Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang
einem Wesen zu vereinigen, weil sie keinen andern, als den
des Widerspruchs (durch den der Begriff eines Dinges selbst
aufgehoben wird), nicht aber den des wechselseitigen Ab-
bruchs kennen, da ein Realgrund die Wirkung des andern
aufhebt, und dazu wir nur in der Sinnlichkeit die Be-
dingungen antreffen, uns einen solchen vorzustellen.

Drittens: die Leibnitzische Monadologie hat gar kei-
nen andern Grund, als daß dieser Philosoph den Unter-
schied des Inneren und Aeusseren blos im Verhältniß auf
den Verstand vorstellete. Die Substanzen überhaupt müs-
sen etwas Inneres haben, was also von allen äusseren
Verhältnissen, folglich auch der Zusammensetzung frey
ist. Das Einfache ist also die Grundlage des Inneren der
Dinge an sich selbst. Das Innere aber ihres Zustandes
kan auch nicht in Ort, Gestalt, Berührung oder Bewe-
gung, (welche Bestimmungen alle äussere Verhältnisse
sind,) bestehen, und wir können daher den Substanzen
keinen andern innern Zustand, als denienigen, wodurch
wir unsern Sinn selbst innerlich bestimmen, nemlich, den
Zustand der Vorstellungen, beylegen. So wurden denn
die Monaden fertig, welche den Grundstoff des ganzen
Universum ausmachen sollen, deren thätige Kraft aber
nur in Vorstellungen besteht, wodurch sie eigentlich
blos in sich selbst wirksam sind.

Eben darum mußte aber auch sein Principium der mögli-
chen Gemeinschaft der Substanzen unter einander eine vor-

her-

Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang
einem Weſen zu vereinigen, weil ſie keinen andern, als den
des Widerſpruchs (durch den der Begriff eines Dinges ſelbſt
aufgehoben wird), nicht aber den des wechſelſeitigen Ab-
bruchs kennen, da ein Realgrund die Wirkung des andern
aufhebt, und dazu wir nur in der Sinnlichkeit die Be-
dingungen antreffen, uns einen ſolchen vorzuſtellen.

Drittens: die Leibnitziſche Monadologie hat gar kei-
nen andern Grund, als daß dieſer Philoſoph den Unter-
ſchied des Inneren und Aeuſſeren blos im Verhaͤltniß auf
den Verſtand vorſtellete. Die Subſtanzen uͤberhaupt muͤſ-
ſen etwas Inneres haben, was alſo von allen aͤuſſeren
Verhaͤltniſſen, folglich auch der Zuſammenſetzung frey
iſt. Das Einfache iſt alſo die Grundlage des Inneren der
Dinge an ſich ſelbſt. Das Innere aber ihres Zuſtandes
kan auch nicht in Ort, Geſtalt, Beruͤhrung oder Bewe-
gung, (welche Beſtimmungen alle aͤuſſere Verhaͤltniſſe
ſind,) beſtehen, und wir koͤnnen daher den Subſtanzen
keinen andern innern Zuſtand, als denienigen, wodurch
wir unſern Sinn ſelbſt innerlich beſtimmen, nemlich, den
Zuſtand der Vorſtellungen, beylegen. So wurden denn
die Monaden fertig, welche den Grundſtoff des ganzen
Univerſum ausmachen ſollen, deren thaͤtige Kraft aber
nur in Vorſtellungen beſteht, wodurch ſie eigentlich
blos in ſich ſelbſt wirkſam ſind.

Eben darum mußte aber auch ſein Principium der moͤgli-
chen Gemeinſchaft der Subſtanzen unter einander eine vor-

her-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0304" n="274"/><fw place="top" type="header">Elementarl. <hi rendition="#aq">II.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch. Anhang</fw><lb/>
einem We&#x017F;en zu vereinigen, weil &#x017F;ie keinen andern, als den<lb/>
des Wider&#x017F;pruchs (durch den der Begriff eines Dinges &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
aufgehoben wird), nicht aber den des wech&#x017F;el&#x017F;eitigen Ab-<lb/>
bruchs kennen, da ein Realgrund die Wirkung des andern<lb/>
aufhebt, und dazu wir nur in der Sinnlichkeit die Be-<lb/>
dingungen antreffen, uns einen &#x017F;olchen vorzu&#x017F;tellen.</p><lb/>
                <p>Drittens: die Leibnitzi&#x017F;che Monadologie hat gar kei-<lb/>
nen andern Grund, als daß die&#x017F;er Philo&#x017F;oph den Unter-<lb/>
&#x017F;chied des Inneren und Aeu&#x017F;&#x017F;eren blos im Verha&#x0364;ltniß auf<lb/>
den Ver&#x017F;tand vor&#x017F;tellete. Die Sub&#x017F;tanzen u&#x0364;berhaupt mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en etwas Inneres haben, was al&#x017F;o von allen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;eren<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en, folglich auch der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung frey<lb/>
i&#x017F;t. Das Einfache i&#x017F;t al&#x017F;o die Grundlage des Inneren der<lb/>
Dinge an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t. Das Innere aber ihres Zu&#x017F;tandes<lb/>
kan auch nicht in Ort, Ge&#x017F;talt, Beru&#x0364;hrung oder Bewe-<lb/>
gung, (welche Be&#x017F;timmungen alle a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ind,) be&#x017F;tehen, und wir ko&#x0364;nnen daher den Sub&#x017F;tanzen<lb/>
keinen andern innern Zu&#x017F;tand, als denienigen, wodurch<lb/>
wir un&#x017F;ern Sinn &#x017F;elb&#x017F;t innerlich be&#x017F;timmen, nemlich, den<lb/>
Zu&#x017F;tand der Vor&#x017F;tellungen, beylegen. So wurden denn<lb/>
die Monaden fertig, welche den Grund&#x017F;toff des ganzen<lb/>
Univer&#x017F;um ausmachen &#x017F;ollen, deren tha&#x0364;tige Kraft aber<lb/>
nur in Vor&#x017F;tellungen be&#x017F;teht, wodurch &#x017F;ie eigentlich<lb/>
blos in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wirk&#x017F;am &#x017F;ind.</p><lb/>
                <p>Eben darum mußte aber auch &#x017F;ein Principium der mo&#x0364;gli-<lb/>
chen Gemein&#x017F;chaft der Sub&#x017F;tanzen unter einander eine vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">her-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0304] Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang einem Weſen zu vereinigen, weil ſie keinen andern, als den des Widerſpruchs (durch den der Begriff eines Dinges ſelbſt aufgehoben wird), nicht aber den des wechſelſeitigen Ab- bruchs kennen, da ein Realgrund die Wirkung des andern aufhebt, und dazu wir nur in der Sinnlichkeit die Be- dingungen antreffen, uns einen ſolchen vorzuſtellen. Drittens: die Leibnitziſche Monadologie hat gar kei- nen andern Grund, als daß dieſer Philoſoph den Unter- ſchied des Inneren und Aeuſſeren blos im Verhaͤltniß auf den Verſtand vorſtellete. Die Subſtanzen uͤberhaupt muͤſ- ſen etwas Inneres haben, was alſo von allen aͤuſſeren Verhaͤltniſſen, folglich auch der Zuſammenſetzung frey iſt. Das Einfache iſt alſo die Grundlage des Inneren der Dinge an ſich ſelbſt. Das Innere aber ihres Zuſtandes kan auch nicht in Ort, Geſtalt, Beruͤhrung oder Bewe- gung, (welche Beſtimmungen alle aͤuſſere Verhaͤltniſſe ſind,) beſtehen, und wir koͤnnen daher den Subſtanzen keinen andern innern Zuſtand, als denienigen, wodurch wir unſern Sinn ſelbſt innerlich beſtimmen, nemlich, den Zuſtand der Vorſtellungen, beylegen. So wurden denn die Monaden fertig, welche den Grundſtoff des ganzen Univerſum ausmachen ſollen, deren thaͤtige Kraft aber nur in Vorſtellungen beſteht, wodurch ſie eigentlich blos in ſich ſelbſt wirkſam ſind. Eben darum mußte aber auch ſein Principium der moͤgli- chen Gemeinſchaft der Subſtanzen unter einander eine vor- her-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/304
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/304>, abgerufen am 10.05.2024.