aufzuthun, und, was wir vielleicht nur erschleichen, nicht sogleich als wolerworben in unseren Besitz aufzunehmen. Der Nutzen, den diese idealistische Einwürfe hier schaffen, fällt iezt klar in die Augen. Sie treiben uns mit Gewalt dahin, wenn wir uns nicht in unseren gemeinsten Behaup- tungen verwickeln wollen, alle Wahrnehmungen, sie mö- gen nun innere, oder äussere heissen, blos als ein Bewust- seyn dessen, was unserer Sinnlichkeit anhängt und die äussere Gegenstände derselben nicht vor Dinge an sich selbst, sondern nur vor Vorstellungen anzusehen, deren wir uns, wie ieder anderen Vorstellung, unmittelbar bewust werden können, die aber darum äussere heissen, weil sie demieni- gen Sinne anhängen, den wir den äusseren Sinn nennen, dessen Anschauung der Raum ist, der aber doch selbst nichts anders, als eine innere Vorstellungsart ist, in wel- cher sich gewisse Wahrnehmungen mit einander verknüpfen.
Wenn wir äussere Gegenstände vor Dinge an sich gelten las- sen, so ist schlechthin, unmöglich zu begreifen, wie wir zur Er- kentniß ihrer Wirklichkeit ausser uns kommen sollten, in- dem wir uns blos auf die Vorstellung stützen, die in uns ist. Denn man kan doch ausser sich nicht empfinden, son- dern nur in sich selbst, und das ganze Selbstbewustseyn liefert daher nichts, als lediglich unsere eigene Bestim- mungen. Also nöthigt uns der sceptische Idealism, die ein- zige Zuflucht, die uns übrig bleibt, nemlich zu der Ideali- tät aller Erscheinungen zu ergreifen, welche wir in der transscendentalen Aesthetik unabhängig von diesen Folgen,
die
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
aufzuthun, und, was wir vielleicht nur erſchleichen, nicht ſogleich als wolerworben in unſeren Beſitz aufzunehmen. Der Nutzen, den dieſe idealiſtiſche Einwuͤrfe hier ſchaffen, faͤllt iezt klar in die Augen. Sie treiben uns mit Gewalt dahin, wenn wir uns nicht in unſeren gemeinſten Behaup- tungen verwickeln wollen, alle Wahrnehmungen, ſie moͤ- gen nun innere, oder aͤuſſere heiſſen, blos als ein Bewuſt- ſeyn deſſen, was unſerer Sinnlichkeit anhaͤngt und die aͤuſſere Gegenſtaͤnde derſelben nicht vor Dinge an ſich ſelbſt, ſondern nur vor Vorſtellungen anzuſehen, deren wir uns, wie ieder anderen Vorſtellung, unmittelbar bewuſt werden koͤnnen, die aber darum aͤuſſere heiſſen, weil ſie demieni- gen Sinne anhaͤngen, den wir den aͤuſſeren Sinn nennen, deſſen Anſchauung der Raum iſt, der aber doch ſelbſt nichts anders, als eine innere Vorſtellungsart iſt, in wel- cher ſich gewiſſe Wahrnehmungen mit einander verknuͤpfen.
Wenn wir aͤuſſere Gegenſtaͤnde vor Dinge an ſich gelten laſ- ſen, ſo iſt ſchlechthin, unmoͤglich zu begreifen, wie wir zur Er- kentniß ihrer Wirklichkeit auſſer uns kommen ſollten, in- dem wir uns blos auf die Vorſtellung ſtuͤtzen, die in uns iſt. Denn man kan doch auſſer ſich nicht empfinden, ſon- dern nur in ſich ſelbſt, und das ganze Selbſtbewuſtſeyn liefert daher nichts, als lediglich unſere eigene Beſtim- mungen. Alſo noͤthigt uns der ſceptiſche Idealism, die ein- zige Zuflucht, die uns uͤbrig bleibt, nemlich zu der Ideali- taͤt aller Erſcheinungen zu ergreifen, welche wir in der transſcendentalen Aeſthetik unabhaͤngig von dieſen Folgen,
die
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
aufzuthun, und, was wir vielleicht nur erſchleichen, nicht
ſogleich als wolerworben in unſeren Beſitz aufzunehmen.
Der Nutzen, den dieſe idealiſtiſche Einwuͤrfe hier ſchaffen,
faͤllt iezt klar in die Augen. Sie treiben uns mit Gewalt
dahin, wenn wir uns nicht in unſeren gemeinſten Behaup-
tungen verwickeln wollen, alle Wahrnehmungen, ſie moͤ-
gen nun innere, oder aͤuſſere heiſſen, blos als ein Bewuſt-
ſeyn deſſen, was unſerer Sinnlichkeit anhaͤngt und die
aͤuſſere Gegenſtaͤnde derſelben nicht vor Dinge an ſich ſelbſt,
ſondern nur vor Vorſtellungen anzuſehen, deren wir uns,
wie ieder anderen Vorſtellung, unmittelbar bewuſt werden
koͤnnen, die aber darum aͤuſſere heiſſen, weil ſie demieni-
gen Sinne anhaͤngen, den wir den aͤuſſeren Sinn nennen,
deſſen Anſchauung der Raum iſt, der aber doch ſelbſt
nichts anders, als eine innere Vorſtellungsart iſt, in wel-
cher ſich gewiſſe Wahrnehmungen mit einander verknuͤpfen.
Wenn wir aͤuſſere Gegenſtaͤnde vor Dinge an ſich gelten laſ-
ſen, ſo iſt ſchlechthin, unmoͤglich zu begreifen, wie wir zur Er-
kentniß ihrer Wirklichkeit auſſer uns kommen ſollten, in-
dem wir uns blos auf die Vorſtellung ſtuͤtzen, die in uns
iſt. Denn man kan doch auſſer ſich nicht empfinden, ſon-
dern nur in ſich ſelbſt, und das ganze Selbſtbewuſtſeyn
liefert daher nichts, als lediglich unſere eigene Beſtim-
mungen. Alſo noͤthigt uns der ſceptiſche Idealism, die ein-
zige Zuflucht, die uns uͤbrig bleibt, nemlich zu der Ideali-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/408>, abgerufen am 22.11.2024.
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