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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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jetzt Block, mit Block kannst du auch später reden, er bleibt doch hier." K. zögerte noch. "Sie bleiben hier?" fragte er den Kaufmann, er wollte seine eigene Antwort, er wollte nicht, daß Leni vom Kaufmann wie von einem Abwesenden sprach, er war heute gegen Leni voll geheimen Ärgers. Und wieder antwortete nur Leni: "Er schläft hier öfters." "Schläft hier?" rief K., er hatte gedacht, der Kaufmann werde hier nur auf ihn warten, während er die Unterredung mit dem Advokaten rasch erledigen würde, dann aber würden sie gemeinsam fortgehn und alles gründlich und ungestört besprechen. "Ja," sagte Leni, "nicht jeder wird wie du, Josef, zu beliebiger Stunde beim Advokaten vorgelassen. Du scheinst dich ja gar nicht darüber zu wundern, daß dich der Advokat trotz seiner Krankheit noch um 11 Uhr nachts empfängt. Du nimmst das, was deine Freunde für dich tun, doch als gar zu selbstverständlich an. Nun, deine Freunde oder zumindest ich, tun es gerne. Ich will keinen andern Dank und brauche auch keinen andern, als daß du mich lieb hast." "Dich liebhaben?" dachte K. im ersten Augenblick, erst dann ging es ihm durch den Kopf: "Nun ja, ich habe sie lieb." Trotzdem sagte

jetzt Block, mit Block kannst du auch später reden, er bleibt doch hier.“ K. zögerte noch. „Sie bleiben hier?“ fragte er den Kaufmann, er wollte seine eigene Antwort, er wollte nicht, daß Leni vom Kaufmann wie von einem Abwesenden sprach, er war heute gegen Leni voll geheimen Ärgers. Und wieder antwortete nur Leni: „Er schläft hier öfters.“ „Schläft hier?“ rief K., er hatte gedacht, der Kaufmann werde hier nur auf ihn warten, während er die Unterredung mit dem Advokaten rasch erledigen würde, dann aber würden sie gemeinsam fortgehn und alles gründlich und ungestört besprechen. „Ja,“ sagte Leni, „nicht jeder wird wie du, Josef, zu beliebiger Stunde beim Advokaten vorgelassen. Du scheinst dich ja gar nicht darüber zu wundern, daß dich der Advokat trotz seiner Krankheit noch um 11 Uhr nachts empfängt. Du nimmst das, was deine Freunde für dich tun, doch als gar zu selbstverständlich an. Nun, deine Freunde oder zumindest ich, tun es gerne. Ich will keinen andern Dank und brauche auch keinen andern, als daß du mich lieb hast.“ „Dich liebhaben?“ dachte K. im ersten Augenblick, erst dann ging es ihm durch den Kopf: „Nun ja, ich habe sie lieb.“ Trotzdem sagte

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[316/0318] jetzt Block, mit Block kannst du auch später reden, er bleibt doch hier.“ K. zögerte noch. „Sie bleiben hier?“ fragte er den Kaufmann, er wollte seine eigene Antwort, er wollte nicht, daß Leni vom Kaufmann wie von einem Abwesenden sprach, er war heute gegen Leni voll geheimen Ärgers. Und wieder antwortete nur Leni: „Er schläft hier öfters.“ „Schläft hier?“ rief K., er hatte gedacht, der Kaufmann werde hier nur auf ihn warten, während er die Unterredung mit dem Advokaten rasch erledigen würde, dann aber würden sie gemeinsam fortgehn und alles gründlich und ungestört besprechen. „Ja,“ sagte Leni, „nicht jeder wird wie du, Josef, zu beliebiger Stunde beim Advokaten vorgelassen. Du scheinst dich ja gar nicht darüber zu wundern, daß dich der Advokat trotz seiner Krankheit noch um 11 Uhr nachts empfängt. Du nimmst das, was deine Freunde für dich tun, doch als gar zu selbstverständlich an. Nun, deine Freunde oder zumindest ich, tun es gerne. Ich will keinen andern Dank und brauche auch keinen andern, als daß du mich lieb hast.“ „Dich liebhaben?“ dachte K. im ersten Augenblick, erst dann ging es ihm durch den Kopf: „Nun ja, ich habe sie lieb.“ Trotzdem sagte

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/318>, abgerufen am 24.11.2024.