Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
chen Fuß würde dieser Begriff blos empirisch seyn, und die Regel, die er verschaft, daß alles, was geschieht, eine Ursache habe, würde eben so zufällig seyn, als die Erfah- rung selbst: seine Allgemeinheit und Nothwendigkeit wä- ren alsdenn nur angedichtet, und hätten keine wahre all- gemeine Gültigkeit, weil sie nicht a priori, sondern nur auf Induction gegründet wären. Es gehet aber hiemit so, wie mit andern reinen Vorstellungen a priori, (z. B. Raum und Zeit) die wir darum allein aus der Erfahrung als klare Begriffe herausziehen können, weil wir sie in die Erfahrung gelegt hatten, und diese daher durch iene aller- erst zu Stande brachten. Freilich ist die logische Klarheit dieser Vorstellung einer, die Reihe der Begebenheiten, be- stimmenden Regel, als eines Begriffs von Ursache, nur alsdenn möglich, wenn wir davon in der Erfahrung Ge- brauch gemacht haben, aber eine Rücksicht auf dieselbe, als Bedingung der synthetischen Einheit der Erscheinungen in der Zeit, war doch der Grund der Erfahrung selbst, und ging also a priori vor ihr vorher.
Es komt also darauf an, im Beyspiele zu zeigen, daß wir niemals selbst in der Erfahrung die Folge (einer Be- gebenheit, da etwas geschieht, was vorher nicht war) dem Obiect beylegen, und sie von der subiectiven unserer Ap- prehension unterscheiden, als wenn eine Regel zum Grunde liegt, die uns nöthig, diese Ordnung der Wahrnehmungen vielmehr, als eine andere zu beobachten, ia daß diese Nö-
thi-
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
chen Fuß wuͤrde dieſer Begriff blos empiriſch ſeyn, und die Regel, die er verſchaft, daß alles, was geſchieht, eine Urſache habe, wuͤrde eben ſo zufaͤllig ſeyn, als die Erfah- rung ſelbſt: ſeine Allgemeinheit und Nothwendigkeit waͤ- ren alsdenn nur angedichtet, und haͤtten keine wahre all- gemeine Guͤltigkeit, weil ſie nicht a priori, ſondern nur auf Induction gegruͤndet waͤren. Es gehet aber hiemit ſo, wie mit andern reinen Vorſtellungen a priori, (z. B. Raum und Zeit) die wir darum allein aus der Erfahrung als klare Begriffe herausziehen koͤnnen, weil wir ſie in die Erfahrung gelegt hatten, und dieſe daher durch iene aller- erſt zu Stande brachten. Freilich iſt die logiſche Klarheit dieſer Vorſtellung einer, die Reihe der Begebenheiten, be- ſtimmenden Regel, als eines Begriffs von Urſache, nur alsdenn moͤglich, wenn wir davon in der Erfahrung Ge- brauch gemacht haben, aber eine Ruͤckſicht auf dieſelbe, als Bedingung der ſynthetiſchen Einheit der Erſcheinungen in der Zeit, war doch der Grund der Erfahrung ſelbſt, und ging alſo a priori vor ihr vorher.
Es komt alſo darauf an, im Beyſpiele zu zeigen, daß wir niemals ſelbſt in der Erfahrung die Folge (einer Be- gebenheit, da etwas geſchieht, was vorher nicht war) dem Obiect beylegen, und ſie von der ſubiectiven unſerer Ap- prehenſion unterſcheiden, als wenn eine Regel zum Grunde liegt, die uns noͤthig, dieſe Ordnung der Wahrnehmungen vielmehr, als eine andere zu beobachten, ia daß dieſe Noͤ-
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Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
chen Fuß wuͤrde dieſer Begriff blos empiriſch ſeyn, und
die Regel, die er verſchaft, daß alles, was geſchieht, eine
Urſache habe, wuͤrde eben ſo zufaͤllig ſeyn, als die Erfah-
rung ſelbſt: ſeine Allgemeinheit und Nothwendigkeit waͤ-
ren alsdenn nur angedichtet, und haͤtten keine wahre all-
gemeine Guͤltigkeit, weil ſie nicht a priori, ſondern nur
auf Induction gegruͤndet waͤren. Es gehet aber hiemit
ſo, wie mit andern reinen Vorſtellungen a priori, (z. B.
Raum und Zeit) die wir darum allein aus der Erfahrung
als klare Begriffe herausziehen koͤnnen, weil wir ſie in die
Erfahrung gelegt hatten, und dieſe daher durch iene aller-
erſt zu Stande brachten. Freilich iſt die logiſche Klarheit
dieſer Vorſtellung einer, die Reihe der Begebenheiten, be-
ſtimmenden Regel, als eines Begriffs von Urſache, nur
alsdenn moͤglich, wenn wir davon in der Erfahrung Ge-
brauch gemacht haben, aber eine Ruͤckſicht auf dieſelbe, als
Bedingung der ſynthetiſchen Einheit der Erſcheinungen in
der Zeit, war doch der Grund der Erfahrung ſelbſt, und
ging alſo a priori vor ihr vorher.
Es komt alſo darauf an, im Beyſpiele zu zeigen, daß
wir niemals ſelbſt in der Erfahrung die Folge (einer Be-
gebenheit, da etwas geſchieht, was vorher nicht war) dem
Obiect beylegen, und ſie von der ſubiectiven unſerer Ap-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/226>, abgerufen am 25.11.2024.
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