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Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

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und Theorie des Himmels.
che, welche überhaupt die allgemeine Bewegungs-
qvelle der Natur ist, nemlich die Anziehung zu er-
kennen; so wird diese Erklärungsart durch das na-
türliche Vorrecht seines Grundbegriffes, und durch
eine ungezwungene Folge aus demselben, ihre Recht-
mäßigkeit bewähren.

Allein, wenn die Bildung eines Körpers selber
die Achsendrehung hervorbringt, so müssen sie bil-
lig alle Kugeln des Weltbaues haben; aber warum
hat sie der Mond nicht? welcher, wiewol fälsch-
lich, diejenige Art einer Umwendung, dadurch er
der Erde immer dieselbe Seite zuwendet, einigen
vielmehr von einer Art einer Ueberwucht der einen
Halbkugel, als von einem wirklichen Schwunge
der Revolution, herzuhaben scheinet. Solte der-
selbe sich wohl ehedem schneller um seine Achse ge-
welzet haben, und durch, ich weis nicht was vor
Ursachen, die diese Bewegung nach und nach ver-
minderten, bis zu diesem geringen und abgemessenen
Ueberrest gebracht worden seyn? Man darf diese
Frage nur in Ansehung eines von den Planeten auf-
lösen, so ergiebt sich daraus die Anwendung auf al-
le von selber. Jch verspare diese Auflösung zu ei-
ner andern Gelegenheit, weil sie eine nothwendige
Verbindung mit derjenigen Aufgabe hat, die die
königliche Akademie der Wissenschaften zu Berlin,
auf das 1754ste Jahr, zum Preise aufgestellet hatte.

Die Theorie, welche den Ursprung der Achsen-
drehungen erklären soll, muß auch die Stellung ih-
rer Achsen, gegen den Plan ihrer Kreise, aus eben

den-
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und Theorie des Himmels.
che, welche uͤberhaupt die allgemeine Bewegungs-
qvelle der Natur iſt, nemlich die Anziehung zu er-
kennen; ſo wird dieſe Erklaͤrungsart durch das na-
tuͤrliche Vorrecht ſeines Grundbegriffes, und durch
eine ungezwungene Folge aus demſelben, ihre Recht-
maͤßigkeit bewaͤhren.

Allein, wenn die Bildung eines Koͤrpers ſelber
die Achſendrehung hervorbringt, ſo muͤſſen ſie bil-
lig alle Kugeln des Weltbaues haben; aber warum
hat ſie der Mond nicht? welcher, wiewol faͤlſch-
lich, diejenige Art einer Umwendung, dadurch er
der Erde immer dieſelbe Seite zuwendet, einigen
vielmehr von einer Art einer Ueberwucht der einen
Halbkugel, als von einem wirklichen Schwunge
der Revolution, herzuhaben ſcheinet. Solte der-
ſelbe ſich wohl ehedem ſchneller um ſeine Achſe ge-
welzet haben, und durch, ich weis nicht was vor
Urſachen, die dieſe Bewegung nach und nach ver-
minderten, bis zu dieſem geringen und abgemeſſenen
Ueberreſt gebracht worden ſeyn? Man darf dieſe
Frage nur in Anſehung eines von den Planeten auf-
loͤſen, ſo ergiebt ſich daraus die Anwendung auf al-
le von ſelber. Jch verſpare dieſe Aufloͤſung zu ei-
ner andern Gelegenheit, weil ſie eine nothwendige
Verbindung mit derjenigen Aufgabe hat, die die
koͤnigliche Akademie der Wiſſenſchaften zu Berlin,
auf das 1754ſte Jahr, zum Preiſe aufgeſtellet hatte.

Die Theorie, welche den Urſprung der Achſen-
drehungen erklaͤren ſoll, muß auch die Stellung ih-
rer Achſen, gegen den Plan ihrer Kreiſe, aus eben

den-
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[67/0135] und Theorie des Himmels. che, welche uͤberhaupt die allgemeine Bewegungs- qvelle der Natur iſt, nemlich die Anziehung zu er- kennen; ſo wird dieſe Erklaͤrungsart durch das na- tuͤrliche Vorrecht ſeines Grundbegriffes, und durch eine ungezwungene Folge aus demſelben, ihre Recht- maͤßigkeit bewaͤhren. Allein, wenn die Bildung eines Koͤrpers ſelber die Achſendrehung hervorbringt, ſo muͤſſen ſie bil- lig alle Kugeln des Weltbaues haben; aber warum hat ſie der Mond nicht? welcher, wiewol faͤlſch- lich, diejenige Art einer Umwendung, dadurch er der Erde immer dieſelbe Seite zuwendet, einigen vielmehr von einer Art einer Ueberwucht der einen Halbkugel, als von einem wirklichen Schwunge der Revolution, herzuhaben ſcheinet. Solte der- ſelbe ſich wohl ehedem ſchneller um ſeine Achſe ge- welzet haben, und durch, ich weis nicht was vor Urſachen, die dieſe Bewegung nach und nach ver- minderten, bis zu dieſem geringen und abgemeſſenen Ueberreſt gebracht worden ſeyn? Man darf dieſe Frage nur in Anſehung eines von den Planeten auf- loͤſen, ſo ergiebt ſich daraus die Anwendung auf al- le von ſelber. Jch verſpare dieſe Aufloͤſung zu ei- ner andern Gelegenheit, weil ſie eine nothwendige Verbindung mit derjenigen Aufgabe hat, die die koͤnigliche Akademie der Wiſſenſchaften zu Berlin, auf das 1754ſte Jahr, zum Preiſe aufgeſtellet hatte. Die Theorie, welche den Urſprung der Achſen- drehungen erklaͤren ſoll, muß auch die Stellung ih- rer Achſen, gegen den Plan ihrer Kreiſe, aus eben den- E 2

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/135>, abgerufen am 22.11.2024.