VI. Absch. Unmöglichkeit eines physicotheolog. etc.
keit der Form, aber nicht der Materie, d. i. der Substanz in der Welt beweisen; denn zu dem lezteren würde noch erfodert werden, daß bewiesen werden könte: die Dinge der Welt wären an sich selbst zu dergleichen Ordnung und Einstimmung, nach allgemeinen Gesetzen, untauglich, wenn sie nicht, selbst ihrer Substanz nach, das Product einer höchsten Weisheit wären, wozu aber ganz andere Beweisgründe, als die von der Analogie mit menschlicher Kunst, erfodert werden würden. Der Beweis könte also höchstens einen Weltbaumeister, der durch die Tauglichkeit des Stoffs, den er bearbeitet, immer sehr eingeschränkt wäre, aber nicht einen Weltschöpfer, dessen Idee alles unterworfen ist, darthun, welches zu der grossen Absicht, die man vor Augen hat, nemlich ein allgnugsames Urwe- sen zu beweisen, bey weitem nicht hinreichend ist. Woll- ten wir die Zufälligkeit der Materie selbst beweisen, so müßten wir zu einem transscendentalen Argumente unsere Zuflucht nehmen, welches aber hier eben hat vermieden werden sollen.
Der Schluß gehet also von der in der Welt so durch- gängig beobachtenden Ordnung und Zweckmässigkeit, als einer durchaus zufälligen Einrichtung, auf das Daseyn einer ihr proportionirten Ursache. Der Begriff dieser Ur- sache aber muß uns etwas ganz Bestimtes von ihr zu er- kennen geben und er kan also kein anderer seyn, als der von einem Wesen, das alle Macht, Weisheit etc. mit einem Worte, alle Vollkommenheit, als ein allgnugsames We-
sen,
R r 2
VI. Abſch. Unmoͤglichkeit eines phyſicotheolog. ꝛc.
keit der Form, aber nicht der Materie, d. i. der Subſtanz in der Welt beweiſen; denn zu dem lezteren wuͤrde noch erfodert werden, daß bewieſen werden koͤnte: die Dinge der Welt waͤren an ſich ſelbſt zu dergleichen Ordnung und Einſtimmung, nach allgemeinen Geſetzen, untauglich, wenn ſie nicht, ſelbſt ihrer Subſtanz nach, das Product einer hoͤchſten Weisheit waͤren, wozu aber ganz andere Beweisgruͤnde, als die von der Analogie mit menſchlicher Kunſt, erfodert werden wuͤrden. Der Beweis koͤnte alſo hoͤchſtens einen Weltbaumeiſter, der durch die Tauglichkeit des Stoffs, den er bearbeitet, immer ſehr eingeſchraͤnkt waͤre, aber nicht einen Weltſchoͤpfer, deſſen Idee alles unterworfen iſt, darthun, welches zu der groſſen Abſicht, die man vor Augen hat, nemlich ein allgnugſames Urwe- ſen zu beweiſen, bey weitem nicht hinreichend iſt. Woll- ten wir die Zufaͤlligkeit der Materie ſelbſt beweiſen, ſo muͤßten wir zu einem transſcendentalen Argumente unſere Zuflucht nehmen, welches aber hier eben hat vermieden werden ſollen.
Der Schluß gehet alſo von der in der Welt ſo durch- gaͤngig beobachtenden Ordnung und Zweckmaͤſſigkeit, als einer durchaus zufaͤlligen Einrichtung, auf das Daſeyn einer ihr proportionirten Urſache. Der Begriff dieſer Ur- ſache aber muß uns etwas ganz Beſtimtes von ihr zu er- kennen geben und er kan alſo kein anderer ſeyn, als der von einem Weſen, das alle Macht, Weisheit ꝛc. mit einem Worte, alle Vollkommenheit, als ein allgnugſames We-
ſen,
R r 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><p><pbfacs="#f0657"n="627"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">VI.</hi> Abſch. Unmoͤglichkeit eines phyſicotheolog. ꝛc.</fw><lb/>
keit der Form, aber nicht der Materie, d. i. der Subſtanz<lb/>
in der Welt beweiſen; denn zu dem lezteren wuͤrde noch<lb/>
erfodert werden, daß bewieſen werden koͤnte: die Dinge<lb/>
der Welt waͤren an ſich ſelbſt zu dergleichen Ordnung und<lb/>
Einſtimmung, nach allgemeinen Geſetzen, untauglich,<lb/>
wenn ſie nicht, ſelbſt ihrer Subſtanz nach, das Product<lb/>
einer hoͤchſten Weisheit waͤren, wozu aber ganz andere<lb/>
Beweisgruͤnde, als die von der Analogie mit menſchlicher<lb/>
Kunſt, erfodert werden wuͤrden. Der Beweis koͤnte alſo<lb/><choice><sic>hoͤchftens</sic><corr>hoͤchſtens</corr></choice> einen <hirendition="#fr">Weltbaumeiſter,</hi> der durch die Tauglichkeit<lb/>
des Stoffs, den er bearbeitet, immer ſehr eingeſchraͤnkt<lb/>
waͤre, aber nicht einen <hirendition="#fr">Weltſchoͤpfer,</hi> deſſen Idee alles<lb/>
unterworfen iſt, darthun, welches zu der groſſen Abſicht,<lb/>
die man vor Augen hat, nemlich ein allgnugſames Urwe-<lb/>ſen zu beweiſen, bey weitem nicht hinreichend iſt. Woll-<lb/>
ten wir die Zufaͤlligkeit der Materie ſelbſt beweiſen, ſo<lb/>
muͤßten wir zu einem transſcendentalen Argumente unſere<lb/>
Zuflucht nehmen, welches aber hier eben hat vermieden<lb/>
werden ſollen.</p><lb/><p>Der Schluß gehet alſo von der in der Welt ſo durch-<lb/>
gaͤngig beobachtenden Ordnung und Zweckmaͤſſigkeit, als<lb/>
einer durchaus zufaͤlligen Einrichtung, auf das Daſeyn<lb/>
einer <hirendition="#fr">ihr proportionirten</hi> Urſache. Der Begriff dieſer Ur-<lb/>ſache aber muß uns etwas ganz <hirendition="#fr">Beſtimtes</hi> von ihr zu er-<lb/>
kennen geben und er kan alſo kein anderer ſeyn, als der<lb/>
von einem Weſen, das alle Macht, Weisheit ꝛc. mit einem<lb/>
Worte, alle Vollkommenheit, als ein allgnugſames We-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">R r 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſen,</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[627/0657]
VI. Abſch. Unmoͤglichkeit eines phyſicotheolog. ꝛc.
keit der Form, aber nicht der Materie, d. i. der Subſtanz
in der Welt beweiſen; denn zu dem lezteren wuͤrde noch
erfodert werden, daß bewieſen werden koͤnte: die Dinge
der Welt waͤren an ſich ſelbſt zu dergleichen Ordnung und
Einſtimmung, nach allgemeinen Geſetzen, untauglich,
wenn ſie nicht, ſelbſt ihrer Subſtanz nach, das Product
einer hoͤchſten Weisheit waͤren, wozu aber ganz andere
Beweisgruͤnde, als die von der Analogie mit menſchlicher
Kunſt, erfodert werden wuͤrden. Der Beweis koͤnte alſo
hoͤchſtens einen Weltbaumeiſter, der durch die Tauglichkeit
des Stoffs, den er bearbeitet, immer ſehr eingeſchraͤnkt
waͤre, aber nicht einen Weltſchoͤpfer, deſſen Idee alles
unterworfen iſt, darthun, welches zu der groſſen Abſicht,
die man vor Augen hat, nemlich ein allgnugſames Urwe-
ſen zu beweiſen, bey weitem nicht hinreichend iſt. Woll-
ten wir die Zufaͤlligkeit der Materie ſelbſt beweiſen, ſo
muͤßten wir zu einem transſcendentalen Argumente unſere
Zuflucht nehmen, welches aber hier eben hat vermieden
werden ſollen.
Der Schluß gehet alſo von der in der Welt ſo durch-
gaͤngig beobachtenden Ordnung und Zweckmaͤſſigkeit, als
einer durchaus zufaͤlligen Einrichtung, auf das Daſeyn
einer ihr proportionirten Urſache. Der Begriff dieſer Ur-
ſache aber muß uns etwas ganz Beſtimtes von ihr zu er-
kennen geben und er kan alſo kein anderer ſeyn, als der
von einem Weſen, das alle Macht, Weisheit ꝛc. mit einem
Worte, alle Vollkommenheit, als ein allgnugſames We-
ſen,
R r 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/657>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.