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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Von dem Schematismus d. r. Verst. Begr.
Grunde. Dem Begriffe von einem Triangel überhaupt
würde gar kein Bild desselben iemals adäquat seyn. Denn
es würde die Allgemeinheit des Begriffs nicht erreichen,
welche macht, daß dieser vor alle, recht- oder schiefwink-
lichte etc. gilt, sondern immer nur auf einen Theil dieser
Sphäre eingeschränkt seyn. Das Schema des Triangels
kan niemals anderswo als in Gedanken existiren, und be-
deutet eine Regel der Synthesis der Einbildungskraft, in
Ansehung reiner Gestalten im Raume. Noch vielweniger
erreicht ein Gegenstand der Erfahrung oder Bild desselben
iemals den empirischen Begriff, sondern dieser bezieht
sich iederzeit unmittelbar auf das Schema der Einbildungs-
kraft, als eine Regel der Bestimmung unserer Anschauung,
gemäß einem gewissen allgemeinen Begriffe. Der Begriff
vom Hunde bedeutet eine Regel, nach welcher meine Ein-
bildungskraft die Gestalt eines vierfüssigen Thieres allge-
mein verzeichnen kan, ohne auf irgend eine einzige beson-
dere Gestalt, die mir die Erfahrung darbietet, oder auch
ein iedes mögliche Bild, was ich in concreto darstellen kan,
eingeschränkt zu seyn. Dieser Schematismus unseres Ver-
standes, in Ansehung der Erscheinungen und ihrer blossen
Form, ist eine verborgene Kunst in den Tiefen der mensch-
lichen Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur schwer-
lich iemals abrathen, und sie unverdeckt vor Augen legen
werden. So viel können wir nur sagen: das Bild ist ein
Product des empirischen Vermögens der productiven Ein-
bildungskraft, das Schema sinnlicher Begriffe (als der

Figu-

Von dem Schematismus d. r. Verſt. Begr.
Grunde. Dem Begriffe von einem Triangel uͤberhaupt
wuͤrde gar kein Bild deſſelben iemals adaͤquat ſeyn. Denn
es wuͤrde die Allgemeinheit des Begriffs nicht erreichen,
welche macht, daß dieſer vor alle, recht- oder ſchiefwink-
lichte ꝛc. gilt, ſondern immer nur auf einen Theil dieſer
Sphaͤre eingeſchraͤnkt ſeyn. Das Schema des Triangels
kan niemals anderswo als in Gedanken exiſtiren, und be-
deutet eine Regel der Syntheſis der Einbildungskraft, in
Anſehung reiner Geſtalten im Raume. Noch vielweniger
erreicht ein Gegenſtand der Erfahrung oder Bild deſſelben
iemals den empiriſchen Begriff, ſondern dieſer bezieht
ſich iederzeit unmittelbar auf das Schema der Einbildungs-
kraft, als eine Regel der Beſtimmung unſerer Anſchauung,
gemaͤß einem gewiſſen allgemeinen Begriffe. Der Begriff
vom Hunde bedeutet eine Regel, nach welcher meine Ein-
bildungskraft die Geſtalt eines vierfuͤſſigen Thieres allge-
mein verzeichnen kan, ohne auf irgend eine einzige beſon-
dere Geſtalt, die mir die Erfahrung darbietet, oder auch
ein iedes moͤgliche Bild, was ich in concreto darſtellen kan,
eingeſchraͤnkt zu ſeyn. Dieſer Schematismus unſeres Ver-
ſtandes, in Anſehung der Erſcheinungen und ihrer bloſſen
Form, iſt eine verborgene Kunſt in den Tiefen der menſch-
lichen Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur ſchwer-
lich iemals abrathen, und ſie unverdeckt vor Augen legen
werden. So viel koͤnnen wir nur ſagen: das Bild iſt ein
Product des empiriſchen Vermoͤgens der productiven Ein-
bildungskraft, das Schema ſinnlicher Begriffe (als der

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[141/0171] Von dem Schematismus d. r. Verſt. Begr. Grunde. Dem Begriffe von einem Triangel uͤberhaupt wuͤrde gar kein Bild deſſelben iemals adaͤquat ſeyn. Denn es wuͤrde die Allgemeinheit des Begriffs nicht erreichen, welche macht, daß dieſer vor alle, recht- oder ſchiefwink- lichte ꝛc. gilt, ſondern immer nur auf einen Theil dieſer Sphaͤre eingeſchraͤnkt ſeyn. Das Schema des Triangels kan niemals anderswo als in Gedanken exiſtiren, und be- deutet eine Regel der Syntheſis der Einbildungskraft, in Anſehung reiner Geſtalten im Raume. Noch vielweniger erreicht ein Gegenſtand der Erfahrung oder Bild deſſelben iemals den empiriſchen Begriff, ſondern dieſer bezieht ſich iederzeit unmittelbar auf das Schema der Einbildungs- kraft, als eine Regel der Beſtimmung unſerer Anſchauung, gemaͤß einem gewiſſen allgemeinen Begriffe. Der Begriff vom Hunde bedeutet eine Regel, nach welcher meine Ein- bildungskraft die Geſtalt eines vierfuͤſſigen Thieres allge- mein verzeichnen kan, ohne auf irgend eine einzige beſon- dere Geſtalt, die mir die Erfahrung darbietet, oder auch ein iedes moͤgliche Bild, was ich in concreto darſtellen kan, eingeſchraͤnkt zu ſeyn. Dieſer Schematismus unſeres Ver- ſtandes, in Anſehung der Erſcheinungen und ihrer bloſſen Form, iſt eine verborgene Kunſt in den Tiefen der menſch- lichen Seele, deren wahre Handgriffe wir der Natur ſchwer- lich iemals abrathen, und ſie unverdeckt vor Augen legen werden. So viel koͤnnen wir nur ſagen: das Bild iſt ein Product des empiriſchen Vermoͤgens der productiven Ein- bildungskraft, das Schema ſinnlicher Begriffe (als der Figu-

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/171>, abgerufen am 24.11.2024.