Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

Bild:
<< vorherige Seite

er, alles andere vernachlässigend: "Er empfängt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafür noch fremde Hilfe nötig wäre, müßte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken." "Wie schlimm er heute ist, nicht?" fragte Leni den Kaufmann. "Jetzt bin ich der Abwesende," dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann böse, als dieser die Unhöflichkeit Lenis übernehmend sagte: "Der Advokat empfängt ihn auch noch aus andern Gründen. Sein Fall ist nämlich interessanter als der meine. Außerdem aber ist sein Prozeß in den Anfängen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschäftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Später wird das anders werden." "Ja, ja," sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, "wie er schwatzt! Ihm darfst du nämlich," hierbei wandte sie sich an K., "gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwätzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden. Jedenfalls empfängt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mühe gegeben, das zu ändern, aber es ist unmöglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfängt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block

er, alles andere vernachlässigend: „Er empfängt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafür noch fremde Hilfe nötig wäre, müßte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken.“ „Wie schlimm er heute ist, nicht?“ fragte Leni den Kaufmann. „Jetzt bin ich der Abwesende,“ dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann böse, als dieser die Unhöflichkeit Lenis übernehmend sagte: „Der Advokat empfängt ihn auch noch aus andern Gründen. Sein Fall ist nämlich interessanter als der meine. Außerdem aber ist sein Prozeß in den Anfängen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschäftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Später wird das anders werden.“ „Ja, ja,“ sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, „wie er schwatzt! Ihm darfst du nämlich,“ hierbei wandte sie sich an K., „gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwätzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden. Jedenfalls empfängt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mühe gegeben, das zu ändern, aber es ist unmöglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfängt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0319" n="317"/>
er, alles andere vernachlässigend: &#x201E;Er empfängt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafür noch fremde Hilfe nötig wäre, müßte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken.&#x201C; &#x201E;Wie schlimm er heute ist, nicht?&#x201C; fragte Leni den Kaufmann. &#x201E;Jetzt bin ich der Abwesende,&#x201C; dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann böse, als dieser die Unhöflichkeit Lenis übernehmend sagte: &#x201E;Der Advokat empfängt ihn auch noch aus andern Gründen. Sein Fall ist nämlich interessanter als der meine. Außerdem aber ist sein Prozeß in den Anfängen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschäftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Später wird das anders werden.&#x201C; &#x201E;Ja, ja,&#x201C; sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, &#x201E;wie er schwatzt! Ihm darfst du nämlich,&#x201C; hierbei wandte sie sich an K., &#x201E;gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwätzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden. Jedenfalls empfängt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mühe gegeben, das zu ändern, aber es ist unmöglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfängt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0319] er, alles andere vernachlässigend: „Er empfängt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafür noch fremde Hilfe nötig wäre, müßte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken.“ „Wie schlimm er heute ist, nicht?“ fragte Leni den Kaufmann. „Jetzt bin ich der Abwesende,“ dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann böse, als dieser die Unhöflichkeit Lenis übernehmend sagte: „Der Advokat empfängt ihn auch noch aus andern Gründen. Sein Fall ist nämlich interessanter als der meine. Außerdem aber ist sein Prozeß in den Anfängen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschäftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Später wird das anders werden.“ „Ja, ja,“ sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, „wie er schwatzt! Ihm darfst du nämlich,“ hierbei wandte sie sich an K., „gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwätzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden. Jedenfalls empfängt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mühe gegeben, das zu ändern, aber es ist unmöglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfängt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-28T19:24:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-28T19:24:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (2012-11-28T19:24:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Trennungen am Zeilen- und am Seitenende werden aufgelöst, der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/319
Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/319>, abgerufen am 03.05.2024.