sind, was in unsern Begriffen, (wiewohl noch auf verworr- ne Art) schon gedacht worden, doch wenigstens der Form nach neuen Einsichten gleich geschätzet werden, wie- wohl sie der Materie oder dem Inhalte nach die Begriffe, die wir haben, nicht erweitern, sondern nur aus einan- der setzen. Da dieses Verfahren nun eine wirkliche Er- kentniß a priori giebt, die einen sichern und nüzlichen Fort- gang hat, so erschleicht die Vernunft, ohne es selbst zu merken, unter dieser Vorspiegelung Behauptungen von ganz anderer Art, wo die Vernunft zu gegebenen Begrif- fen a priori ganz fremde hinzu thut, ohne daß man weiß, wie sie dazu gelange, und ohne sich diese Frage auch nur in die Gedanken kommen zu lassen. Ich will daher gleich anfangs von dem Unterschiede dieser zwiefachen Erkentniß- art handeln.
Von dem Unterschiede analytischer und synthetischer Urtheile.
In allen Urtheilen, worinnen das Verhältniß eines Subjects zum Prädicat gedacht wird, (wenn ich nur die beiahende erwege: denn auf die verneinende ist die An- wendung leicht) ist dieses Verhältniß auf zweierley Art möglich. Entweder das Prädicat B gehöret zum Subiect A als etwas, was in diesem Begriffe A (versteckter Weise) enthalten ist; oder B liegt ganz ausser dem Begriff A, ob es zwar mit demselben in Verknüpfung steht. Im ersten Fall nenne ich das Urtheil analytisch, im andern synthe-
tisch.
Einleitung.
ſind, was in unſern Begriffen, (wiewohl noch auf verworr- ne Art) ſchon gedacht worden, doch wenigſtens der Form nach neuen Einſichten gleich geſchaͤtzet werden, wie- wohl ſie der Materie oder dem Inhalte nach die Begriffe, die wir haben, nicht erweitern, ſondern nur aus einan- der ſetzen. Da dieſes Verfahren nun eine wirkliche Er- kentniß a priori giebt, die einen ſichern und nuͤzlichen Fort- gang hat, ſo erſchleicht die Vernunft, ohne es ſelbſt zu merken, unter dieſer Vorſpiegelung Behauptungen von ganz anderer Art, wo die Vernunft zu gegebenen Begrif- fen a priori ganz fremde hinzu thut, ohne daß man weiß, wie ſie dazu gelange, und ohne ſich dieſe Frage auch nur in die Gedanken kommen zu laſſen. Ich will daher gleich anfangs von dem Unterſchiede dieſer zwiefachen Erkentniß- art handeln.
Von dem Unterſchiede analytiſcher und ſynthetiſcher Urtheile.
In allen Urtheilen, worinnen das Verhaͤltniß eines Subjects zum Praͤdicat gedacht wird, (wenn ich nur die beiahende erwege: denn auf die verneinende iſt die An- wendung leicht) iſt dieſes Verhaͤltniß auf zweierley Art moͤglich. Entweder das Praͤdicat B gehoͤret zum Subiect A als etwas, was in dieſem Begriffe A (verſteckter Weiſe) enthalten iſt; oder B liegt ganz auſſer dem Begriff A, ob es zwar mit demſelben in Verknuͤpfung ſteht. Im erſten Fall nenne ich das Urtheil analytiſch, im andern ſynthe-
tiſch.
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Einleitung.
ſind, was in unſern Begriffen, (wiewohl noch auf verworr-
ne Art) ſchon gedacht worden, doch wenigſtens der
Form nach neuen Einſichten gleich geſchaͤtzet werden, wie-
wohl ſie der Materie oder dem Inhalte nach die Begriffe,
die wir haben, nicht erweitern, ſondern nur aus einan-
der ſetzen. Da dieſes Verfahren nun eine wirkliche Er-
kentniß a priori giebt, die einen ſichern und nuͤzlichen Fort-
gang hat, ſo erſchleicht die Vernunft, ohne es ſelbſt zu
merken, unter dieſer Vorſpiegelung Behauptungen von
ganz anderer Art, wo die Vernunft zu gegebenen Begrif-
fen a priori ganz fremde hinzu thut, ohne daß man weiß,
wie ſie dazu gelange, und ohne ſich dieſe Frage auch nur
in die Gedanken kommen zu laſſen. Ich will daher gleich
anfangs von dem Unterſchiede dieſer zwiefachen Erkentniß-
art handeln.
Von dem Unterſchiede
analytiſcher und ſynthetiſcher Urtheile.
In allen Urtheilen, worinnen das Verhaͤltniß eines
Subjects zum Praͤdicat gedacht wird, (wenn ich nur die
beiahende erwege: denn auf die verneinende iſt die An-
wendung leicht) iſt dieſes Verhaͤltniß auf zweierley Art
moͤglich. Entweder das Praͤdicat B gehoͤret zum Subiect
A als etwas, was in dieſem Begriffe A (verſteckter Weiſe)
enthalten iſt; oder B liegt ganz auſſer dem Begriff A, ob
es zwar mit demſelben in Verknuͤpfung ſteht. Im erſten
Fall nenne ich das Urtheil analytiſch, im andern ſynthe-
tiſch.
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/36>, abgerufen am 22.11.2024.
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