem einzigen philosophischen System. Die Philosophie der Natur geht auf alles, was da ist, die der Sitten nur auf das, was da seyn soll.
Alle Philosophie aber ist entweder Erkentniß aus rei- ner Vernunft, oder Vernunfterkentniß aus empirischen Principien. Die erstere heißt reine, die zweite empirische Philosophie.
Die
Methodenlehre III. Hauptſt.
ſyſtematiſche Einheit aus dem Standpuncte der Zwecke vorſchreibe.
Weſentliche Zwecke ſind darum noch nicht die hoͤch- ſten, deren (bey vollkommener ſyſtematiſcher Einheit der Vernunft) nur ein einziger ſeyn kan. Daher ſind ſie ent- weder der Endzweck, oder ſubalterne Zwecke, die zu ienem als Mittel nothwendig gehoͤren. Der erſtere iſt kein an- derer, als di[e] ganze Beſtimmung des Menſchen und die Philoſophie [uͤb]er dieſelbe heißt Moral. Um dieſes Vor- zugs willen, den die Moralphiloſophie vor aller anderen Vernunftbewerbung hat, verſtand man auch bey den Alten unter dem Nahmen des Philoſophen iederzeit zugleich und vorzuͤglich den Moraliſt und ſelbſt macht der aͤuſſere Schein der Selbſtbeherrſchung durch Vernunft, daß man iemanden noch iezt, bey ſeinem eingeſchraͤnkten Wiſſen, nach einer gewiſſen Analogie, Philoſoph nent.
Die Geſezgebung der menſchlichen Vernunft (Phi- loſophie) h[a]t nun zwey Gegenſtaͤnde: Natur und Freiheit und enthaͤlt alſo ſowol das Naturgeſetz, als auch das Sit- tengeſetz, anfangs in zwey beſondern, zulezt aber in einem einzigen philoſophiſchen Syſtem. Die Philoſophie der Natur geht auf alles, was da iſt, die der Sitten nur auf das, was da ſeyn ſoll.
Alle Philoſophie aber iſt entweder Erkentniß aus rei- ner Vernunft, oder Vernunfterkentniß aus empiriſchen Principien. Die erſtere heißt reine, die zweite empiriſche Philoſophie.
Die
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Methodenlehre III. Hauptſt.
ſyſtematiſche Einheit aus dem Standpuncte der Zwecke
vorſchreibe.
Weſentliche Zwecke ſind darum noch nicht die hoͤch-
ſten, deren (bey vollkommener ſyſtematiſcher Einheit der
Vernunft) nur ein einziger ſeyn kan. Daher ſind ſie ent-
weder der Endzweck, oder ſubalterne Zwecke, die zu ienem
als Mittel nothwendig gehoͤren. Der erſtere iſt kein an-
derer, als die ganze Beſtimmung des Menſchen und die
Philoſophie uͤber dieſelbe heißt Moral. Um dieſes Vor-
zugs willen, den die Moralphiloſophie vor aller anderen
Vernunftbewerbung hat, verſtand man auch bey den Alten
unter dem Nahmen des Philoſophen iederzeit zugleich und
vorzuͤglich den Moraliſt und ſelbſt macht der aͤuſſere Schein
der Selbſtbeherrſchung durch Vernunft, daß man iemanden
noch iezt, bey ſeinem eingeſchraͤnkten Wiſſen, nach einer
gewiſſen Analogie, Philoſoph nent.
Die Geſezgebung der menſchlichen Vernunft (Phi-
loſophie) hat nun zwey Gegenſtaͤnde: Natur und Freiheit
und enthaͤlt alſo ſowol das Naturgeſetz, als auch das Sit-
tengeſetz, anfangs in zwey beſondern, zulezt aber in einem
einzigen philoſophiſchen Syſtem. Die Philoſophie der
Natur geht auf alles, was da iſt, die der Sitten nur auf
das, was da ſeyn ſoll.
Alle Philoſophie aber iſt entweder Erkentniß aus rei-
ner Vernunft, oder Vernunfterkentniß aus empiriſchen
Principien. Die erſtere heißt reine, die zweite empiriſche
Philoſophie.
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 840. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/870>, abgerufen am 28.11.2024.
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