cip die Naturbetrachtung anzustellen. Es ist aber, unter dieser Vorstellung, der zum Grunde gelegten Idee eines höchsten Urhebers, auch klar: daß ich nicht das Daseyn und die Kentniß eines solchen Wesens, sondern nur die Idee desselben zum Grunde lege und also eigentlich nichts von diesem Wesen, sondern blos von der Idee desselben, d. i. von der Natur der Dinge der Welt, nach einer solchen Idee, ableite. Auch scheint ein gewisses, obzwar unent- wickeltes Bewustseyn, des ächten Gebrauchs dieses unse- ren Vernunftbegriffs, die bescheidene und billige Sprache der Philosophen aller Zeiten veranlaßt zu haben, da sie von der Weisheit und Vorsorge der Natur und der gött- lichen Weisheit, als gleichbedeutenden Ausdrücken, reden, ia den ersteren Ausdruck, so lange es um blos speculative Vernunft zu thun ist, vorziehen, weil er die Anmassung einer grösseren Behauptung, als die ist, wozu wir befugt seyn, zurück hält und zugleich die Vernunft auf ihr eigen- thümliches Feld, die Natur, zurück weiset.
So enthält die reine Vernunft, die uns Anfangs nichts Geringeres, als Erweiterung der Kentnisse über alle Gränzen der Erfahrung, zu versprechen schiene, wenn wir sie recht verstehen, nichts als regulative Principien, die zwar grössere Einheit gebieten, als der empirische Ver- standesgebrauch erreichen kan, aber eben dadurch, daß sie das Ziel der Annäherung desselben so weit hinaus rücken,
die
VII. Abſch. Critik aller ſpeculativen Theologie.
cip die Naturbetrachtung anzuſtellen. Es iſt aber, unter dieſer Vorſtellung, der zum Grunde gelegten Idee eines hoͤchſten Urhebers, auch klar: daß ich nicht das Daſeyn und die Kentniß eines ſolchen Weſens, ſondern nur die Idee deſſelben zum Grunde lege und alſo eigentlich nichts von dieſem Weſen, ſondern blos von der Idee deſſelben, d. i. von der Natur der Dinge der Welt, nach einer ſolchen Idee, ableite. Auch ſcheint ein gewiſſes, obzwar unent- wickeltes Bewuſtſeyn, des aͤchten Gebrauchs dieſes unſe- ren Vernunftbegriffs, die beſcheidene und billige Sprache der Philoſophen aller Zeiten veranlaßt zu haben, da ſie von der Weisheit und Vorſorge der Natur und der goͤtt- lichen Weisheit, als gleichbedeutenden Ausdruͤcken, reden, ia den erſteren Ausdruck, ſo lange es um blos ſpeculative Vernunft zu thun iſt, vorziehen, weil er die Anmaſſung einer groͤſſeren Behauptung, als die iſt, wozu wir befugt ſeyn, zuruͤck haͤlt und zugleich die Vernunft auf ihr eigen- thuͤmliches Feld, die Natur, zuruͤck weiſet.
So enthaͤlt die reine Vernunft, die uns Anfangs nichts Geringeres, als Erweiterung der Kentniſſe uͤber alle Graͤnzen der Erfahrung, zu verſprechen ſchiene, wenn wir ſie recht verſtehen, nichts als regulative Principien, die zwar groͤſſere Einheit gebieten, als der empiriſche Ver- ſtandesgebrauch erreichen kan, aber eben dadurch, daß ſie das Ziel der Annaͤherung deſſelben ſo weit hinaus ruͤcken,
die
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VII. Abſch. Critik aller ſpeculativen Theologie.
cip die Naturbetrachtung anzuſtellen. Es iſt aber, unter
dieſer Vorſtellung, der zum Grunde gelegten Idee eines
hoͤchſten Urhebers, auch klar: daß ich nicht das Daſeyn
und die Kentniß eines ſolchen Weſens, ſondern nur die Idee
deſſelben zum Grunde lege und alſo eigentlich nichts von
dieſem Weſen, ſondern blos von der Idee deſſelben, d. i.
von der Natur der Dinge der Welt, nach einer ſolchen
Idee, ableite. Auch ſcheint ein gewiſſes, obzwar unent-
wickeltes Bewuſtſeyn, des aͤchten Gebrauchs dieſes unſe-
ren Vernunftbegriffs, die beſcheidene und billige Sprache
der Philoſophen aller Zeiten veranlaßt zu haben, da ſie
von der Weisheit und Vorſorge der Natur und der goͤtt-
lichen Weisheit, als gleichbedeutenden Ausdruͤcken, reden,
ia den erſteren Ausdruck, ſo lange es um blos ſpeculative
Vernunft zu thun iſt, vorziehen, weil er die Anmaſſung
einer groͤſſeren Behauptung, als die iſt, wozu wir befugt
ſeyn, zuruͤck haͤlt und zugleich die Vernunft auf ihr eigen-
thuͤmliches Feld, die Natur, zuruͤck weiſet.
So enthaͤlt die reine Vernunft, die uns Anfangs
nichts Geringeres, als Erweiterung der Kentniſſe uͤber alle
Graͤnzen der Erfahrung, zu verſprechen ſchiene, wenn wir
ſie recht verſtehen, nichts als regulative Principien, die
zwar groͤſſere Einheit gebieten, als der empiriſche Ver-
ſtandesgebrauch erreichen kan, aber eben dadurch, daß
ſie das Ziel der Annaͤherung deſſelben ſo weit hinaus ruͤcken,
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/731>, abgerufen am 23.11.2024.
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