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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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er, alles andere vernachlässigend: "Er empfängt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafür noch fremde Hilfe nötig wäre, müßte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken." "Wie schlimm er heute ist, nicht?" fragte Leni den Kaufmann. "Jetzt bin ich der Abwesende," dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann böse, als dieser die Unhöflichkeit Lenis übernehmend sagte: "Der Advokat empfängt ihn auch noch aus andern Gründen. Sein Fall ist nämlich interessanter als der meine. Außerdem aber ist sein Prozeß in den Anfängen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschäftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Später wird das anders werden." "Ja, ja," sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, "wie er schwatzt! Ihm darfst du nämlich," hierbei wandte sie sich an K., "gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwätzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden. Jedenfalls empfängt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mühe gegeben, das zu ändern, aber es ist unmöglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfängt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block

er, alles andere vernachlässigend: „Er empfängt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafür noch fremde Hilfe nötig wäre, müßte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken.“ „Wie schlimm er heute ist, nicht?“ fragte Leni den Kaufmann. „Jetzt bin ich der Abwesende,“ dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann böse, als dieser die Unhöflichkeit Lenis übernehmend sagte: „Der Advokat empfängt ihn auch noch aus andern Gründen. Sein Fall ist nämlich interessanter als der meine. Außerdem aber ist sein Prozeß in den Anfängen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschäftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Später wird das anders werden.“ „Ja, ja,“ sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, „wie er schwatzt! Ihm darfst du nämlich,“ hierbei wandte sie sich an K., „gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwätzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden. Jedenfalls empfängt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mühe gegeben, das zu ändern, aber es ist unmöglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfängt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block

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[317/0319] er, alles andere vernachlässigend: „Er empfängt mich, weil ich sein Klient bin. Wenn auch dafür noch fremde Hilfe nötig wäre, müßte man bei jedem Schritt immer gleichzeitig betteln und danken.“ „Wie schlimm er heute ist, nicht?“ fragte Leni den Kaufmann. „Jetzt bin ich der Abwesende,“ dachte K. und wurde fast sogar auf den Kaufmann böse, als dieser die Unhöflichkeit Lenis übernehmend sagte: „Der Advokat empfängt ihn auch noch aus andern Gründen. Sein Fall ist nämlich interessanter als der meine. Außerdem aber ist sein Prozeß in den Anfängen, also wahrscheinlich noch nicht sehr verfahren, da beschäftigt sich der Advokat noch gern mit ihm. Später wird das anders werden.“ „Ja, ja,“ sagte Leni und sah den Kaufmann lachend an, „wie er schwatzt! Ihm darfst du nämlich,“ hierbei wandte sie sich an K., „gar nichts glauben. So lieb er ist, so geschwätzig ist er. Vielleicht mag ihn der Advokat auch deshalb nicht leiden. Jedenfalls empfängt er ihn nur, wenn er in Laune ist. Ich habe mir schon viel Mühe gegeben, das zu ändern, aber es ist unmöglich. Denke nur, manchmal melde ich Block an, er empfängt ihn aber erst am dritten Tag nachher. Ist Block

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/319>, abgerufen am 24.11.2024.