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Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.

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durch lasterfreye Thätigkeit, desselben Achtung erwerben, und so dem hohen Preise einer glücklichen Ehe entgegenstreben.

Ein zweyter Unterschied, den der Jüngling um die Zeit, da er in die Gesellschaft eintritt, zu machen anfängt, besteht in der Kenntniß von dem Unterschiede der Stände und der Ungleichheit der Menschen. Als Kind muß man ihm diese gar nicht merken lassen. Man muß es ihm selbst nicht einmal zugeben, dem Gesinde zu befehlen. Sieht es, daß die Eltern dem Gesinde befehlen: so kann man ihm allenfalls sagen: wir geben ihnen Brod, und dafür gehorchen sie uns, du thust das nicht, und also dürfen sie dir auch nicht gehorchen. Kinder wissen davon auch Nichts, wenn Eltern ihnen nur nicht selbst diesen Wahn beybringen. Dem Jünglinge muß man zeigen, daß die Ungleichheit der Menschen eine Einrichtung sey, welche entstanden ist, da ein Mensch Vortheile vor dem andern zu erhalten gesucht hat. Das Bewußtseyn der Gleichheit der Menschen, bey der bürgerlichen Ungleichheit kann ihm nach und nach beygebracht werden.

Man muß bey dem Jünglinge darauf sehen, daß er sich absolut und nicht nach Andern schätze. Die Hochschätzung Anderer in dem, was den Werth des Menschen gar nicht ausmacht, ist Eitelkeit. Ferner muß man ihn auch auf Gewissenhaftigkeit in allen Dingen hinweisen, und er auch darin nicht blos scheine, sondern alles zu seyn sich bestrebe. Man muß ihn darauf aufmerksam machen, daß er in keinem Stücke, wo er einen Vorsatz wohl überlegt hat, ihn zum leeren Vorsatze werden lasse. Lieber muß man keinen Vorsatz fassen, und die Sache im Zweifel lassen;

durch lasterfreye Thätigkeit, desselben Achtung erwerben, und so dem hohen Preise einer glücklichen Ehe entgegenstreben.

Ein zweyter Unterschied, den der Jüngling um die Zeit, da er in die Gesellschaft eintritt, zu machen anfängt, besteht in der Kenntniß von dem Unterschiede der Stände und der Ungleichheit der Menschen. Als Kind muß man ihm diese gar nicht merken lassen. Man muß es ihm selbst nicht einmal zugeben, dem Gesinde zu befehlen. Sieht es, daß die Eltern dem Gesinde befehlen: so kann man ihm allenfalls sagen: wir geben ihnen Brod, und dafür gehorchen sie uns, du thust das nicht, und also dürfen sie dir auch nicht gehorchen. Kinder wissen davon auch Nichts, wenn Eltern ihnen nur nicht selbst diesen Wahn beybringen. Dem Jünglinge muß man zeigen, daß die Ungleichheit der Menschen eine Einrichtung sey, welche entstanden ist, da ein Mensch Vortheile vor dem andern zu erhalten gesucht hat. Das Bewußtseyn der Gleichheit der Menschen, bey der bürgerlichen Ungleichheit kann ihm nach und nach beygebracht werden.

Man muß bey dem Jünglinge darauf sehen, daß er sich absolut und nicht nach Andern schätze. Die Hochschätzung Anderer in dem, was den Werth des Menschen gar nicht ausmacht, ist Eitelkeit. Ferner muß man ihn auch auf Gewissenhaftigkeit in allen Dingen hinweisen, und er auch darin nicht blos scheine, sondern alles zu seyn sich bestrebe. Man muß ihn darauf aufmerksam machen, daß er in keinem Stücke, wo er einen Vorsatz wohl überlegt hat, ihn zum leeren Vorsatze werden lasse. Lieber muß man keinen Vorsatz fassen, und die Sache im Zweifel lassen;

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[100/0100] durch lasterfreye Thätigkeit, desselben Achtung erwerben, und so dem hohen Preise einer glücklichen Ehe entgegenstreben. Ein zweyter Unterschied, den der Jüngling um die Zeit, da er in die Gesellschaft eintritt, zu machen anfängt, besteht in der Kenntniß von dem Unterschiede der Stände und der Ungleichheit der Menschen. Als Kind muß man ihm diese gar nicht merken lassen. Man muß es ihm selbst nicht einmal zugeben, dem Gesinde zu befehlen. Sieht es, daß die Eltern dem Gesinde befehlen: so kann man ihm allenfalls sagen: wir geben ihnen Brod, und dafür gehorchen sie uns, du thust das nicht, und also dürfen sie dir auch nicht gehorchen. Kinder wissen davon auch Nichts, wenn Eltern ihnen nur nicht selbst diesen Wahn beybringen. Dem Jünglinge muß man zeigen, daß die Ungleichheit der Menschen eine Einrichtung sey, welche entstanden ist, da ein Mensch Vortheile vor dem andern zu erhalten gesucht hat. Das Bewußtseyn der Gleichheit der Menschen, bey der bürgerlichen Ungleichheit kann ihm nach und nach beygebracht werden. Man muß bey dem Jünglinge darauf sehen, daß er sich absolut und nicht nach Andern schätze. Die Hochschätzung Anderer in dem, was den Werth des Menschen gar nicht ausmacht, ist Eitelkeit. Ferner muß man ihn auch auf Gewissenhaftigkeit in allen Dingen hinweisen, und er auch darin nicht blos scheine, sondern alles zu seyn sich bestrebe. Man muß ihn darauf aufmerksam machen, daß er in keinem Stücke, wo er einen Vorsatz wohl überlegt hat, ihn zum leeren Vorsatze werden lasse. Lieber muß man keinen Vorsatz fassen, und die Sache im Zweifel lassen;

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_paedagogik_1803/100>, abgerufen am 26.11.2024.