folgen, sondern nur: daß eine Apprehension auf die an- dre folgt, welches blos etwas Subiectives ist, und kein Obiect bestimt, mithin gar nicht vor Erkentniß irgend eines Gegenstandes (selbst nicht in der Erscheinung) gelten kan.
Wenn wir also erfahren, daß etwas geschiehet, so setzen wir dabey iederzeit voraus, daß irgend etwas vor- ausgehe, worauf es nach einer Regel folgt. Denn ohne dieses würde ich nicht von dem Obiect sagen: daß es folge, weil die blosse Folge in meiner Apprehension, wenn sie nicht durch eine Regel in Beziehung auf ein vorhergehen- des bestimt ist, keine Folge im Obiecte berechtiget. Also geschieht es immer in Rücksicht auf eine Regel, nach wel- cher die Erscheinungen in ihrer Folge, d. i. so wie sie gesche- hen, durch den vorigen Zustand bestimt sind, daß ich meine subiective Synthesis (der Apprehension) obiectiv mache, und, nur lediglich unter dieser Voraussetzung allein, ist selbst die Erfahrung von etwas, was geschieht, möglich.
Zwar scheint es, als widerspreche dieses allen Be- merkungen, die man iederzeit über den Gang unseres Ver- standesgebrauchs gemacht hat, nach welchen wir nur aller- erst durch die wahrgenommenen und verglichenen überein- stimmenden Folgen vieler Begebenheiten auf vorhergehende Erscheinungen, eine Regel zu entdecken, geleitet worden, der gemäß gewisse Begebenheiten auf gewisse Erscheinun- gen iederzeit folgen, und dadurch zuerst veranlaßt wor- den, uns den Begriff von Ursache zu machen. Auf sol-
chen
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III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
folgen, ſondern nur: daß eine Apprehenſion auf die an- dre folgt, welches blos etwas Subiectives iſt, und kein Obiect beſtimt, mithin gar nicht vor Erkentniß irgend eines Gegenſtandes (ſelbſt nicht in der Erſcheinung) gelten kan.
Wenn wir alſo erfahren, daß etwas geſchiehet, ſo ſetzen wir dabey iederzeit voraus, daß irgend etwas vor- ausgehe, worauf es nach einer Regel folgt. Denn ohne dieſes wuͤrde ich nicht von dem Obiect ſagen: daß es folge, weil die bloſſe Folge in meiner Apprehenſion, wenn ſie nicht durch eine Regel in Beziehung auf ein vorhergehen- des beſtimt iſt, keine Folge im Obiecte berechtiget. Alſo geſchieht es immer in Ruͤckſicht auf eine Regel, nach wel- cher die Erſcheinungen in ihrer Folge, d. i. ſo wie ſie geſche- hen, durch den vorigen Zuſtand beſtimt ſind, daß ich meine ſubiective Syntheſis (der Apprehenſion) obiectiv mache, und, nur lediglich unter dieſer Vorausſetzung allein, iſt ſelbſt die Erfahrung von etwas, was geſchieht, moͤglich.
Zwar ſcheint es, als widerſpreche dieſes allen Be- merkungen, die man iederzeit uͤber den Gang unſeres Ver- ſtandesgebrauchs gemacht hat, nach welchen wir nur aller- erſt durch die wahrgenommenen und verglichenen uͤberein- ſtimmenden Folgen vieler Begebenheiten auf vorhergehende Erſcheinungen, eine Regel zu entdecken, geleitet worden, der gemaͤß gewiſſe Begebenheiten auf gewiſſe Erſcheinun- gen iederzeit folgen, und dadurch zuerſt veranlaßt wor- den, uns den Begriff von Urſache zu machen. Auf ſol-
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III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
folgen, ſondern nur: daß eine Apprehenſion auf die an-
dre folgt, welches blos etwas Subiectives iſt, und kein
Obiect beſtimt, mithin gar nicht vor Erkentniß irgend eines
Gegenſtandes (ſelbſt nicht in der Erſcheinung) gelten kan.
Wenn wir alſo erfahren, daß etwas geſchiehet, ſo
ſetzen wir dabey iederzeit voraus, daß irgend etwas vor-
ausgehe, worauf es nach einer Regel folgt. Denn ohne
dieſes wuͤrde ich nicht von dem Obiect ſagen: daß es folge,
weil die bloſſe Folge in meiner Apprehenſion, wenn ſie
nicht durch eine Regel in Beziehung auf ein vorhergehen-
des beſtimt iſt, keine Folge im Obiecte berechtiget. Alſo
geſchieht es immer in Ruͤckſicht auf eine Regel, nach wel-
cher die Erſcheinungen in ihrer Folge, d. i. ſo wie ſie geſche-
hen, durch den vorigen Zuſtand beſtimt ſind, daß ich meine
ſubiective Syntheſis (der Apprehenſion) obiectiv mache,
und, nur lediglich unter dieſer Vorausſetzung allein, iſt
ſelbſt die Erfahrung von etwas, was geſchieht, moͤglich.
Zwar ſcheint es, als widerſpreche dieſes allen Be-
merkungen, die man iederzeit uͤber den Gang unſeres Ver-
ſtandesgebrauchs gemacht hat, nach welchen wir nur aller-
erſt durch die wahrgenommenen und verglichenen uͤberein-
ſtimmenden Folgen vieler Begebenheiten auf vorhergehende
Erſcheinungen, eine Regel zu entdecken, geleitet worden,
der gemaͤß gewiſſe Begebenheiten auf gewiſſe Erſcheinun-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/225>, abgerufen am 25.11.2024.
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